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Selber Programm machen, selber eingreifen

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Barbara Haas über die neuesten Projekte der Arbeitsgemeinschaft „Schüler machen Radio“
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„Wir haben die Medienexperten von heute gefragt, was sie von unseren Programmen halten.“ Mit diesem Slogan treten neuerdings ARD und ZDF in den Printmedien auf, porträtieren auf einer DIN-A2-Seite jene Medienexperten – nämlich die 12- bis 14jährigen Jungen und Mädchen – und lassen diese unter anderem mit folgenden Kommentaren zu Wort kommen: „Die Zukunft wird digital, total digital. Wir werden nicht nur Empfänger von Programmen sein, wir werden auch selbst senden und in die Programme eingreifen können.“ Die Rundfunk- und Fernsehanstalten verwerten in ihrer aktuellen Werbekampagne eine unumstößliche Tatsache, nämlich jene, daß heute die heranwachsenden Jugendlichen in ihrer Freizeit sich selbstverständlich mit den Medien Fernsehen, Rundfunk, Computer vertraut machen bzw. beschäftigen. Diese Tatsache konnte ich jahrelang in meinem Musikunterricht beobachten: daß der Schüler, der meistens den Lehrstoff desinteressiert bzw. unmotiviert über sich ergehen läßt, jedoch vehemente Interessen und Bedürfnisse dahingehend entwickelt, mir seine Musik-Medien-Welt zu verdeutlichen bzw. zu erklären und mich um meine Meinung zu befragen. Ich sah mich daraufhin veranlaßt, in Form einer Arbeitsgemeinschaft das Medienexperiment „Schüler machen Radio“ im Schuljahr 1991/92 zu beginnen und mir folgende Projektziele zu setzen: 1. denjenigen Schülerkreis zu erreichen, der im Musikunterricht die schlechten Noten bekommt. Meistens handelte es sich dabei um jene Schüler, die vom Elternhaus nicht die Möglichkeit bekommen hatten, ein Instrument zu erlernen. Gerade diese Schüler sind mehr am Mediengeschehen interessiert als die vom Elternhaus im Instrument geförderten „Jungtalente“; 2. die Sensibilität der Schüler durch ihre eigenen Medienerfahrungen zu fördern bzw. „Erziehung zum richtigen Umgang mit Medien“ zu betreiben; 3. durch die Medienbenutzung bzw. durch die Medienerfahrung den Musikunterricht dahingehend zu gestalten, daß, nach Wilfried Gruhn, der Musikunterricht dazu führt, „Musik zu lernen (und nicht einen Stoff über Musik)“. Daß das Pilotprojekt „Schüler machen Radio“ am Maximiliansgymnasium in München im Schuljahr 1991/92 gestartet werden konnte, ist folgenden Umständen zu verdanken: Als freie Mitarbeiterin in der Abteilung E-Musik des Bayerischen Rundfunks konnte ich die gesammelten Erfahrungen und Kontakte in die schulische Praxis umzusetzen, sie didaktisch erproben. Und, ich zitiere, „einer Gunst der Stunde, einem Glücksfall, da Ihre Ansprechpartnerin und Redakteurin am Bayerischen Rundfunk, Frau Helene Steffan, so viel Vertrauen in Sie, Ihre Idee und Ihre Schüler von Anfang gesetzt hat“. Unsere bisherigen Projekte, die der Bayerische Rundfunk jeweils im Kinderfunk (Bayern 2) zur Sendezeit von „Der Notenschlüssel“ (Mittwoch von 14.00–14.30 Uhr) unter dem Sendemotto „Schüler machen Programm“ ankündigte, beschäftigten sich mit folgenden Themen: * Rock- und Pop-Musik: Die Rolling Stones am 3. Juni 1992, Tina Turner am 25. Mai 1994 * Instrumente: Die singende Säge, ein seltsames Instrument am 9. Februar 1994, Das Mixturtrautonium von Oskar Sala Sendung i.V. * ein Jubiläum: 20 Jahre Notenschlüssel am 8. Mai 1994 * Workshops mit zeitgenössischen Komponisten: Dieter Schnebel über sein „:!