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Der Neubau des Deutschen Historischen Museums (DHM) wird in Berlin mit der Ausstellung "Idee Europa" offiziell eröffnet. Vom 24. Mai bis 25. August soll die Schau im lichtdurchfluteten Haus des Stararchitekten I. M. Pei erstmals einen Gesamtblick auf 2000 Jahre der "europäischen Idee" ermöglichen.
Berlin (ddp). Auf Immanuel Kant geht der Entwurf «Zum Ewigen Frieden» zurück. 1795 schrieb der Philosoph, vernünftige Bürger in Demokratien müssten «den Krieg als Rechtsgang schlechterdings verdammen, den Friedenszustand dagegen zur unmittelbaren Pflicht machen». Despotien und Imperien, gleich welcher Art, müssten das nicht - eine Grundidee von brennender Aktualität.Der «Ewige Friede» als eine Idee des alten Europa - das ist auch der Leitfaden, der sich durch die Ausstellung «Idee Europa» zieht, mit der in Kürze der Neubau des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin offiziell eröffnet wird. Die Vorbereitungen für das ehrgeizige Projekt laufen auf Hochtouren. Vom 24. Mai bis 25. August soll die Schau im lichtdurchfluteten Haus des Stararchitekten I. M. Pei unweit vom Boulevard Unter den Linden erstmals einen Gesamtblick auf 2000 Jahre der «europäischen Idee» ermöglichen, wie Kuratorin Marie-Louise von Plessen sagt. Passend scheint da, dass das Vorhaben unter dem Patronat des Europarats in Straßburg steht.
Zugleich bleibt das DHM damit seiner Gründungsidee treu: deutsche Geschichte im europäischen Kontext zu vermitteln. Die Kuratorin hat rund 500 Exponate aus aller Welt nach Berlin geholt - und zwar ausschließlich Originale. Die kostbaren Leihgaben werden chronologisch geordnet im Pei-Bau präsentiert. Dafür stehen mehr als 2500 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung. «Alles Wichtige wird hier sein», verspricht von Plessen. «Es wird ein aufregender, erschütternder, aber auch negativ bilanzierender Rundgang durch die europäische Geschichte, in der Friedensentwürfe immer aus der leidvollen Erfahrung von Kriegen geboren wurden.»
Vom Mythos aus dem 8. Jahrhundert vor Christus, der erzählt, wie die phönizische Königstochter Europa von Zeus nach Kreta entführt wurde, bis zu aktuellen Aufgaben der Europäischen Union wird der Bogen gespannt. Dabei soll die Ausstellung deutlich machen, dass die Idee von einem einigen Europa nicht erst im 20. Jahrhundert geboren wurde. Bedrohungen durch äußere Feinde haben zu einer Identität des Kontinents nach innen, zu dramatischen Integrationsbemühungen und - nach den Katastrophen zweier Weltkriege - schließlich zu einem Prozess der Einigung geführt.
Die Ausstellung werde zeigen, welche Vorkämpfer, Fürsprecher und Widersacher die «Idee Europa» hatte, dass Missions- und Kreuzzüge, Unabhängigkeits- und Erbfolgekriege darum geführt wurden, so von Plessen. Stationen sind unter anderem die Friedensschlüsse in Versailles von 1871 und 1919, Hitlers Propagandafeldzug für ein «Neues Europa» nach nationalsozialistischen Vorstellungen, Blockbildung im Kalten Krieg, das Europa der Gemeinschaften und Charles de Gaulles Vision von einem «Europa der Vaterländer» - schließlich das «Europäische Haus», an dem heute weiter gebaut wird.
Der Ausstellungsbesucher wird wie eine Wanderer durch die Epochen neun Kapitel durchmessen können. Kriegs- und Friedensallegorien, Bilder historischer Ereignisse, Urkunden über Friedensschlüsse, aber auch Film- und Tondokumente - bis hin zu Videos von Flüchtlingen, die die «Festung Europa» zu stürmen versuchen - illustrieren die Geschichte. Startpunkt ist eine Darstellung der Eirene, Friedensgöttin der Griechen aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Auf Integration als aktuelle Aufgabe Europas weist am Schluss vor einem Satellitenbild des europäischen Kontinents Kairos, der geflügelte Gott des «glücklichen Moments».
Für den Pei-Neubau mit seiner markanten, spindelförmigen Treppe hinter Glas war am 28. Februar der Schlüssel übergeben worden. 20 000 Besucher nutzten die Gelegenheit, an zwei «Tagen der offenen Tür» das leere Haus in Augenschein zu nehmen. Mit «Idee Europa - Entwürfe zum \'Ewigen Frieden\'» wird das rund 50 Millionen Euro teure Gebäude nun endlich seiner eigentlichen Bestimmung übergeben. Die Sanierungsarbeiten im benachbarten Zeughaus, dem Stammsitz des DHM, werden allerdings erst 2004 abgeschlossen werden. Dort hält dann die Dauerausstellung zur deutschen Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart Einzug.
Cornelia Krüger
http://www.dhm.de