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Eher nachdenklich als angrifflustig - Kassels scheidender Theaterintendant Christoph Nix rechnet ab
Kassel (ddp). Der letzte Auftritt war noch einmal eine Galavorstellung. Unter dem Motto «Der Intendant rechnet ab» hatte Christoph Nix, scheidender Chef des Kasseler Staatstheaters und in letzter Minute verhinderter künftiger Kulturdezernent von Köln, am Montag zu seiner Abschiedspressekonferenz ins Kasseler Opernhaus geladen. Und was er den zahlreich gekommenen Medienvertretern in Mikrofone und Blöcke diktierte, bewies erneut das dramatische Talent des gelernten Strafverteidigers, Schauspielers und Hochschullehrers.Wortgewandt und witzig wie gewohnt, ohne Notizen oder Spickzettel zu Hilfe zu nehmen, parlierte der 49-Jährige drauflos - und freute sich daran, von ihm selbst geweckte Erwartungen zu enttäuschen. Nachdem seine Nominierung als neuer Kölner Kulturdezernent am plötzlich auftauchendem Widerstand aus der mitregierenden CDU gescheitert war, hatte Nix Ende vergangener Woche zum Gegenschlag ausgeholt und per Presseerklärung gegen eine «intrigante Politik» gewettert, «der das Leben und die Ehre eines Menschen nichts bedeutet». Konkret hatte er Hessens ehemalige Kunstministerin Ruth Wagner (FDP) und den früheren Kasseler sowie jetzigen Kölner Baudezernenten Bernd Streitberger (CDU) angegriffen.
Doch vor den Journalisten, die am Montag in Erwartung weiterer derartiger verbaler Retourkutschen gekommen waren, machte Nix erst einmal eine ganz andere Abrechnung auf. Nicht ohne Stolz präsentierte er, dem mitunter Misswirtschaft vorgeworfen worden war, die Abschlussbilanz seiner Intendanz: einen Überschuss von rund 120 000 Euro in der Kasse und Zuschauerzahlen, die nach einem Tief in der Saison 2002/2003 immerhin wieder um zehn Prozent auf knapp 224 000 angestiegen sind.
Erst danach teilte Nix noch einmal aus. Er erhob schwere Vorwürfe gegen ein Kasseler Anzeigenblatt, das mit seiner tendenziösen Berichterstattung fünf Jahre lange «systematische Versuche der Existenzvernichtung» gegen ihn betrieben habe. Einen der jüngsten Artikel, der dem unter anderem für Hilfsprojekte in Uganda engagierten Noch-Intendanten nahe legte, doch «nach Afrika» zu gehen, nannte Nix sogar «faschistoid».
Ansonsten aber zeigte sich der 49-Jährige eher nachdenklich als angriffslustig. Nein, sagte er, er neige nicht dazu, eine Klage gegen die Stadt Köln anzustrengen. Dabei hatte das Hin und Her um seine Kandidatur in der Domstadt nebenbei auch seine bereits sicher geglaubte Zukunft als neuer Rektor der Fachhochschule in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) zunichte gemacht. Gleichwohl wird Nix nach eigenem Bekunden nicht arbeitslos. Er werde seine Lehrtätigkeit als Jura-Professor an der Evangelischen Fachhochschule in Hannover wieder aufnehmen, kündigte er an. Daneben bleibt Nix aber auch den Nordhessen erhalten: An der Universität Kassel soll er künftig Jugendstrafrecht lehren.