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DW-Dokumentation zum Colón Ring
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Der «Colón Ring» - wie Katharina Wagner fast die Nerven verlor

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Wagner in Buenos Aires - zum Jubiläum des Komponisten beauftragte das legendäre Teatro Colón Urenkelin Katharina mit dem «Ring des Nibelungen». Doch die Bayreuth-Chefin schmiss hin. Eine Dokumentation der Deutschen Welle zum „Colón Ring“ ist jetzt erschienen.

Die Regisseurin springt ab, das Orchester ist überfordert und das Notenmaterial nicht vollständig: Fast alles, was bei der Produktion von Richard Wagners «Ring des Nibelungen» am Teatro Colón in Buenos Aires schief gehen konnte, ging zunächst schief. Das Projekt, zum 200. Wagner-Geburtstag die vier Opern am legendären Opernhaus in Argentinien aufzuführen, wurde ein Himmelfahrtskommando - das im November 2012 dann mehr oder weniger glückte. Eine von der Deutschen Welle produzierte Dokumentation zum «Colón Ring» liefert als DVD und zum Abruf im Internet  http://www.dw.de/der-colón-ring-wagner-in-buenos-aires/a-16745369 jetzt ein Lehrstück über kulturelle Missverständnisse und den Zusammenprall von Mentalitäten.

Das Vorhaben klang vielversprechend: Mit viel Enthusiasmus hatte sich Bayreuths Ko-Intendantin Katharina Wagner bereiterklärt, eine auf sieben Stunden abgespeckte «Ring»-Version in Buenos Aires zu inszenieren. Der Komponist und Arrangeur Cord Garben wurde beauftragt, eine zusammengestrichene Fassung der vier Opern zu liefern. Statt in 16 Stunden an vier Tagen, sollte der «Ring» an einem Tag aufgeführt werden - als Einstieg in Wagners Welt für die Opernliebhaber im fernen Süden.

Das mehr als hundert Jahre alte Opernhaus in Buenos Aires blickt auf eine lange Wagner-Tradition zurück. Von den Nazis verfolgte Künstler brachten die deutsche Musiktradition nach Argentinien mit. Otto Klemperer und Erich Kleiber dirigierten im Teatro Colón den «Ring» mit Gesangstars aus aller Welt.

Es war wohl zu verlockend, die Wagner-Urenkelin zum Jubiläum zu engagieren. Lange dauerte die Freude von Colón-Direktor Pablo García Caffi mit der Deutschen allerdings nicht. Als Katharina Wagner zu den ersten Proben anreist, ist sie nicht amüsiert. Die Zeitpläne für Bühnenbild und Kostüme sind hoffnungslos im Verzug, eine pünktliche Premiere sei so nicht zu schaffen.

Für seine Dokumentation konnte Regisseur Hans Christoph von Bock fast ungehindert hinter den Kulissen drehen. Auch zu einigen Krisensitzungen bekam er Zutritt. Er fängt lange Gesichter und genervte Künstler ein. Am Ende springt Katharina Wagner von der Produktion ab, die gegenseitigen Erwartungen seien wohl zu hoch gewesen, sagt sie diplomatisch.

Die Sänger, darunter gefragte Wagner-Interpreten wie die Amerikanerin Linda Watson, sind längst angereist und nun völlig ratlos. Der österreichische Dirigent Roberto Paternostro ist am Rande des Zusammenbruchs, die Musiker proben den Aufstand. Archivare mühen sich bereits in Kleinstarbeit durch das gekürzte Notenmaterial. Sie müssen Fehler ausbügeln, Partiturschnipsel zusammenkleben.

Für die Dokumentation sind solche Szenen ein Glücksfall. Denn die Chaostage von Buenos Aires vermittlen auch etwas von der Begeisterung der Künstler und der Menschen hinter der Bühne, die das Projekt nicht scheitern lassen wollen. Der Intendant muss seinen «Plan B» aus dem Hut zaubern. Über Nacht lässt er die argentinische Regisseurin Valentina Carrasco einfliegen, die mit der spanischen Theatergruppe Fura dels Baus arbeitet. Im Flugzeug habe sie sich ein Regiekonzept ausgedacht, berichtet Carrasco entwaffnend vor der Kamera. Sie wolle Katharina Wagners Vorarbeit nutzen. Viel anderes bleibt ihr auch nicht übrig, denn bis zur Premiere sind es nur noch knapp 40 Tage.

Carrascos Enthusiasmus ist ansteckend. Die hagere Frau mit dem langen schwarzen Haar zofft und umarmt sich mit den Sängern, Paternostro schwitzt im Orchestergraben, Linda Watson übt sich in Galgenhumor. Und dann stellt sich doch ein kleines Wunder ein. In einer letzten Anstrengung hebt sich der Vorhang und auf der Bühne des Teatro Colón zündet dann der Wagner-Funke.

Esteban Engel

 

Roberto Paternostro/Teatro Colón

Colón Ring - Wagner in Buenos Aires

Regisseur: Hans Christoph von Bock
Format: Dolby, HiFi Sound, Surround Sound, Widescreen
Untertitel: Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Koreanisch, Japanisch
Bildseitenformat: 16:9 - 1.78:1
Anzahl Disks: 1
FSK: Ohne Altersbeschränkung
Studio: C Major (Naxos Deutschland GmbH)
Erscheinungstermin: 22. April 2013
Produktionsjahr: 2013
Spieldauer: 93 Minuten
ASIN: B00CBATFSA

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