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Die kleine Republik Tuva in der Russischen Föderation mit zwei Einwohnern pro Quadratkilometer ist so weit vom Meer entfernt wie kein anderes Land der Welt. Bekannt wurde Tuva vor allem durch seine begnadeten Obertonsänger, und inzwischen ist es dem Zeitgeist gelungen, eine tuvinische Sängerin im Mischmasch der „World music“ unterzubringen.Auf „Naked Spirit“ (Amiata/SMD ARNR 2298-2) erweist sich Sainkho Namtchylak als hervorragende und sehr vielseitige Sängerin, viel mit Tuva hat das jedoch nicht zu tun. Da ist das Trio um Igor Koshkendey erheblich bodenständiger. „Music from Tuva“ (Amiata/SMD ARNR 1497) zeigt Koshkendey als wahren Meister der fünf „öffentlichkeitsfähigen“ Oberton-Stile – es gibt noch zwei geheime, die schamanischen Riten vorbehalten sind.
In die Mongolei führt uns das Ensemble Egschiglen. „Gobi“ (Heaven and Earth/Helikon HE4) bietet traditionelle und auch komponierte Stücke und Lieder, Obertongesang inklusive, und allen Instrumenten voran steht morin khur, die zweisaitige Pferdegeige, eine Art Cello, mit dem es in der Mongolei ganze Orchester gibt, die auch europäisch-klassische Werke spielen. Hinzu kommen hier die Schwanenhals-Laute tobshuur, das Hackbrett yoochin sowie die Wölbzither yatag. Ein gewisser klassischer Hintergrund ist auch in den Arrangements unüberhörbar, und je nach Besetzung entstehen unterschiedliche hochvirtuose Kammermusikperlen, die stellenweise sehr an chinesische Musik denken lassen. Zweifellos ist dies aufbereitete Volksmusik, allerdings in schönster Form.
Ein Quartett mit Pferdegeige, Hackbrett, der Schlangenhautgeige khuuchir, einer Bambus-Querflöte und Obertongesang ist das Ensemble Ar-diin Ayalguu. Auf „Solongo“ (Face Music/FMS FM 50024) spielt man 27 Stücke in unterschiedlichen Besetzungen, rein traditionelle Stücke, davon leider nur drei mit Obertongesang, und auf Dauer doch etwas monoton. Das Ensemble Temuzhin „Altai-Khangain-Ayalguu 2“ (Face Music/FMS FM 50026) als Trio bietet mit größerem Instrumentarium mehr Abwechslung, allerdings hat gelegentlich die Aufnahmetechnik für zusätzliche Stimmen gesorgt. Dennoch, wer Wert auf kunstvolle aber ungekünstelte Musik aus der Mongolei und zugleich auf Vielfalt legt, ist hier bestens bedient.
Kosakenchöre gibt es derzeit einige, die sich Namen, Ruhm und Publikum streitig machen (und im Gegensatz zu den ehemaligen „Don Kosaken“ sogar überwiegend „echt“ sind). Sie schmettern inbrünstig von der Mutter Wolga, tanzen Akrobatisches und servieren Tourismus-Folklore. Das siebenköpfige Ensemble Pesnokhorki um die Musikethnologin Olga Abramova bemüht sich hingegen um Authentizität. Feldforschung vor Ort, Konzerte sowie eine eigene Volksmusikschule in Barnaul südlich von Novosibirsk führten nach sechs Jahren Gruppenarbeit auch zu zwei CDs: Vol. 1 „Traditional Songs of Cossacks“ und Vol. 2 „Traditional Russian & Cossacks Songs of Siberia“ (Face Music/FMS FM 50017/50019). Kosaken waren letztlich berittene Hilfstruppen russischer oder ukrainischer Herkunft, die vor allem an den südlichen Grenzen des russischen Reiches stationiert waren und sich dort mit ihren Familien bis heute gehalten haben. Im Vordergrund ihrer Folklore steht der häufig mehrstimmige heterophone Gesang, voluminös, gerne auch mal schrill und keinesfalls nur mit Männerstimmen. Instrumente wie Geige, Akkordeon, Perkussion und andere werden nur sparsam und vor allem bei Tanzliedern eingesetzt. Während die erste CD sich speziell mit Kosaken-Liedern verschiedener Herkunft befaßt, bringt die zweite Lieder speziell aus dem Altai-Gebirge. Es ließen sich historische und regionale Aspekte der russischen Kolonialisierung sowie der zugehörigen Folklore betrachten. Alle Face-CDs sind mit nobler Spielzeit und hervorragender Dokumentation ausgestattet.