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Dieter Hildebrandt wird 80

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TV-Serien-Comeback mit 80 - Kabarett-Altmeister Dieter Hildebrandt hat noch randvollen Terminkalender - Geburtstagsfeier in Rom


Berlin (ddp). Dieter Hildebrandt ist mehr denn je gefragt. Schon jetzt scheitern Veranstalter, das Urgestein unter den deutschen Kabarettisten noch für irgendeinen Abend in diesem Jahr zu gewinnen. «2007 ist alles ausgebucht», verkündet der rastlose Jubilar auf seiner Internetseite. Und «wenn Sie \'freie Tage\' zwischen meinen Auftritten finden, so sind die durchaus gewollt!» Gelegentlich müssten die Hemden gewechselt und gewaschen werden und er sei auch ganz gern mal zu Hause, sagt der schlagfertige Münchner, der am Mittwoch (23. Mai) seinen 80. Geburtstag feiert. Mit seiner Frau Renate verbringt er den Tag in Rom.

Sein Buch «Ausgebucht» ist also wörtlich zu nehmen. Mit dem Werk tourt der Autor erfolgreich durch die Republik und begeistert in kleinen und großen Orten sein Publikum. Zwischendurch steht er mit «Vorsicht, Klassik!» auf der Bühne und trägt mit augenzwinkernden Bemerkungen zu einem satirisch-heiteren, abendlichen Sinfoniekonzert bei. Ab der zweiten Jahreshälfte will Hildebrandt gemeinsam mit Roger Willemsen regelmäßig über die Weltgeschichte der Lüge philosophieren.

Auch vor dem Fernsehen macht der rüstige Rentner nicht halt: In der geplanten Fortsetzung der ARD-Kultserie «Kir Royal» will er sein TV-Comeback geben. Hildebrandt, der bereits in der ersten Staffel 1986 den Zeitungsfotografen Herbie spielte, kommt in der gleichen Rolle an der Seite von «Baby Schimmerlos» (Franz-Xaver Kroetz) auf den Bildschirm zurück: «Ich habe selbstverständlich zugesagt, als Regisseur Helmut Dietl mich gefragt hat.» Eine einzige Bedingung hat der Schauspieler: Die TV-Figur des Fotografen soll im Drehbuch das selbe Alter haben wie er.

Angefangen hat die Karriere des geborenen Niederschlesiers im Nachkriegsdeutschland. Damals ersetzte seine Arbeit als Kabarettist den Psychiater, räumte er mal ein: «So konnte ich meine Jugend nachholen, meinen Frust, meine Beschwerden, meine Wut, meinen Zorn und meine Freude loswerden.» Deshalb bildete der Student der Theaterwissenschaften und Literatur in München Anfang der 50er das Studentenkabarett «Die Namenlosen». 1956 gründete Hildebrandt zusammen mit Sammy Drechsel die «Münchner Lach- und Schießgesellschaft». Bis zur Auflösung 1972 feierte das Ensemble unzählige Erfolge.

Bereits ein Jahr später präsentierte er seine spitzen Bemerkungen zum Alltag in der ZDF-Reihe «Notizen aus der Provinz» einem Millionen-Publikum - bis er seine kabarettistische Sendung 1979 vom damaligen Mainzer Intendanten «beendet bekommen» hatte, wie Hildebrandt erst zu Jahresbeginn als Gast bei der Premiere des Nachfolgeformats «Neues aus der Anstalt» zurückblickend bemerkte.

Doch der so Geschasste wechselte einfach zum anderen öffentlich-rechtlichen Sender und startete mit dem ARD-«Scheibenwischer» eine weitere Erfolgsgeschichte. Erst Ende 2003 - nach 23 Jahren und 144 Sendungen - verabschiedete er sich von dem bis heute ausgestrahlten Format.

Inzwischen konkurrieren Kabarettisten im Ersten und Zweiten um die trefflichsten Anmerkungen zur Lage der Nation. Das klassische politische Kabarett erlebt nach Ansicht des Altmeisters eine Renaissance. Der angebliche Niedergang sei »ohnehin eine Erfindung der Presse. Es hat ihn nie gegeben. Die Säle waren immer voll», sagt der Münchner, der unlängst bei der ZDF-Suche nach den beliebtesten Komikern den zehnten Platz belegte. Und seine Karriere ist längst noch nicht zu Ende.

Dabei spricht Hildebrandt in seinem Anfang Mai erschienenen neuen Buch «Nie wieder achtzig» von einem Wunder, dass er überhaupt noch lebt. «Wenn man bedenkt, wie viele Krankenhäuser ich wieder verlassen konnte, wie viele Kantinen ich einigermaßen unbeschädigt überstanden habe, wie oft und wie gern ich mich als Kind schon totgelacht habe, wie viele Bundeskanzler, Präsidenten und Intendanten ich überlebt habe», so sein wohl nicht ganz ernst gemeinter Einwurf.

Wolfgang Schönwald