Body
Top-Gagen wie Bushido bekommen nur wenige Musiker +++ Viele Bands können von Einnahmen nicht leben +++ KSK-versicherte Musiker verdienen im Jahr 2008 durchschnittlich 10.754 Euro
Berlin (ddp). Der Berliner Rapper Bushido ist nach eigenen Angaben inzwischen Millionär: Wenn er auf der Bühne stehe, habe er einen Stundenlohn von 80 000 Euro, verriet der 29-Jährige, der neben einer Platten- auch eine Immobilienfirma besitzt, der «Süddeutschen Zeitung». Sein HipHop-Kollege Sido hat ebenfalls bereits ausgesorgt: «Was die Finanzen angeht, könnte ich eigentlich darauf scheißen, wie viele Alben ich verkaufe», betonte er in der «Berliner Morgenpost».Auch alte Hasen der Branche wie Stephan Remmler müssen nicht um die Rente bangen: Der 61-Jährige sagte 2006 im ddp-Interview, er lebe noch immer überwiegend von Tantiemen aus dem alten Trio-Hit «Da Da Da». Stars wie Madonna kennen ohnehin keine Geldsorgen. Die Sängerin fuhr laut «Forbes Magazine» allein zwischen Juni 2006 und Juni 2007 rund 48,6 Millionen Euro ein.
So viel Geld verdienen allerdings nur die Wenigsten, sagt Stephan Schulmeistrat vom Deutschen Musikinformationszentrum in Bonn im ddp-Interview. «Das Thema wird meist überschätzt», betont auch der künstlerische Direktor der Popakademie Mannheim, Udo Dahmen. Nach Angaben der Künstlersozialkasse in Wilhelmshaven wird das jährliche Durchschnittseinkommen der dort versicherten Musiker für 2008 auf gerade mal 10 754 Euro geschätzt.
Bei der Verwertungsgesellschaft GEMA, die die Urheberrechte von Komponisten, Textautoren und Musikverlegern vertritt, heißt es: Von ihren rund 60 000 Mitgliedern seien 3000 ordentliche Mitglieder, die «von ihrer Arbeit leben können». Die GEMA-Ausschüttungen sind indes nicht identisch mit dem Einkommen der Künstler, zu dem sich noch Plattenverkäufe, Konzert- und Merchandise-Einnahmen addieren.
Der Leiter des Talentprojektes Popcamp des Deutschen Musikrates, Michael Teilkemeier, sagt: «Wer vor 20 Jahren gut im Geschäft war, hat noch richtig Platten verkauft.» Dessen Einnahmen seien durch GEMA-Ausschüttungen und Tantiemen ausreichend gesichert. Dies sei aufgrund rückläufiger Verkaufszahlen jedoch heute nicht mehr zu schaffen - auch nicht mit einem Nummer-eins-Hit. Geht eine CD für 15 Euro über den Ladentisch, gehen davon nach Angaben der Musikbranche rund zwei Euro an den Künstler.
Dahmen wagt eine vorsichtige Schätzung: Eine Band müsse mindestens 50 000 Stück pro Album verkaufen, und dies über einen längeren Zeitraum, um annähernd davon leben zu können. Die derzeit angesagten deutschsprachigen Künstler, die bereits seit einigen Jahren erfolgreich seien, könnten vermutlich «in den nächsten Jahren gut bis sehr gut leben», sagt Dahmen, ohne Namen zu nennen.
Der Experte gibt aber zu bedenken, selbst wenn Bands mit einzelnen Platten mal viel Geld verdienten, müsse dies dann auch für längere Zeit reichen. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren betrachtet, hätten die Musiker dann «ein auskömmliches, aber kein überdimensionales Auskommen». Zudem hätten die Musiker zuvor jahrelang unter anderem in ihre technische Ausrüstung investiert – in einer Band pro Mitglied in der Regel rund 10 000 Euro.
Auch ein Plattenvertrag bei einem Major Label sei keine Garantie für eine finanzielle Absicherung, sagt Dahmen. Die Musikkonzerne schlössen meist keine Verträge mehr über mehrere Alben ab. Wenn die erste Platte einer Band nicht einschlage, werde die Gruppe wieder fallengelassen. Für Newcomer gilt in der Branche generell: Von zehn schaffen ein oder zwei den Durchbruch.
Teilkemeier zufolge geht die Entwicklung dahin, dass junge Bands ihre Vermarktung und ihr Management immer mehr in die eigenen Hände nehmen müssen. Dazu müssten sich die Musiker auch Wissen über das Musikgeschäft aneignen. «Nur Musikmachen reicht nicht mehr», sagt der Experte. Je mehr ein Musiker oder eine Band selbst mache, desto weniger müsse er logischerweise an Dritte abgeben. Und Dahmen rät: Für ein Leben als Musiker solle man sich nur aus künstlerischen Gründen, nicht aus finanziellen entscheiden.
Nadine Emmerich