Was die Farbe für den Maler ist, ist für den Musiker der Klang. Nicht von ungefähr spricht der Maler auch von Farbtönen und der Musiker von Klangfarben. In der Populären Musik benutzt man dafür ganz allgemein den englischen Begriff „Sound“. Dabei steht das Wort „Sound“ im Englischen bezeichnenderweise auch für Adjektive wie: gesund, intakt, robust, kräftig, tadellos, vernünftig, gediegen und aussagekräftig.
Fabriziert eine Band miesen Sound, gehe ich flüchten, egal wie anspruchsvoll die Beiträge gemeint sind. Umgekehrt gilt aber auch, klingt eine Band richtig gut, hat sie bei mir schon mal einen dicken Stein im Brett – egal, was sie spielt. Ein gutes Beispiel hierfür sind die tontechnisch nahezu perfekten Produktionen der Carpenters! Schon Anfang der 70er-Jahre lieferte das kalifornische Geschwisterpaar einen Sound ab, der mich auch heute noch fasziniert. Und das mit den damaligen technischen Möglichkeiten! So fand man damals in meinem Plattenschrank neben Led Zeppelin, Vanilla Fudge, Pink Floyd und Deep Purple eben auch die Carpenters! (Was mein Image unter den „echten Rockfans“ schwer beschädigte!) Wie die Story der Carpenters mit dem Tod von Karen, der begnadeten Stimme des Duos, ein jähes Ende fand, ist ein anderes Kapitel.
Der Sound ist die Seele des Tons. Anders als ein Ton, der feste Parameter hat und spätestens seit Franco von Köln verbindlich darstellbar ist, klappt das beim Klang ganz und gar nicht. Sehr deutlich wird das zum Beispiel bei einem schriftlich fixierten Blues. (Was an und für sich ja schon ein Widerspruch ist.) Wenn so ein ausnotiertes Bluesstück dann ganz klassisch sauber und fehlerfrei abgespielt wird, mag vieles entstehen, ganz sicher aber kein Blues.
Die Notenschrift wurde entwickelt, als es noch keine Möglichkeit gab, Klang aufzunehmen und wiederzugeben. In Zeiten von mp3-Player und Internet kann man Musik auch wieder mal rein auditiv, nämlich mit den Ohren wahrnehmen und vermitteln. Und dann wird aus einer schwebenden Terz vielleicht auch eine beseelte Blue Note und aus einem Zweiklang aus Prim und Quint ein Powerchord mit cojones!
Gerade Populäre Musik definiert sich hauptsächlich über Sound, Feeling und Groove. Dafür wurde die Notenschrift allerdings nicht erfunden und dazu ist sie, gerade auch im Unterricht, nur bedingt zu gebrauchen. Also öfter mal wieder, Augen zu und Ohren auf!
Peter Näder, Popularmusikbeauftragter Bezirk Unterfranken