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Bohuslav Martinů: Mirandolina. Premiere des Opernstudios am 30. April 2014 im Cuvilliés-Theater. Foto: Wilfried Hösl
Bohuslav Martinů: Mirandolina. Premiere des Opernstudios am 30. April 2014 im Cuvilliés-Theater. Foto: Wilfried Hösl
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Zuviel Show-Exotik – Bohuslav Martinůs komische Oper „Mirandolina“ im Münchner Cuvilliéstheater

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Sänger und Stimmen „von Morgen“ – das reizt an der jährlichen Opernproduktion des „Opernstudios“ der Bayerischen Staatsoper. Wenn es dann noch eine Rarität wie die Goldoni-Vertonung von „Mirandolina“ durch Bohuslav Martinů zu erleben gibt, ist das ein zusätzlicher Reiz.

Die Aufführung im intimen Raum des Cuvilliéstheaters blieb dann doch recht „erdverhaftet“. Zwar wurde die Kammerorchesterfassung für 17 Instrumentalisten gewählt, doch der blutjunge Dirigent Alexander Prior verwechselte Begeisterung und Beflügeln mit dröhnender Lautstärke – sogar an der Rampe im Fortissimo singende Solisten deckte er zu. Die zwischen Rossini-Keckheiten, kurzem Opernschwelgen und kantigen Umbrüchen wechselnde Partitur, die alle „atonale Neutönerei“ der 1950er Jahre vermeidet, toste nur. Regisseur Christian Stückl hatte als regelmäßiger Indien- und Asien-Urlauber die Idee, die ganze Handlung um die reizende und von allen Männern begehrte Wirtin Mirandolina aus einer italienischen Schenke in ein exotisches Hotel in Fernost zu verlegen: dort, unter Palmen, am Pool, mit raffinierten Drinks und faszinierend gewürzten Gerichten wird ja auch vielfach nach erotischen Abenteuern gesucht. Über eine gute Viertelstunde führte Stückl seine jungen Solisten auch noch differenziert: männliche Rivalität zwischen einem reichen farbigen Marchese, einem verarmten weißen Conte und einem eitel „unabhängigen“ Cavaliere, dazwischen ein sich teils darüber amüsierender, teils auch nach seinem kleinen Glück suchender Hoteldiener; im Mittelpunkt steht die kess selbstbewusste Hotelchefin Mirandolina; zwei anreisende Flittchen lenken dann ein Teil des virilen Begehrens ersatzweise auf sich. Das vielfache Herumgetändel einschließlich Mirandolinas genüsslichem Spiel mit dem ihr doch auch verfallenden Cavaliere – das wurde zunehmend derber, klamaukiger und damit banaler.

Vor allem der Wandel des hilfreichen, letztlich auch heimlich liebenden Dieners zu Mirandolinas schließlich Erwählten gelang Stückl nicht. Ein inmitten exotisch raffinierter Roben plötzlich wie das Klischee eines Bankangestellten gekleideter zweiter Diener war eine Regie-Unverständlichkeit.

So blieb nur die Freude an Stefan Hageneiers Palmen-umstandener Pool-Landschaft: von den Werkstätten so perfekt perspektivisch gemalt und dann so differenziert ausgeleuchtet, dass die geringe Bühnentiefe „weit“ wirkte und von Sonnenleuchten zu Abendrot und Liebesglutrot wechselte. Darin mit Mária Celeng eine kapriziöse Mirandolina, mit Julia Sokolik ein berechnendes Ortensia-Luder, mit Joshua Stewart ein geldig-protziger Conte und in Rafal Pawnuk ein unglücklicher Marchese – alle vier mit Model-Figuren und sehr guten Stimmen. Mit Freddy-Mercury-Äußerem spreizte sich Andrea Borghini als Cavaliere in typisch italienischer Papagallo-Manier: bereits ein wenig zu sehr seiner Wirkung und seiner kernigen Baritontöne bewusst. Inmitten dieser hochgewachsenen Kollegen wirkte Matthew Grills als am Ende von Mirandolina Erwählter noch kleiner als von Natur aus – doch in seinem blitzsauber geführten Tenor ließ sich eine „Rossini-Tenor-Karriere“ erhören. Ihnen allen und dem zweiten Ferien-Luder von Rachael Wilson wäre eine feinere Regie und ein differenzierteres Dirigat zu wünschen gewesen. Martinůs Werk bietet dazu alles.

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