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Rechtschreiberat spricht Empfehlungen aus

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Das «du» soll wieder groß werden - Rat beschließt Vorschläge zur Korrektur der Rechtschreibreform bei Groß- und Kleinschreibung


Mannheim (ddp). Die umstrittene Rechtschreibreform dürfte nun auch im Bereich der Groß- und Kleinschreibung um ein gutes Stück zurückgedreht werden. Der Rat für deutsche Rechtschreibung beschloss am Freitag entsprechende Empfehlungen für eine Korrektur der Reform «in begrenztem Umfang», wie Ratsvorsitzender Hans Zehetmair in Mannheim sagte.

Demnach sollten feststehende Begriffe künftig zwingend wieder groß geschrieben werden, also zum Beispiel «Große Koalition», «Gelbe Karte», «Zweiter Weltkrieg», «Schwarzer Kontinent» oder «Hohes Haus» für Parlament. Beim «Schwarzen Brett» solle nur dann eine Kleinschreibung möglich sein, wenn es sich nicht um die Anschlagtafel, sondern tatsächlich um ein schwarzfarbenes Brett handele, sagte der frühere bayerische Kultusminister nach der achten Sitzung des Gremiums.

Als zweiten Punkt nannte Zehetmair, dass das - laut Reform - klein geschriebene «du» in Briefen auch wieder groß geschrieben werden könne. Hier sei aber nach den Empfehlungen des Rates auch weiterhin die Kleinschreibung möglich. Drittens sei einstimmig beschlossen worden, dass künftig zusammengesetzte Begriffe wie «Pleite gehen» oder «Bankrott machen» klein und zusammen geschrieben werden sollten, wenn dies - wie hier - dem Sprachgebrauch entspreche. «Wir machen die Nachkorrektur nicht, um die Fehlerquellen zu erhöhen, sondern damit die Sprache für den Einzelnen wieder vertrauter wird», sagte Zehetmair.

Die Empfehlungen des Rates - der auch schon Verbesserungsvorschläge zur Silbentrennung und Kommasetzung gemacht hatte - werden nun der Kultusministerkonferenz (KMK) vorgelegt. Die KMK muss auf ihrer Sitzung am 2./3. März entscheiden, ob die Vorschläge zum neuen Schuljahr ab 1. August 2006 umgesetzt werden. Zehetmair sagte, er gehe davon aus, dass die KMK den Empfehlungen des Rats folgen werde. «Das Thema muss vom Tisch», betonte der ehemalige Kultusminister.

Die Beschlüsse aus Mannheim sind deswegen brisant, weil die Neuregelungen zur Groß- und Kleinschreibung am 1. August 2005 als unstrittige Teile der Reform in Kraft getreten waren. Nur die Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen hatten eine verbindliche Einführung der neuen Rechtschreibung an Schulen und Behörden vom 1. August 2005 an abgelehnt.

Eine Sprecherin der Düsseldorfer Staatskanzlei sagte auf ddp-Anfrage, das Landeskabinett werde sich vor der Sitzung der Kultusministerkonferenz (KMK) Anfang März mit der Frage beschäftigen.

Bayern hatte bereits entschieden, die Rechtschreibreform mit den jüngsten Änderung einzuführen. Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) sagte der Tageszeitung «Die Welt» (Freitagausgabe), er werde den Vorschlägen des Rechtschreibrates folgen und sich der Reform anschließen. «Der Rat für deutsche Rechtschreibung ist mit hochqualifizierten Experten besetzt», sagte Schneider. Und fügte hinzu: «Die Kultusministerkonferenz ist gut beraten, den Vorschlägen zuzustimmen.»

Zehetmair unterstrich, der Rat habe seine Hausaufgaben gemacht. Der Zeitdruck sei «enorm» gewesen. «Jetzt fahren wir das Tempo runter», betonte er. Man wolle nun «in Gelassenheit und Unaufgeregtheit die Sprache beobachten». Die nächste Sitzung des Experten-Gremiums sei im September in Wien geplant.

Dem Rechtschreibrat gehören Vertreter verschiedener Institutionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an. Darunter sind die Duden-Redaktion, die Gesellschaft für deutsche Sprache, Zeitungsverleger und Journalistenverbände sowie Schulbuchverlage. Das Gremium war nach heftiger Kritik an der neuen Rechtschreibung von der KMK ins Leben gerufen worden.

Norbert Demuth


Forschungsgruppe hält Rechtschreibkorrekturen für unzureichend
Darmstadt (ddp). Die Forschungsgruppe Deutsche Sprache lehnt die vom Rat für deutsche Rechtschreibung erarbeiteten Änderungen der Rechtschreibreform bei der Groß- und Kleinschreibung ab. Die vom Rat vorgenommene Überarbeitung der amtlichen Orthographie sei unzureichend, erklärte die Gruppe am Samstag in Berlin. Das von Hans Zehetmair geführte Gremium habe sich lediglich bemüht, in «unsystematischer Weise einige besonders eklatante Mängel der Rechtschreibreform zu beheben». Nicht einmal das sei aber gelungen, beklagten die Sprachwächter.
Deshalb betrachtet die Forschungsgruppe die Vorschläge des Rechtschreibrats «allenfalls als ein Zwischenergebnis auf dem Wege zur Wiederherstellung einer vernünftigen Rechtschreibung».
Dem Beirat der Forschungsgruppe Deutsche Sprache gehören unter anderem die Schriftsteller Walter Kempowski, Sten Nadolny, Herbert Rosendorfer und Adolf Muschg an.