(Madrasha II)“ am 16. Juni 1993 und 8. Mai 1994, Harald Genzmer über seine Sonate für Altblockflöte und Klavier am 8. März 1995. Die Sendungen wurden anschließend von „RAI Uno“ (Radio Bozen) übernommen und ausgestrahlt. Zweimal berichtete das Bayerische Fernsehen (BR-intern) über unsere Arbeitsgemeinschaft „Schüler machen Radio“: zu „20 Jahre Notenschlüssel“ am 6. März 1994 und zu Harald Genzmer am 5. Februar 1995. In der zweiten Schuljahreshälfte 1995/96 stellten wir uns erstmals der Aufgabe, dem Medium Fernsehen ein Projekt anzubieten und zu realisieren. „Wir machen einen Rap“ (mit dem eigens dafür komponierten Rap „Um ’ne Stunde vertan“ und Videoclip) wurde schließlich am 6. Dezember 1996 im Bayerischen Fernsehen in „Schul TV – Schule macht Schule“ (anschließend bundesweit) ausgestrahlt. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete darüber. Das neueste Projekt „Wie entsteht eine CD?“ wird erstmalig eine Sendung für den „Schulfunk – Medienkunde“ und zielt auf den Hörerkreis der Schulmusiker und ihrer Schüler. Studie einer Pilotsendung Wie nun die Entstehung einer Radiosendung im einzelnen ablaufen konnte, soll an der Sendung „Der Notenschlüssel. Schüler machen Programm: Der Komponist Dieter Schnebel“ kurz vorgestellt werden. Nachdem unsere Redakteurin Frau Helene Steffan dem „Schnebelprojekt“ ihre Zustimmung erteilt und der Komponist als Workshop-Thema seine Komposition „:!(Madrasha II)“ für drei Chorgruppen vorgeschlagen hatte, studierte die Arbeitsgemeinschaft ab Oktober 1992 bis zum Interviewdate mit Dieter Schnebel, das am 7. Mai 1993 in der Schule stattfand, zunächst die 25seitige DIN-A3-Partitur. Gemeinsam erlernte man, sie zu „entziffern“, was insofern auf großes Interesse bei allen Beteiligten stieß, da allein schon das Erscheinungsbild der Partitur den Ansporn der acht Schüler, sie entziffern zu wollen, geweckt hatte. Anhand der achtseitigen Interpretations-Erläuterungen zu „:!(Madrasha II)“ für drei Chorgruppen am Anfang der Partitur und der immer wieder angehörten Musikdemo entdeckten die zwei Mädchen und sechs Jungen zusehends mehr und mehr Einzelheiten. Eher beiläufig entstanden die Fragen für das Interview mit Dieter Schnebel, die gesammelt und später sprachlich ausformuliert wurden. So beispielsweise die Frage von Karin: „Unverständliche Menschenlaute waren von drei Chorgruppen zu hören, sogar heiser geschrieen, dazu auf Tonband die Einspielung von Tierstimmen. Was hat das zu bedeuten?“ Oder die Frage von Natalie: „Ist ‚:!(Madrasha II)‘ für drei Chorgruppen schwer zu singen, zu dirigieren und überhaupt einzustudieren?“ Oder die Frage von Daniel: „Herr Schnebel, Sie wissen, daß unsere Altersgruppe doch eher Rock- und Pop-Musik hört und so gut wie überhaupt nicht Musik in der Art von ‚:!(Madrasha)‘. Wie können wir und unsere gleichaltrigen Zuhörer Ihrer Meinung nach diese Musik besser verstehen lernen?“ Nachdem es nur ein Interview mit dem Komponisten für die Sendung gab – Dieter Schnebel reiste dafür extra aus Berlin an –, wurde, um technische Pannen auszuschließen, ausnahmsweise das Mikrofon von der Lehrerin gehalten und geführt (vgl. Foto). Der vierstündige Schneidetermin am Bayerischen Rundfunk fand mit den Schülern, ihrer Lehrerin und der Redakteurin Frau Steffan nur wenige Tage später statt. Die Produktion ging bereits sechs Wochen danach, am 7. Mai 1993, über den Äther. Daß Frau Steffan anfänglich eher skeptisch dem „Schnebelprojekt“ gegenüberstand, verriet sie erst viele Wochen später während der Studioproduktion „20 Jahre Notenschlüssel“ den 26 anwesenden „Maxlern“: „Zunächst war ich eher zweifelnd, ob ihr dem Musikstück von Dieter Schnebel und dem Interview mit dem Komponisten überhaupt gewachsen seid. Als ich aber dann euer Ergebnis zur „Absegnung“ durchhörte, war ich doch angenehm überrascht nicht nur darüber, was den Ablauf des Interviews betraf, sondern auch über euren hinführenden Kommentar zu Sendebeginn, mit der abschließenden Aufgabenstellung an die jungen Rundfunkhörer; und schließlich auch, wie liebenswürdig Herr Schnebel auf eure Fragen eingegangen ist.