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Erfurt: Landtag streitet um Theater-Kürzungen und «Familienoffensive» +++ Berlin: Künstlerverband fordert Rücktritt von Opernintendantin Harms +++ Berlin: Bühnenverein kritisiert Berliner Sicherheitsbehörden +++ Berlin: Polizei bot im Juli Beratung zu «Idomeneo» an +++ Berlin: Kulturverwaltung war am 11. September über Opernabsetzung informiert
Erfurt: Landtag streitet um Theater-Kürzungen und «Familienoffensive»
Erfurt (ddp-lth). Der Thüringer Landtag ist am Donnerstagmorgen zu seiner ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammengekommen. Auf der Tagesordnung stehen zahlreiche umstrittene Themen. So ist eine heftige Debatte um die geplanten Kürzungen bei Theatern und Orchestern zu erwarten. SPD und PDS verlangen ein Umlenken in der Kulturpolitik und regen nach sächsischem Vorbild eine Beteiligung der umliegenden Kommunen und Landkreise an der Finanzierung von Kultureinrichtungen an. Die Initiative «Erhalt Thüringer Kultur» ruft für Donnerstagmittag zu einer Protestdemonstration vor dem Parlamentsgebäude auf.
Berlin: Künstlerverband fordert Rücktritt von Opernintendantin Harms
Berlin (ddp-bln). Der Berufsverband bildender Künstler (BBK) fordert nach der umstrittenen Absetzung der Mozart-Oper «Idomeneo» den Rücktritt der Intendantin der Deutschen Oper. «Frau Harms sollte ihren Stuhl räumen», sagte der Berliner Vorsitzende Herbert Mondry am Mittwoch. «In Europa geltende Garantien der Kunstfreiheit und der Meinungsfreiheit sind Kern-Menschenrechte und in Deutschland Grundgesetz», betonte er. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) solle beherzigen, dass Aufgabe der Polizei «nicht die Einschränkung gesetzlicher garantierter Freiheiten, sondern ihr Schutz» sei.
Kunst ecke an, lebe vom Widerspruch. «Kunst ist immer ein Sicherheitsrisiko», sagte er. Dass es beim Landeskriminalamt eine Gefahrenabwägungsstelle Kunst gebe, die analysiere, ob Kunstaufführungen unkontrollierbare Gefahrenlagen herbeiführen können, habe sein Verband deshalb mit großem Interesse registriert.
Mondry forderte ironisch, dass die Regelanfrage bei der Gefahrenabwägungsstelle Kunst des LKA für Aussteller und Kunstveranstalter künftig zur Pflicht gemacht werden müsse. «Besteht Gefahr, muss die polizeiliche Prüfbehörde einschreiten: Die Landes-Kunstprüfbehörde sollte der Einfachheit halber mit Verbotsbefugnis ausgestattet werden», fügte er hinzu.
Der BBK vertritt seit 1971 bundesweit die Interessen von bildenden Künstlern in Deutschland, zu denen unter anderem Maler, Bildhauer und Architekten gehören. Er hat rund 10 000 Mitglieder.
Berlin: Bühnenverein kritisiert Berliner Sicherheitsbehörden
Berlin (ddp-bln). Auf heftige Kritik des Deutschen Bühnenvereins stößt das Vorgehen der Berliner Sicherheitsbehörden im Vorfeld der «Idomeneo»-Absetzung durch die Deutsche Oper Berlin. Es sei aus Sicht des Bühnenvereins Aufgabe des Landeskriminalamts, zu beurteilen, ob die von ihm herausgegebenen Gefährdungsanalysen Sicherheitsmaßnahmen erforderlich machen oder nicht, sagte ein Sprecher des Vereins am Mittwoch. Diese Entscheidung könne man nicht den betroffenen Theatern, Konzertsälen, Schulen oder Universitäten überlassen.
