Das Eröffnungskonzert der 15. Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik war gleich in mehrfacher Hinsicht sensationell. Zuerst strömten regelrecht Massen ins Dresdner Schauspielhaus, meistenteils hochinteressierte junge Menschen, die man in Konzerten solcherart Zuschnitts eher selten sieht. Und zweitens wurde der Auftritt der Dresdner Symphoniker, der immerhin im Dialog mit einem originalen Player Piano die ganz harte Kost eines Conlon Nancarrow bot, enthusiastisch bejubelt.
Das Eröffnungskonzert der 15. Dresdner Tage der zeitgenössischen Musik war gleich in mehrfacher Hinsicht sensationell. Zuerst strömten regelrecht Massen ins Dresdner Schauspielhaus, meistenteils hochinteressierte junge Menschen, die man in Konzerten solcherart Zuschnitts eher selten sieht. Und zweitens wurde der Auftritt der Dresdner Symphoniker, der immerhin im Dialog mit einem originalen Player Piano die ganz harte Kost eines Conlon Nancarrow bot, enthusiastisch bejubelt.Im Wettstreit Mensch und Maschi-ne gab es eindeutig zwei Sieger. Noch nie haben die Musiker der Dresdner Symphoniker – ein etwas irreführender Orchestername, denn die Musiker kommen aus aller Herren Länder und haben sich mit ihren in Arbeitsphasen gliedernden Aktionen ausschließlich der Neuen Musik gewidmet – eine solch schwierige Musik gespielt. Eine Herausforderung sondergleichen, der sie sich mit dem großartigen Dirigenten Michael Helmrath bravourös entledigten.Besser und aufregender hätten die diesjährigen Dresdner Tage nicht beginnen können, zumindest was die Musik betrifft. Bereits 15 Jahre existiert das Dresdner Festival, das gewiss zahlreiche Höhepunkte erlebt hat, die gelegentlich aber über das rein Musikalische weit hinausgingen. Zu erinnern ist an das Jahr 1989, wo die große Politik und die teils verschmitzte zeitgenössische Musik der DDR mächtig aneinander gerieten und plötzlich Stellung bezogen wurde. Da kamen sie, die zeitgenössischen Komponisten und ihre Interpreten, plötzlich heraus aus ihren Elfenbeintürmchen, sprachen Tacheles und verabschiedeten Resolutionen. Das war seinerzeit eine große Stunde.
Mit der Politisierung von Musik scheint es nunmehr ein Ende zu haben. Was der Komponist Karlheinz Stockhausen zu den neusten politischen Entwicklungen hat verlautbaren lassen, war zwar ein Skandal. Aber einer, der sich aus einem Wolkenkuckucksheim heraus entwickelt hat, in das mittlerweile etliche Komponisten wieder Einzug gehalten haben. So könnte man zumindest meinen. Stockhausen war freilich immer ein hofierter Sonderfall gewesen, der plötzlich schmählich in Ungnade gefallen war, was gleichfalls eine verlogene Komponente hat.
Wer Stockhausens Werk kennt, das ja geradewegs in das Weltall vorzustoßen sucht und das noch nie das Gigantische und Spinnerte gescheut hat, musste sich nicht über dessen Faszination vom Bösen, hier genannt Luzifer, wundern. Ungeachtet des Medienrummels wurden etliche Stockhausen- Stücke (aus „Für kommende Zeiten“) ohne Kommentar von einem seiner Adepten (Michael von Hintzenstern und dem Ensemble für Intuitive Musik) in Dresden aufgeführt.
Das Thema „Kunst und Künstlichkeit“, das in diesem Jahr über den Veranstaltungen stand, wirkte von Vornherein ein bisschen schmalbrüstig. Von „Botschaften“ war jedenfalls weit und breit keine Spur, dafür wurde aber jede Menge „Handwerkskunst“ geboten. Vorzugsweise am Computer. Und diese Kunst war, erkennbar an den vorgeführten Werken des Kompositionswettbewerbs „Blaue Brücke“, eben nicht gut. Sicherlich ist „Blaue Brücke“ ein renommierter Kompositionswettbewerb mit einer Ausstrahlung weit über die Dresdner Stadtgrenzen hinaus. Immerhin hängt da sogar die Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank mit drin: Stolze 30.000 Mark winken dem 1. Preisträger. Das ist schon was. Aber, oh weh! Wer sich die drei Uraufführungskonzerte der „Blauen Brücke“ zu Gemüte geführt hat, erlebte in diesem Jahr (und vor zwei Jahren war es auch nicht sonderlich anders) sein blaues Wunder. Immerhin hatte die Jury Mumm. Keiner der drei gezeigten Beiträge wurde für preiswürdig erachtet. Zwei wenig schmei-chelhafte Anerkennungen sprach man aus. Doch es kam noch schlimmer. Nicht eine der vorgeführten Uraufführungen war auch kritikwürdig, da war man sich in der lokalen Presse einig.
Über dem Konzert der Stimmakrobaten Salome Kammer und David Moss schwebte der Geist des Vorigenjahrhundertkünstlers John Cage, von dem zwei Stücke zur Aufführung kamen, die „Aria“ und die „Aria 52“. Salome Kammer hielt zu diesem Behufe das bunt gedruckte Notenmaterial geschickt ins Publikum und erklärte die Spielregeln der Komposition einigermaßen plausibel. Ob sie die „Noten“ dann auch wirklich getroffen hat, war so ohne weiteres nicht zu entscheiden, da spielen besonders breit aufgefächerte Ermessensfragen eine entscheidende Rolle.
Immerhin wohlgefällig virtuos waren ihre Interpretationen schon. Ein wirkliches Highlight der diesjährigen Dresdner Tage war das Gastspiel des Staatstheaters Darmstadt, das mit „Die mechanische Braut“ eine neue Oper von Mark Polscher vorstellte. Ein starkes Stück, sehr stark interpretiert (Ltg. Jendrik Springer). Ebenso überzeugte auch der elektronische Teil des Werkes. Regisseur Thomas Krupa hielt die beiden Protagonisten Susanne Reinhard und Matthias Wohlbrecht zu intensivem und berührendem Spiel und Gesang an. Das Dresdner Publikum zeigte sich sichtlich beeindruckt.