“ Möglicherweise stellt sich der eine oder andere Leser dieser Studie nun die Frage, welches Ziel ein solches Radioprojekt verfolgt, da ein Komponist auch so zu einem Gespräch mit Schülern gebeten bzw. eingeladen werden könnte. Dahingehend sei auf meine zu Anfang genannten Projektziele verwiesen und ergänzt, daß im Zeitalter der Medien auch im Musikunterricht zukünftig die assoziativen Hilfen der heutigen Zeit verwendet werden sollten und könnten, um somit den methodischen Zugang zur Musik zu erleichtern. Didaktische Konzeption Das hier beschriebene „Schnebelprojekt“ läßt sich – mit oder ohne Varianten – jederzeit im Unterricht wiederverwenden. Der auch auf andere Projekte übertragbare methodische Verlauf wird wie folgt beschrieben: * Formulierung der Aufgabenstellung: zum Beispiel „Wir versuchen, gemeinsam mit Zuhilfenahme der Partitur (Folie) und der Musikdemo zu ‚:!(Madrasha II)‘ für drei Chorgruppen ein mögliches Interview mit dem Komponisten vorzubereiten.“ * Betrachtung und Analyse: zum Beispiel von „:!(Madrasha)“ für drei Chorgruppen. * Erarbeitung der Interviewfragen in der Klasse. * Werten, Formulieren und Ordnen der Fragen aus der Sicht des Interviewers und aus der Sicht des (imaginären) Hörers (die Neugier des Hörers durch gezielte Fragestellung wecken). * Werten, Formulieren und Ordnen der Fragen in bezug auf ihre „radiophone“ Wirksamkeit (deutliches, prägnantes Fragen und Sprechen; Versachlichung der thematischen Inhalte). * Erstellen eines Arbeitsplanes (Regieplanes) für den Ablauf des Interviews und der Produktion des Interviews. * Niederschrift eines „Drehbuches“ mit genauer Planung der Plazierung von Text und Musik (Timing) * Probelauf. * Kritische Diskussion des Probelaufes. * Vergleich mit der Sendung „Der Notenschlüssel. Schüler machen Radio: Der Komponist Dieter Schnebel“. Kontext der Untersuchung Was nun die inhaltlichen Ausführungen der Untersuchungen zu „Schüler produzieren Rundfunksendungen“ betrifft, so stützten sie sich auf einen Fragebogen, der an die insgesamt 81 an diesen Projekten beteiligten Schüler zum Ende des Schuljahres 1995/96 (im Juli 1996) persönlich verteilt und zehn Tage später wieder eingefordert wurde. Einige Ergebnisse: 1. Kurzcharakteristik der Schüler: Die meisten der 81 Schüler (34 Mädchen und 47 Jungen) nahmen an einem Projekt teil; 18 Schüler an zwei Projekten, wobei eines davon die Sendung „20 Jahre Notenschlüssel“ betraf. Auf die Reise zu Oskar Sala konnten aus Kostengründen nur fünf Schüler nach Berlin mitgenommen werden. Mit Ausnahme der ersten Sendung waren in die Projekte bevorzugt die Schüler der 9. Klasse eingebunden. Die Gründe dafür lagen darin, daß zum einen die von der Redaktion genehmigten Themen sich für die Schüler der 6., 7. und 8. Klasse nicht eigneten und daß ich zum anderen beim ersten Projekt (Klasse 8, Rolling Stones) feststellen mußte, daß die Zuverlässigkeit der Schüler dieser Altersgruppe von diesen teilweise noch nicht gewährleistet werden konnte. Drittens waren seitens des Rundfunks Erwartungen an mich und meine Schüler gestellt, die zu einem für alle Seiten zufriedenstellenden Ergebnis führen mußten, um für die kommenden Jahre die Möglichkeit der Fortführung der Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk nicht zu gefährden. 