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Rau warnt vor Kürzungen im Kultursektor +++ Schröder bekennt sich zu öffentlicher Kulturförderung
Rau warnt vor Kürzungen im Kultursektor
Frankfurt/Main (ddp). Bundespräsident Johannes Rau hat eindringlich vor einem Abbau der Kulturförderung in Deutschland als Folge leerer öffentlicher Kassen gewarnt. Kunst und Kultur seien auch in Zeiten des Sparens unverzichtbar für die Gesellschaft, betonte Rau am Donnerstag auf der Internationalen Musikmesse in Frankfurt am Main, wo er an der Abschlussveranstaltung eines Aktionstages zur musikalischen Bildung teilnahm. Es sei kein «Naturgesetz», dass der kulturelle Reichtum Deutschlands erhalten bleibe. «Das kann auch absterben», sagte Rau.
Kunst und Kultur seien «nicht die Sahne auf dem Kuchen», sondern die «Hefe im Teig» und wenn die Hefe fehle, falle der Kuchen zusammen. Eine Schule, die bei Lehrermangel zuerst die weichen Fächer ausfallen lasse, habe ihren Sinn verfehlt. Kinder hätten einen Anspruch darauf, in der Schule und von den Eltern mit Musik und Kunst in Kontakt gebracht zu werden. Für das Ziel einer stärkeren musikalischen Förderung von Kindern werde er sich auch nach dem Ende seiner Amtszeit einsetzen, kündigte Rau an.
Der Bundespräsident forderte, bei der Auslandskulturarbeit dürfe nicht gespart, und die Kulturarbeit im Inland müsse endlich wie schon die Sozialarbeit zur Pflichtaufgabe der Gemeinden gerechnet weden. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass die Gemeinden finanziell so ausgestattet werden, dass sie dies leisten könnten. Die Bürger rief Rau dazu auf, sich weniger von Musik «berieseln» zu lassen und dafür wieder stärker selbst zu musizieren. Nur acht Prozent der Deutschen machten selbst Musik.
Bei seinem Besuch der Musikmesse zeichnete Rau auch die diesjährigen Gewinner des Deutschen Musikinstrumentenpreises aus. Geehrt wurden drei Werkstätten aus Berlin-Pankow, dem mittelfränkischen Baiersdorf und Bubenreuth.
Schröder bekennt sich zu öffentlicher Kulturförderung
Bonn (ddp). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat sich zur öffentlichen Förderung von Kunst und Kultur bekannt. Bei der offiziellen Eröffnung einer großen Ausstellung mit Werken des Malers Georg Baselitz in Bonn sagte Schröder am Donnerstag mit Blick auf anhaltende Bestrebungen zur Kürzung von öffentlichen Kulturausgaben: «Die Kunst bedarf der staatlichen Unterstützung, selbst wenn es knapp wird in den Kassen der öffentlichen Institutionen.» Deutschland sei trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkeiten immer noch ein «reiches Land» und dürfe nicht «einseitig zu Lasten von Kunst und Kultur sparen».
Die Kunst könne «unser Weltbild auf den Kopf stellen», sagte Schröder unter Anspielung auf das Werk von Baselitz, der sich vor allem durch Bilder mit auf dem Kopf stehenden Figuren einen Namen gemacht hat. Gerade die zeitgenössische Kunst stelle eine «Herausforderung an Geist und Sinne» dar. Letztlich müsse jeder Betrachter selbst entscheiden, wie er sich Kunstwerken wie denen von Baselitz nähere.
Der Kanzler machte deutlich, dass das Baselitz-Gemälde «Adlerpartitur», das in seinem Arbeitszimmer hängt, dort auch bleiben werde. «Der Adler bleibt hängen», betonte er unter Hinweis auf kritische Äußerungen von Besuchern zu dem Bild. Manche Besucher seien von dem Bild begeistert, berichtete der sichtlich gut gelaunte Kanzler. Andere Besucher seien dagegen «empört», weil «hinter einem lebenden Verfassungsorgan ein verfremdetes Verfassungssymbol hängt».
Unter dem Titel «Bilder, die den Kopf verdrehen» zeigt die Bonner Bundeskunsthalle ab Freitag eine Baselitz-Retrospektive mit 130 Bildern und Skulpturen, die zwischen 1959 bis 2004 entstanden sind.