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Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft verteilt in den kommenden Tagen an alle hessischen Schulen eine Broschüre gegen die deutsche Nationalhymne. Die GEW hat die Broschüre "Argumente gegen das Deutschlandlied - Geschichte und Gegenwart eines furchtbaren Lobliedes auf die deutsche Nation" aus dem Jahr 1990 zur WM neu aufgelegt.
Die Hymne verbreite eine Stimmung des Nationalismus und der "deutschen Leitkultur". Statt eines angeblich "natürlichen Patriotismus" bedürfe es in Deutschland einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart des Nationalismus auch in der Nationalhymne.Vorwort zu der Broschüre von Benjamin Ortmeyer
"Mit dieser Neuauflage erinnern wir an die Kritik des Deutschlandliedes aus dem Jahre 1989/90. Die eine oder der andere mag sich fragen, warum die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft dies gerade zur Fußballweltmeisterschaft 2006 tut.
In der ersten Auflage hatte unser damaliger Bundesvorsitzender, Dieter Wunder, wohl auch in Hoffnung auf eine grundlegendere Aufarbeitung und Weiterentwicklung der Geschichte im Rahmen des Vereinigungsprozesses, in einer Presseerklärung pointiert formuliert: das „Deutschlandlied gehört ins Museum“. (Presserklärung vom 19. August 1991).
Die heutige Stimmung, dass wir doch jetzt erst recht „wieder wer sind“, und doch seit 1990 weitere 16 Jahre zur Zeitspanne 1933- 1945 vergangen sind, also ein angeblich „natürlicher Patriotismus“ angesichts der gesellschaftlichen Probleme in diesem Land die richtige Antwort sei, all das ist uns nicht unbekannt.
Als Bildungsgewerkschaft GEW treten wir ganz bewusst und ganz ausdrücklich solchen Stimmungen des Nationalismus und der „deutschen Leitkultur“ entgegen und betonen die Notwendigkeit einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit der Geschichte und Gegenwart des Nationalismus in Deutschland und eben auch mit der Geschichte und Gegenwart des „Deutschlandliedes“, der Nationalhymne. Die Analyse von Benjamin Ortmeyer „Argumente gegen das Deutschlandlied“ leistet dafür einen fundierten Beitrag.
Die GEW erklärt deutlich: Was wir bitter nötig haben ist eine humanistische Bildung für alle und soziale Verhältnisse, die an den sozialen Bedürfnissen der Menschen und der Jugendlichen aus vielen Ländern in Deutschland orientiert sind. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Auch wir Deutschen müssen uns verändern, wenn der nötige Integrationsprozess gelingen soll. Was wir dabei ganz und gar nicht gebrauchen können ist ein Nationalismus, der die immer größer werdende soziale Kluft in diesem Land übertünchen soll und Integration mit Assimilation verwechselt."
Frankfurt am Main, den 15. Mai 2006
Ulrich Thöne (Bundesvorsitzender der GEW)
Jochen Nagel (Vorsitzender der GEW Hessen)