2. Gründe für die Teilnahme der Schüler an den Projekten: Der Hauptgrund, weshalb die Schüler an den Projekten teilnahmen, bestand für die Mehrzahl der Schüler (51=62,9 Prozent) darin, zu erfahren, „wie der Rundfunk überhaupt funktioniert“. Der zweitwichtigste Grund für die der Teilnahme war für 25 Schüler (30,8 Prozent), „in der Gruppe, gemeinsam mit den Mitschülern kreativ und produktiv sein zu können“. Andere Gründe waren beispielsweise noch: „Da sich die Möglichkeit nun einmal am Max bietet und man sich keine Chance entgehen lassen sollte“, „Aus Interesse, weil ich zu Hause keinen Fernseher habe und deshalb sehr viel Radio höre“, „Um Neues dazuzulernen und den eigenen Erfahrungsschatz zu erweitern“, „Aus der Devise heraus, Musik zu machen, wo immer es nur geht“ und „Aus beruflichem Interesse, da ich nach der Schule in diese Richtung gerne einmal gehen möchte“. 3. Erkenntnisse der Schüler im allgemeinen: Diejenigen Sendungen, die die jeweilige Schülergruppe selbst gemacht hatten, hörten sie sich auch im Radio an, die Sendungen ihrer Mitschüler jedoch nur zum Teil bzw. mit mir zusammen bei der Vorbereitung des neu anstehenden Projektes. Hörerkreis waren – neben der allgemeinen Hörerschaft des Bayerischen Rundfunks – meistens die Eltern, Freunde und Mitschüler (weniger die Verwandten und Nachbarn), die sich ausschließlich positiv über den Inhalt geäußert hatten („Meine Eltern fanden die Sendung recht lustig und gut gelungen“). Die im Fernsehen gezeigten beiden Berichte wurden von allen Schülern verfolgt („Ich habe sie sogar aufgenommen!“). Erkenntnisgewinn Ob der Schüler innerhalb des jeweiligen Projektes Erkenntnisse gewonnen hat, diese Frage wurde von fünf der 34 Mädchen und von fünf der 47 Jungen mit „nein“ beantwortet. Die restlichen Schüler waren zum größten Teil erstaunt darüber, „wie kompliziert die Erstellungen einer Radiosendung sein kann und wie lange es dauert, bis endlich ein Sende-Ergebnis vorliegt – von der Idee über das Konzept bis zum fertigen Produkt“. „Es ist alles gar nicht so leicht, wie es im ersten Moment erscheint, und es bedarf eines sehr, sehr großen Aufwandes, um eine Sendung von nur dreißig Minuten zu produzieren.“ Neben weiteren Erkenntnisdarlegungen, wie beispielsweise ein Tonstudio eingerichtet ist, was den Aufgabenbereich des Tontechnikers betrifft oder wieviel Arbeit nicht nur ein Straßeninterview, sondern der anschließende Schneidetermin am Rundfunk mit sich bringt, empfanden einige Schüler das Verhalten mancher Rundfunkleute als „ziemlich konservativ, unfreundlich und gelangweilt“ und meinten, daß manche dieser Leute auf sie unter anderem „schwerfällig, bürokratisch, spießig und konservativ gewirkt“ hätten. Auch sei eine „starke Hierarchie beim Bayerischen Rundfunk bzw. Bayerischen Fernsehen“ zu erkennen. Ein Mädchen meinte sogar, auf Grund ihrer Beobachtungen den Eindruck gewonnen zu haben, daß „wir am BR nicht so sehr erwünscht“ waren. Einstimmig jedoch wurde das hilfsbereite Engagement der Redakteurin und unserer „Arbeitgeberin“ Helene Steffan als „sympathisch“, „nett“, „kompetent“, „freundlich und bemüht – eben ein Ausnahmefall am BR“ von den Schülern beurteilt. (4) Erkenntnisse der Schüler im einzelnen: 1.) Zur Sendung „Die Rolling Stones“ meinten alle Beteiligten – interessanterweise in erster Linie sich zum Straßeninterview äußernd und weniger zum mühsamen Schneidetermin –, „daß es unglaublichen Spaß gemacht“ hat, „äußerst amüsant“ war, „wenn auch mühsam, weil viele Passanten unfreundlich waren, kein Interesse hatten und gar nicht erst stehenblieben, um unsere Fragen zu beantworten“. – „Spaßig war, daß wir an der Münchner Freiheit einen Mann befragt haben, der schon am Marienplatz von einer anderen Gruppe befragt worden war.