Wenn die Sicherheitshinweise ernst zu nehmen waren, hätten die Sicherheitsbehörden entscheiden müssen, was zu tun gewesen wäre, um die «Idomeneo»-Inszenierung aufführen zu können. Zudem sei der Schutz der Kunstfreiheit Aufgabe des Staates, hieß es weiter.
Wenn sich das Landeskriminalamt in diesem Fall nicht in der Lage gesehen habe, das Risiko abzuschätzen, ließe das auf erhebliche Schwächen der Beurteilungskompetenz schließen. Sollte der Sicherheitshinweis herausgegeben worden sein, um im Falle eines Anschlages die Verantwortung auf die Deutsche Oper abwälzen zu können, wäre dies ein sicherheitspolitischer Skandal. Der Bühnenverein fordere das Landeskriminalamt auf, die Gefährdungsanalyse nun vollständig zu veröffentlichen.
Berlin: Zeitung: Polizei bot im Juli Beratung zu «Idomeneo» an
Berlin (ddp-bln). Die Polizei hat laut einem Medienbereicht schon im Juli Sicherheitsgespräche mit der Deutschen Oper zum Schutz der «Idomeneo»-Aufführung angeboten. Nach einem Bericht der «Berliner Zeitung» (Donnerstagausgabe) regte die Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt (LKA) an, die Senatsverwaltung für Kultur auf die möglichen Folgen einer derartigen Aufführung hinzuweisen. In einem Schreiben, das der Staatsschutz im Juli an die Senatsinnenverwaltung schickte, steht laut Blatt: «Sollte an einer Aufführung in der beschriebenen Form festgehalten werden, steht das LKA 5 für Sicherheitsgespräche mit den betroffenen Mitarbeitern der Deutschen Oper Berlin zur Verfügung.»
Die Innenverwaltung habe dieses polizeiliche Beratungsangebot der Opern-Intendantin jedoch nicht mitgeteilt, berichtete die Zeitung weiter. Nach Absetzung der Mozart-Oper «Idomeneo» an der Deutschen Oper Berlin hatten Kulturschaffende und Politiker den Sicherheitsbehörden Untätigkeit vorgeworfen.
Berlin: Kulturverwaltung war am 11. September über Opernabsetzung informiert
Berlin (ddp-bln). Die Berliner Kulturverwaltung ist bereits am 11. September von der Intendantin der Deutschen Oper, Kirsten Harms, über die geplante Absetzung von Hans Neuenfels\' «Idomeneo»-Inszenierung in Kenntnis gesetzt worden. Er habe das entsprechende Schreiben aber erst am 21. September gesehen, sagte Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei.PDS) dem «Tagesspiegel» (Donnerstagausgabe). Der Pressesprecher der Oper bestätigte der Zeitung, dass der Brief der Intendantin mit detaillierten Informationen über die Absetzung am 7. September abgeschickt worden sei. Die Öffentlichkeit war erst in dieser Woche von der Intendantin informiert worden, dass das Stück aus Angst vor islamistischen Bedrohungen nicht gespielt wird.
»Eine Sicherheitseinschätzung vom Landeskriminalamt«, erläuterte Flierl, »lag uns nicht vor«, da sie von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) direkt an die Deutsche Oper gegangen sei. Nach Auffassung des Kultursenators ist er selbst »nicht dazu da, den Innensenator zu kontrollieren. Ich respektiere seine Gefahrenanalyse.«
Flierl erklärte außerdem, er sei sofort tätig geworden, als klar war, »es gibt keine konkrete Attentatsgefahr«. Der Senator fügte hinzu, dass er Kirsten Harms\' Entscheidung zwar für »subjektivverständlich«, aber für objektiv falsch halte. Er setze sich daher dafür ein, dass »Idomeneo" bald wieder gespielt werde. Bedingung dafür ist nach Flierls Angaben, dass die sicherheitstechnischen und zivilgesellschaftlichen Voraussetzungen für eine Wieder-Aufführung geschaffen werden.