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CDU-Aktionsbündnis zur Frage "Ist Kunst politisch?"

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Einen Bericht über eine kulturpolitische Debatte am BundesPresseStrand, die vom CDU-Aktionsbündnis "Frischer Wind in Mitte" initiiert wurde, schreibt Sophie Rudolph:

"Eine kurze populistische Verführung"
An einem Donnerstagabend im September, 10 Tage vor der Wahl, läd das CDU-Aktionsbündnis "Frischer Wind in Mitte" zur kulturpolitischen Debatte in den BundesPresseStrand. Die Berliner CDU-Spitzenkandidatin Prof. Monika Grütters MdA, Literatur- und Kunsthistorikerin, ist unterwegs in den Bundestag und diskutiert mit einem hochkarätigen Podium die Frage "Ist Kunst politisch?". Der Ort ist gut gewählt an diesem lauen Sommerabend, vor romantischem Sonnenuntergang hinter der Baustelle des Lehrter Bahnhofs stimmen die Berliner Cellharmoniker ihre Instrumente, um die Veranstaltung musikalisch zu umrahmen. Ein Mann aus Pankow blättert in dem Buch des Diskussionsteilnehmers Lutz Rathenow über Ostberlin und klagt darüber, dass die zugezogenen jungen Leute in seinem Bezirk doch sowieso alle die Grünen wählen. Für die Erwartungen der Kreativen an die Politik interessiert sich dann leider nur ein kleiner Kreis der Besucher des BundesPresseStrands an diesem Abend. Viele kommen wegen der anschließenden Salsa-Party.

Unter dem Motto "Fördern und Fordern", das Monika Grütters als zentrale Aufgabe der Kulturpolitik sieht, diskutieren Musikproduzent Thomas M. Stein, Peter F. James, Vorstand der German Sounds AG, Thomas Greiner, Vorstandsmitglied der Dussmann AG und Schriftsteller Lutz Rathenow über die deutsche Förderwüste und ihre Perspektiven. Einigkeit herrscht bei den Diskussionsteilnehmern, dass Kulturpolitik die Rahmenbedingungen für die freie Entfaltung der Künste schaffen solle. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen die Möglichkeiten der Kulturförderung und zweitens die Frage, welche Kunst sich gegen die "monströse" Kulturindustrie durchsetzen kann. Thomas M. Stein bemängelt dabei vor allem die fehlende Qualität und Kreativität im Musikunterricht an den Schulen. Begabungen müßten von Beginn an gezielter gefördert werden, denn ohne Talente nütze auch alle anschließende Kulturförderung dem Musikstandort Deutschland leider wenig. Deutsche hätten ein Problem mit dem Begriff der "Hochkultur", weil dies immer eine problematische Bewertung der Kunstformen einschließt. Das sieht Peter F. James ähnlich und bedauert, dass in Deutschland anscheinend immer noch der Ausspruch Adornos "Kultur muß wehtun" vorherrsche. Der Anspruch, mit Kultur oder Musik Geld zu verdienen, sei leider nicht akzeptiert genug. Defizite gebe es in Deutschland vor allem in der strukturellen Förderung. Kulturpolitik bestehe zu häufig in musikalischer Denkmalpflege der klassischen Musik, wohingegen eine Jazzband nicht mal einen Reisekostenzuschuß für ein Konzert in Japan erhalte. Hier liege eine falsche Bewertung zwischen zertifizierter und aktiver, lebender Kultur vor.

Die Förderung einer lebendigen Kulturszene sei eine der zentralen Aufgaben einer aktiven Bürgergesellschaft, meint Thomas Greiner. In der kommunalen Kulturarbeit gehe es auch darum, ein Bewußtsein für die Belange der Kultur zu schaffen. Da nickt auch Monika Grütters und weist auf die kulturelle Vielfalt in Berlin hin. Der Frage, was die Kulturpolitik denn von den Künstlern fordert, weicht sie ein bißchen aus. "Entfaltung der Künste ohne dirigistisches Einwirken des Staates" sind ihre Schlußworte. Sie spricht sich für eine demütigere Haltung der Politik gegenüber den Künsten aus. Der experimentelle Charakter der Kultur dürfe nicht ausgehöhlt werden.

Moderator Johann Michael Möller, stellvertretender Chefredakteur der Welt, hat nicht ganz unrecht, wenn er sich fragt, wo denn nun die Unterschiede zur sozialdemokratischen Kulturpolitik liegen. Kulturpolitik sei nun einmal kein Zankapfel der Parteien, lautet die Antwort. In den Kommunen jedenfalls seien die Kulturschaffenden mit einer CDU-Regierung meistens glücklicher gewesen.

Günther Nooke, MdB, CDU- Direktkandidat aus Pankow, erinnert zum Schluß noch einmal an die Ausgangsfrage "Ist Kunst politisch?" und borgt sich die Antwort von den Pet Shop Boys. Deren Sänger Neil Tennant habe einmal gesagt wenn Stars über Politik reden, seien deren Platitüden noch furchtbarer und langweiliger als die der Politiker. Politik sei immer noch eine Frage der Macht und dabei solle es auch bleiben. Für die Zukunft wünscht Günter Nooke sich, dass es in Gesprächen zwischen Künstlern und Politikern nicht immer nur ums Geld gehe. Dann liest Lutz Rathenow kurze, populistische Fußballgedichte und der Abend klingt mit den Cellharmonikern aus.


Sophie Rudolph