“ – „Das Aneinanderkleben der Passantenäußerungen durch die Tontechnikerin war ja zeitraubender als das Interview selbst!“ Daß die Tontechnikerin die Verantwortung für das Ergebnis von einer Interviewgruppe nicht übernehmen konnte und wollte, wurde von den Beteiligten respektiert und wie folgt kommentiert: „Daß die Qualität der Aufnahmen dermaßen wichtig ist, hat uns schon überrascht.“ 2.) Die Begegnungen und Zusammenarbeit mit den Komponisten Dieter Schnebel und Harald Genzmer hinterließ bei den Schülern, was zunächst einmal die Personen betrifft, folgende Eindrücke: „Schnebel hat einen weniger verrückten Eindruck auf mich gemacht als seine Musik.“ – „Er wirkte auf mich ruhig, gefaßt und überzeugend.“ – „Harald Genzmer war sehr sympathisch, sehr nett und überaus beredt.“ – „Eine charismatische Person, die seine Zuhörer fesseln kann und die sich voll auf uns eingelassen hat.“ Bewertungen Die Auseinandersetzung mit der Musik „:!(Madrasha II)“ von Dieter Schnebel bewerteten die Schüler folgendermaßen: „Schnebels Musik wirkte auf mich zunächst ziemlich seltsam, und ich konnte damit wirklich überhaupt nichts anfangen, aber das gab sich mit der Zeit.“ – „Ich überlegte mir wirklich ernstlich, als ich diese Musik zum ersten Mal hörte und dann auch noch versuchte, sie auf der Partitur mitzulesen, meine Teilnahme an der Arbeitsgemeinschaft zu kündigen.“ – „Auf jeden Fall war es interessant, sich mit seiner Musik näher zu beschäftigen, um sie besser zu verstehen, wenn ich sie auch immer noch nicht ganz verstanden habe.“ – „Seine Musik wirkte auf mich etwas verworren, aber im großen und ganzen wurde mein Interesse an der modernen Musik geweckt.“ – „Auch war es ja teilweise recht lustig, die Stimmführung anhand der Partitur nachzuvollziehen.“ Neugier auf moderne Musik Was nun die Erarbeitung von Harald Genzmers „Sonate für Altblockflöte und Klavier“ für die Radiosendung vom 8. März 1994 betraf, hatten die beteiligten Schüler folgende Meinungen: „Eine nicht besonders schöne und anspruchsvolle Musik.“ – „Etwas gewöhnungsbedürftig, aber ohne Zweifel eine schöne Sonate, wenn ich ehrlich bin, nach einer Weile etwas nervig.“ – „Hat mir gut gefallen.“ Der Münchner Merkur berichtete am 5. Dezember 1994 unter der Überschrift „Beherrschen Sie zuerst einmal ein Instrument – Genzmer sprach mit Schülern“ über die erste Begegnung der Schüler mit dem Komponisten; das Bayerische Fernsehen beobachtete, mit laufender Kamera, am darauffolgenden Tag die Erarbeitungssequenzen zwischen dem Komponisten und den Schülern für die Radiosendung und berichtete darüber am 5. Februar 1995. Die Begegnung mit den beiden Komponisten stellte bis auf eine Ausnahme für alle Beteiligten eine Bereicherung dar, „da man sie vieles fragen konnte“. „Herr Genzmers Erzählungen waren sehr interessant, und es hat viel Spaß gemacht, eine Sonate mit ihrem Komponisten zusammen zu erarbeiten, da sie ihre Werke selbst noch erklären können im Gegensatz zu den toten Komponisten.“ – „Ist ein tolles Gefühl, solche Menschen kennenzulernen.“ Daß durch die persönliche Begegnung mit den Komponisten und das Kennenlernen einer ihrer Kompositionen für den einen oder anderen Schüler der Zugang zur zeitgenössischen Musik bzw. die Offenheit für die zeitgenössische Musik angeregt worden ist, verdeutlichen folgende Aussagen: „Ein bißchen schon, weil man sich von allein nicht so damit beschäftigt hätte.“ – „Ja, denn die moderne Musik ist oft schwer zu interpretieren, und es ist sehr interessant und eine Hilfe, zu hören, was sich der Komponist bei den einzelnen Stellen gedacht hat.