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Das verdächtige Saxophon

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Neufassung der Ausstellung „Entartete Musik“ in Düsseldorf
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1988 – genau 50 Jahre nach ihrem „Original“ im III. Reich – rekonstruierte der Musikwissenschaftler Albrecht Dümling die Ausstellung der Nationalsozialisten „Entartete Musik“ auf Initiative des damaligen Intendanten der Düsseldorfer Sinfoniker, Peter Girth. Hans Severus Ziegler, 1938 Staatsrat in Thüringen und Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, hatte sie ein Jahr nach der in München gezeigten Ausstellung „Entartete Kunst“ in Düsseldorf anlässlich der Düsseldorfer Reichsmusiktage initiiert.

Es ging ihm darum, „Zersetzung“ und „Rassenmischung“ in der Musik zu diagnostizieren und einem künstlerischen Pluralismus Einhalt zu gebieten. Für das Cover der Broschüre mit der Eröffnungsrede Zieglers verwendeten die Nazis den schwarzen Musiker Jonny aus Kreneks populärer Oper „Jonny spielt auf“; sie verwandelten dabei seine Nelke in einen Judenstern. Schon in Düsseldorf zog die im Jahr 1988 rekonstruierte Ausstellung ein großes Publikum an. Anschließend bereiste sie Stationen in der ganzen Welt, zum Beispiel die Wiener Festwochen, die Juni-Festwochen Zürich, das Concertgebouw Orchester Amsterdam, das Germanische Nationalmuseum Nürnberg. Eine englischsprachige Version wurde 1991 in Los Angeles präsentiert, später in New York, Boston, London und Barcelona. Letzte Station der Ausstellung war in diesem Jahr die Stadt Sevilla.

Nun, 20 Jahre später, gibt es eine Neufassung der Ausstellung. Neue Forschungsergebnisse sowie neue Möglichkeiten der multimedialen Darstellung veranlassten Albrecht Dümling, die Exponate zu überarbeiten, zu ergänzen und durch audiovisuelle Medien zu erweitern. Dazu kommt eine stärkere Akzentuierung der Operette und des zur Zeit der Nationalsozialisten als „Niggermusik“ verschrienen Jazz. Beide standen in der 88er-Ausstellung eher im Hintergrund. Daraus erklärt sich der Titel der Neufassung: „Das verdächtige Saxophon“. Auch neue Erkenntnisse über Hintergründe der „Original-Schau“ und über Konflikte zwischen Hans Severus Ziegler und dem Präsidenten der Reichsmusikkammer, Peter Raabe, die die Ausstellung begleiteten, waren Anlass für die neue Fassung. Gezeigt wird die Ausstellung ab dem 3. November im Hauptfoyer der Berliner Philharmonie, jeweils nachmittags und abends. Ermöglicht wird sie durch eine Kooperation der Stiftung Berliner Philharmoniker mit den Düsseldorfer Sinfonikern. Begleitet wird die Ausstellung durch thematische Ergänzungsveranstaltungen. Unter anderem wird „Weintraubs Jazz Odyssee“, ab dem 29. November im Programm der Neuköllner Oper, auch in die Philharmonie eingeladen. Dabei geht es um die Spurensuche nach einer in den Berliner 20er-Jahren bekannten und beliebten Jazz- und Swingband, den „Weintraub Syncopators“, die heute kaum noch bekannt sind.

Ab Januar 2008 ist die Neufassung der Ausstellung „Entartete Musik“ dann erneut in der Düsseldorfer Tonhalle zu sehen.

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