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Berlin: Intendant Volker Hesse verlässt 2006 das Gorki-Theater +++ Verwirrspiel um neuen Salzburger Intendanten +++ Kassel: Ende der Ära von Christoph Nix
Berlin: Intendant Hesse verlässt 2006 das Gorki-TheaterBerlin (ddp-bln). Der Intendant des Maxim Gorki Theaters, Volker Hesse, verlässt das Haus. Er werde nicht über den Sommer 2006 hinaus im Amt bleiben, teilte der Intendant am Donnerstag mit. Darauf habe er sich mit Kultursenator Thomas Flierl (PDS) «einvernehmlich verständigt». In den Gesprächen sei sowohl hinsichtlich der künstlerischen Perspektiven des Hauses als auch in ökonomisch-administrativen Fragen keine gemeinsame über 2006 hinaus gehende Strategie gefunden worden, unterstrich Hesse.
Beide seien sich aber einig, in den kommenden zwei Spielzeiten den «augenblicklichen Aufschwung des Hauses» im Interesse einer sicheren Zukunft gemeinsam zu festigen und weiterzuführen, sagte der Theatermann. Der 59-jährige Hesse ist seit 2001 Chef des Theaters am Festungsgraben in Mitte.
Verwirrspiel um neuen Salzburger Intendanten
Das Verwirrspiel um die Bestellung eines neuen Intendanten der Salzburger Festspiele geht weiter. Kuratoriumsvorsitzender Heinrich Wiesmüller bestätigte gegenüber dem ORF, dass der Dirigent Franz Welser-Möst gute Chancen habe.
Der Dirigent selber sagte dazu in Zürich, er habe sich nicht beworben und es habe auch niemand mit ihm geredet. Die Entscheidung darüber, wer nach dem Festspielsommer 2006 Peter Ruzicka nachfolgt, könnte sich bis zum Herbst hinziehen.
Über Franz Welser-Möst als Nachfolger für Peter Ruzicka war bereits Ende Mai heftig spekuliert worden. So hat Welser-Möst ein Konzept für verkleinerte Festspiele vorgestellt. Allerdings ist der Oberösterreich bis 2011/12 Chefdirigent des Cleveland Orchestra.
Für die Bewerbungen zwei prominenter Theatermacher gibt es dagegen eine Bestätigung: Sowohl Burgtheaterchef Klaus Bachler als auch Jürgen Flimm, der derzeitige Schauspielchef der Festspiele, wollen Peter Ruzicka nachfolgen.
Quelle: orf
Am Kasseler Staatstheater endet die Ära von Christoph Nix
Kassel (ddp-swe). Misst man den Erfolg eines Theaterintendanten daran, wie oft er Schlagzeilen macht, dann war Christoph Nix überaus erfolgreich. Der Chef des Kasseler Staatstheaters, der am Sonntag nach fünfjähriger Amtszeit offiziell verabschiedet wird, hat für Furore gesorgt wie kaum einer seiner Kollegen sonst, ob in Kassel oder anderswo in Deutschland.
Immer wieder eckte der 49-Jährige an, weil er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hielt - ob es nun um das von ihm geleitete Haus, um Kunst oder um Politik ging. «Die politische Einmischung gehört seit Lessing zu den Grundaufgaben eines Künstlers», lautet das Credo des scheidenden Intendanten.
Seine Bilanz nach fünf Spielzeiten an der Spitze des Staatstheaters fällt selbstbewusst aus: «Es ist nichts mehr so, wie es vorher war.» Als Nix 1999 antrat, übernahm er ein überregional kaum beachtetes Haus mit Schulden. Seinem Nachfolger Thomas Bockelmann, derzeit noch Generalintendant der Städtischen Bühnen in Münster, wird er nicht nur einen Überschuss in der Kasse übergeben, sondern auch ein bundesweit renommiertes Theater. Vor allem zu Beginn seiner Intendanz holte Nix viele junge Regisseure nach Nordhessen, deren provokante Inszenierungen die Aufmerksamkeit des Feuilletons weckten.
Beim Kasseler Publikum stießen die Arbeiten von Sebastian Baumgarten oder Armin Petras - mittlerweile zur ersten Reihe deutscher Theaterleute gehörend - freilich oft auf Unverständnis. In Nix\' Rückblick mischt sich daher auch so etwas wie Groll: «Ich bin nach wie vor skeptisch, ob Kassel eine theaterfreundliche Stadt ist oder nicht», sagt er.
Nicht nur mit zurückgehenden Besucherzahlen hatte Nix zwischenzeitlich zu kämpfen, sondern sogar mit einer Bürgerinitiative, die eine Unterschriftenkampagne gegen ihn startete und eine Verlängerung seines Vertrags über fünf Jahre hinaus verhindern wollte. «Pseudo-Fortschritts-Theater» und einen «monarchisch-autoritären Führungsstil» warfen die Initiatoren dem Intendanten vor. Der wiederum konterte, indem er von der «dümmlichen und provinziellen Intrige» einer «Mafia» sprach.
Dass Stadt und Land sich im Mai 2002 tatsächlich gegen eine Vertragsverlängerung entschieden, hatte wohl eher mit den zahlreichen Konflikten zwischen Nix und seinen Dienstherren sowie im Staatstheater selbst zu tun.
Mal äußerte sich der Intendant allzu kritisch über den damaligen Theaterreferenten im hessischen Kunstministerium und kassierte prompt eine Abmahnung, mal veröffentlichte er eine lästerliche Abrechnung mit dem Berufsstand der Kulturdezernenten und belastete damit das ohnehin angespannte Verhältnis zu Kassels Kulturdezernenten Thomas-Erik Junge (CDU) weiter. Und als Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) Schulkindern mehr Respekt für die deutsche Fahne beibringen wollte, machte sich Nix in einer Erklärung voll beißenden Spotts lustig.
Im Theater geriet Nix fast schon regelmäßig mit seinem gleichrangigen Gegenüber, Generalmusikdirektor Roberto Paternostro, aneinander. So vergiftet war das Klima, dass die beiden zeitweise nur noch über ihre Anwälte miteinander kommunizierten. Auch der jüngste Streit, der das Kasseler Staatstheater in die Schlagzeilen brachte, hatte mit dem Orchester zu tun. Anfang Juni spielte das Staatsorchester auf einer Betriebsversammlung von Volkswagen in Baunatal und sollte dabei nach dem Willen von Intendant und Betriebsrat auch die «Internationale», das klassische Kampflied der Arbeiterbewegung, zum Besten geben.
Doch die Musiker weigerten sich. Die Komposition sei «unter dem Niveau eines A-Orchesters», hieß es. Zudem würden Instrumentalisten aus der ehemaligen DDR mit der Melodie leidvolle Erfahrungen verbinden und den Einsatz deshalb ablehnen. Erst nach viel Aufregung und einer Intervention aus dem Ministerium einigte man sich auf einen Kompromiss und setzte statt der «Internationalen» die französische Revolutions- und Nationalhymne «Marseillaise» aufs Programm.
Wenn Christoph Nix nun Kassel verlässt, wird er sich auch von der Welt des Theaters wenigstens für die nächsten Jahre verabschieden. Seiner bunten Karriere fügt er wieder einen neuen Beruf hinzu: Die Fachhochschule Neubrandenburg wählte den 49-Jährigen, der bereits als Clown, Strafverteidiger, Schauspieler und Jura-Professor gearbeitet hat, zu ihrem neuen Rektor. Seine vierjährige Amtszeit an der FH für Agrarwirtschaft, Bauinformatik, Pflege- und Sozialwissenschaft beginnt am 1. September.
Joachim F. Tornau