“ „Anfangs war ich befangen gegenüber der modernen Musik, nun, durch diese Begegnung bin ich dafür aufgeschlossen und neugierig geworden.“ Bei drei der insgesamt zwanzig Mitwirkenden hat sich nichts an ihrer bisherigen Einstellung zur zeitgenössischen Musik geändert. Eine Schülerin gestand offen ein, daß für sie die zeitgenössische Musik auch weiterhin „eine schwere Kost und ein Rätsel“ bleiben wird. Kritik am Arbeitsmilieu 3.) Zu den Sendungen über die Instrumente „Die singende Säge“ beziehungsweise „Das Mixturtrautonium von Oskar Sala“ äußerten sich die Schüler weniger über die Eigenheiten der Instrumente als vielmehr über die Möglichkeit des Ausprobierens, das Frau Anneliese Ruppert an ihrer Säge auch gerne zuließ („Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß das Ding so schwer zu spielen ist. Keiner von uns hat überhaupt einen Ton darauf spielen können. Alle Achtung vor dieser Musikerin!“), das aber Oskar Sala an seinem Mixturtrautonium nicht ermöglichte. Das für das Interview extra nach Berlin angereiste Schüler-Team ärgerte sich besonders darüber, daß Oskar Sala sein „Rezept“, wie er das kreischende Einstürmen der Krähen für Alfred Hitchcocks Film „Die Vögel“ auf seinem Mixturtrautonium realisiert hatte, daß er dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen möchte: „Das hätte er uns doch ruhig erzählen und zeigen können. Es existiert in der Welt ja nur noch dieses eine funktionsfähige Instrument, das nur er allein beherrscht und sonst niemand.“ Bei der Auswertung der Fragebögen überraschte besonders, wie kritisch die Schüler das Arbeitsmilieu am Rundfunk und am Fernsehen beurteilten. Man muß dazu noch vorausschicken, daß die Mitarbeiter des Fernsehens nicht gerade einfühlsam mit den jungen Menschen umgingen („Kannst du nicht warten, bis ich das Mikrofon eingeschaltet habe!“) und in Anwesenheit der Schüler ihre internen Querelen offen austrugen. Frage und Antwort Besonders betroffen waren die 26 Schüler bei der Produktion der Sendung „20 Jahre Notenschlüssel“ im Studio 5 des Bayerischen Rundfunks (bei dieser Gelegenheit wurde der eigens von einigen Schülern dafür komponierte „20-Jahre-Notenschlüssel-Song“ aus der Taufe gehoben), daß der Moderator den mühsam von den Schülern erstellten Fragekomplex von 54 Fragen teilweise selbst an die zu interviewenden Gäste, den jahrzentelangen Mitarbeitern am „Notenschlüssel“, richtete. („Er hat es sich nur leicht gemacht, und wenn wir uns schon die Mühe machen und uns etwas überlegen, dann wollen wir diese Fragen auch selber stellen!“ – „Er hat uns bevormundet.“) Die Schüler machten unbewußt erste Erfahrungen mit dem Berufsleben. Daß das Ergebnis beziehungsweise die Ergebnisse dann auch noch gesendet wurden, erfüllte natürlich alle mit Stolz – besonders auch deshalb, weil sie gelernt hatten, daß ihre Arbeit den Qualitätsansprüchen des Radios standhielt. In den Jahresberichten der Schule wurde bzw. wird regelmäßig ausführlich, mit Bildmaterial, über die jeweiligen Rundfunkprojekte berichtet (vgl. Haas 1992–1997). Auch zeigten sich bei denjenigen Schülern, die an den „Schüler machen Radio“-Projekten teilgenommen hatten, eindeutige Veränderungen ihrer Einstellung zum Lernstoff im alltäglichen Musikunterricht: ihre Toleranzgrenze ließ nun auch die Musik anderer Epochen gelten; Neugier, Objektivität und Mitarbeit waren geweckt worden. Aus Platzgründen konnten wir die Arbeit von Barbara Haas nur in Auszügen abdrucken. Den kompletten Text erhalten Sie bei der nmz, Stichwort: „Schüler machen Radio“, Brunnstr. 23, 93053 Regensburg

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