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Kurt Masur wird 80

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Leipzig feiert seinen Weltbürger - Kurt Masur gibt am Samstag Geburtstagskonzert mit dem Gewandhausorchester


Leipzig (ddp). Der Weltbürger mag das Reisen nicht. Er ist zwar auch nicht mehr der Jüngste, aber das ist nicht das Problem. Gesundheitlich gehe es ihm blendend, die Nierentransplantation sei gut überstanden. Aber es bleibe kaum Zeit, irgendwo anzukommen, da müssten die Sachen schon wieder für die nächste Tour gepackt werden. «Das Packen ist eine Last», sagte Kurt Masur jüngst in einem Interview. Am Samstag aber hat er ein Heimspiel: Masur feiert seinen 80. Geburtstag mit einem Gala-Konzert in Leipzig, dort, wo er 26 Jahre lang dem Gewandhausorchester vorstand, bevor er nach dem Ende der DDR den Rufen aus London, New York und Paris folgte.

Aberglaube kann sich Masur bei seinem noch immer voll gepackten Terminkalender nicht leisten. Denn geboren wurde er am 18. Juli 1927 im schlesischen Brieg - seine Leipziger Feier ist also einen Monat zu früh. Seine weltweiten Verpflichtungen lassen ihm jedoch keine Wahl. Und dabei können die Musikfreunde in Leipzig und Deutschland noch froh sein: In New York, wo er nach seinem Weggang aus Leipzig als Dirigent der Philharmoniker große Erfolge feierte, startete die Reihe seiner Geburtstagskonzerte bereits am 28. Februar. Zu seinem Geburtstag im Juli dürfen ihn dann die Londoner begrüßen: Masur dirigiert am 18. Juli in der Royal Albert Hall einen gemischten Klangkörper aus den Londoner Philharmonikern und dem französischem Nationalorchester. Den Abschluss seiner Geburtstagskonzerte erlebt am 13. September dann Paris.

Sein Geburtstagskonzert, das live auf den Augustusplatz vor dem Gewandhaus übertragen wird, soll dabei von Leichtigkeit geprägt sein. Auf dem Programm stehen unter anderem George Gershwin und Peter Tschaikowski. Keine schweren Brocken, aber auch keine Volksbelustigung, kündigte Masur an. Denn diese Leichtigkeit vermisse er immer, wenn er nach Leipzig komme. Zu viel Verehrung sei ihm da immer im Spiel, zu viel Abstand, zu wenig Natürlichkeit. In New York sprächen ihn die Menschen auf der Straße an und klopften ihm gar auf die Schulter. In Deutschland beherrsche die Reserviertheit die Situation.

Was er damit meint, wird deutlich, wenn man den Maestro beim Einkauf in der Leipziger Innenstadt erlebt: Kaum einer wagt es, sich hinter ihm an der Kasse anzustellen, es wird geflüstert: «Ist das nicht der Masur?». Oder es geht hochformell zu: mit Handschlag, angedeuteter Verbeugung und einer Small-Talk-Nettigkeit.

Ganz volksnah, aber nicht volkstümlich, war Masur im Wende-Herbst 1989. In dem gemeinsam mit fünf anderen Leipziger Persönlichkeiten verfassten Aufruf forderte er angesichts der Massenproteste gegen die SED und der sich in Stellung gebrachten Staatsmacht «Keine Gewalt!». Der Aufruf katapultierte den Musiker Masur kurzzeitig so weit ins Politische, dass er nach der Wende sogar als Bundespräsidentenkandidat gehandelt wurde - er aber lehnte dankend ab und widmete sich wieder ausschließlich seiner Musik.

Matthias Hasberg

http://www.kurtmasur.com