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Gespür für Carl Philip Emanuel Bach: Constanze von Gutzeit. Foto:Grand Prix Emanuel Feuermann / Dan Hanne
Gespür für Carl Philip Emanuel Bach: Constanze von Gutzeit. Foto:Grand Prix Emanuel Feuermann / Dan Hanne
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Wie man einen Cellisten ehrt: Zum dritten Mal fand in Berlin der Grand Prix Emanuel Feuermann statt

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„Er war ein außergewöhnlicher Künstler und vermutlich ein noch außergewöhnlicherer Cellist. Er war technisch so fantastisch, so perfekt, was für die damalige Zeit nicht selbstverständlich war. Es ist tragisch, dass er nicht länger lebte, mit Sicherheit hätte er noch Größeres geleistet. Der Wettbewerb hier ist eine schöne Art, an ihn zu erinnern, an seinen Beitrag zum Cellospiel und letztlich zur Musik.“ Philipp Higham kommt aus Schottland, er ist 25 Jahre alt, beim dritten Grand Prix Emanuel Feuermann in Berlin wurde er zweiter Preisträger.

Und wie Philipp Higham stimmen eigentlich alle Cellisten einen staunenden Lobgesang an, wenn es um den großen Cellisten Emanuel Feuermann geht. Vor allem Feuermanns scheinbar so müheloses, leichtes, lockeres Spiel fasziniert bis heute die Cellisten-Welt. Er starb mit nur 39 Jahren unglücklicherweise bei einer Routine-Operation. Feuermann war neben seiner Karriere als Künstler bis zu seiner Emigration 1933 mehrere Jahre Professor an der Hochschule für Musik Berlin, der heutigen UdK Berlin. Ein Grund, warum der Grand Prix Emanuel Feuermann in Berlin ausgerichtet wird.

Organisatoren sind die Kronberg Academy und die Domenico-Gabrielli-Stiftung der Universität der Künste in Berlin. Zum ersten Mal fand der Grand Prix 2002 aus Anlass des 100. Geburtstages von Feuermann statt. Die erste Runde des Wettbewerbs ist nicht öffentlich, die Runden zwei und drei werden im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie ausgetragen. Die Abschlusskonzerte finden in der UdK und im Konzerthaus am Gendarmenmarkt statt. Die Preisgelder betragen im Ganzen über 40.000 Euro, der Sieger erhält 15.000 Euro. Sonderpreise gab es u. a. für die beste Interpretation eines Cellokonzertes von Carl Philipp Emanuel Bach oder die Interpretation einer eigens für des Wettbewerb in Auftrag gegeben Komposition von dem Schweizerischen Komponisten und Cellisten Thomas Demenga.

Thomas Demenga war auch Mitglied der neunköpfigen, international besetzten Jury, in der etwa auch der Schwede Frans Helmerson, der Spanier Lluis Claret, der Japaner Tsuyoshi Tsutsumi oder der in Deutschland lebenden litauische Cellist David Geringas waren. Man war sich einig: zum Grand Prix Emanuel Feuermann in Berlin waren nur die „Besten der ‚Sehr Guten’“ gekommen. Und dennoch war nach Runde zwei mit einem einstündigen Kammermusik-Recital und der Final-Runde mit zwei Cello-Konzerten von Schumann und Carl Philipp Emanuel Bach klar, dass der 27jährige Russe Alexander Buzlow mit Abstand die reifste und auch technisch überzeugendste Leistung darbot. Buzlov war Schüler von Natalia Gutman, und er unterrichtet bereits am berühmten Moskauer Konservatorium. So ein Wettbewerb sei, sagte Alexander Buzlov im Gespräch, wie ein „Check up“ aller Fähigkeiten – der technischen, musikalischen, psychologischen - , die man für eine Solisten-Laufbahn brauche. Buzlov erhielt auch den Publikumspreis.

Das Repertoire, das beim Grand Prix Emanuel Feuermann verlangt wird, orientiert sich zum einen an dem Repertoire, das Emanuel Feuermann spielte, zum anderen werden Werke ausgewählt, die dem Bewerber eine stilistische Vielfalt abverlangen. Für die erste nicht öffentliche Runde mussten etwa eine der Bach-Cello-Solo-Suiten vorbereitet werden oder „Virtuosenstückchen“ von David Popper, in der zweiten Runde war eine Beethoven-Sonate Pflicht und die Auftragskomposition von Thomas Demenga, beim Finale mussten das Schumann-Cellokonzert und ein Konzert von Carl Philipp Emanuel Bach gespielt werden. Den Sonderpreis für die beste Interpretation eines Konzertes von Carl Philipp Emanuel Bach erhielt die 25-jährige deutsche Cellistin Constanze von Gutzeit aus Bochum, die im Ganzen auf Platz drei des Wettbewerbs kam. Bachs wenig bekannte und selten gespielte, frühklassische Konzerte sollen durch den Wettbewerb auch mehr ins Bewusstsein gerückt werden. Sie sind weniger virtuos als etwa die später entstandenen Haydn-Konzerte, eher scheinen sie sperrig, und es ist nicht leicht, sie zum klingen zu bringen.

Wie unterschiedliche die zwölf Teilnehmer in Berlin mit dem zeitgenössischen Pflichtstück „EFEU“ von Thomas Demenga umgingen, war ungeheuer beeindruckend zu erleben. EFEU bezieht sich natürlich auf den Namen Emanuel Feuermann, die Initialen E und F werden auch als Töne mit einbezogen. Demenga verlangt als Kenner des Instruments die Beherrschung aller möglichen Finessen auf dem Cello, und er erfand interessante Klänge. So wird die Assoziation eines Glockentones erzeugt, indem die Seiten auch mit einer Büroklammer berührt werden. An anderer Stelle muss der Cellist auch den Bach-Choral „Alle Menschen müssen sterben“ anstimmen. So kann man EFEU gleichermaßen als Hommage und als eine Art „Requiem“ auf Feuermann verstehen. Der Sonderpreis für die beste Interpretation des Werkes wurde zwischen dem Briten Philipp Higham und dem Deutschen Benedict Kloeckner aufgeteilt. Kloeckner suchte nach feinen Abstufungen in einer im Ganzen eher verhaltenen Klanglichkeit, während Higham mit wundervoll warmen Ton und musikalischer Intensität überzeugte.

Mit dem Gewinn des Grand Prix Emanuel Feuermann ist nicht nur das Preisgeld verbunden. Die Kronberg Academy, die den Wettbewerb ausrichtet und durchführt begleitet die jungen Solisten und bietet in der Folge auch zum Beispiel Auftrittsmöglichkeiten und Beratung ohne kommerzielles Management. So hat der Grand Prix Emanuel Feuermann auch ein pädagogisches Anliegen. In diesem Zusammenhang verdient ein weiterer Aspekt des Wettbewerbs Aufmerksamkeit. Erstmals gab es auch eine Jugend-Jury, die aus neun jungen Cellisten bestand, Schülern, die jedoch bereits auf professionellem Niveau Cello studieren. Die angehenden jugendlichen Künstler sollen ein Verständnis für Wettbewerbsabläufe bekommen, für die Arbeit und auch für die Verantwortung, die ein Jury-Mitglied trägt. Die Jugendjury kürte – anders als die Hauptjury - Benedict Kloeckner zum Sieger des Grand Prix Emanuel Feuermann.

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