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Brasiliens Minister und Musiker Gilberto Gil präsentiert künstlerisches WM-Programm für Deutschland
Berlin (ddp-bln). Einen Kulturminister wie Gilberto Gil hat wohl nur Brasilien. Zum Anzug mit Krawatte trägt er Rastalocken, einen großen Teil seiner Amtszeit verbringt er als Folk- und Jazzmusiker auf Bühnen der Welt, oder er ist gleichsam als höchster Kulturattaché seines Landes unterwegs. So wie am Mittwochabend im Haus der Kulturen der Welt in Berlin, wo er die Höhepunkte des Kulturprogramms seines Landes zur Fußball-WM in Deutschland vorstellt. «Das Baby ist geboren, und während des Turniers wird es zu einem kräftigen Jungen heranwachsen», beschreibt Gil in blumigen Worten seine Erwartungen an den Erfolg des Programms - fröhliches brasilianisches Selbstbewusstsein, genau wie auf dem Rasen.
Die Brasilianer haben sich während der ganzjährigen Initiative Kulturweltmeisterschaft - «Copa da Cultura 2006» - das Beste für die Zeit des WM-Turniers aufgespart: seit Donnerstag bis zum Endspieltag am 9. Juli treten viele brasilianische Superstars mit Tanz, Musik, Filmen, Ausstellungen und Lesungen im Haus der Kulturen der Welt in Berlin und anderen Städten Deutschlands auf. Neben Gil werden vor allem viele bekannte Musiker aus Brasilien wie Elza Soares, Chico Buarque, Bebel Gilberto und Elba Ramalho zu sehen sein. Auch das international renommierte Tanzfestival «In Transit», das in diesem Jahr zum fünften Mal stattfindet, gehört zum Programm.
Gilberto Gil ist zuversichtlich, dass das Kulturprogramm aus dem Land des amtierenden Fußball-Weltmeisters beim Gastgeber auf großes Interesse stoßen wird: «Das Zusammenspiel von Kunst und Fußball hat im Laufe der letzten 20, 30 Jahre allmählich zu einem eigenen neuen kulturellen Phänomen geführt.» Der Ball werde «Körper und Seelen in den nächsten Wochen und Monaten beherrschen». Und besonders in seinem Land sei die Verbindung von Fußball und Musik die Basis für ein besonderes Körpergefühl. Manch deutscher Journalist im Haus der Kulturen schaudert, wenn er in diesem Moment an Robert Huth denkt.
Der Kulturminister denkt wohl eher an Ronaldinho und Robinho und lächelt: Bewegung und Rhythmus seien Teil der kulturellen Identität der Menschen. Und der Kulturbegriff sei in seinem Land «sehr breit angelegt». So breit, dass die brasilianische Volksmusik, die «Musica Popular Brasileira», beim einfachsten Arbeiter genauso gut ankommt wie in Akademikerzirkeln. Im Lande des Gastgebers würde das ungefähr bedeuten: Alle, aber wirklich alle, lieben Nena oder Jürgen Drews.
Meist lächelt Gilberto Gil: Nur ganz selten blickt der Mann, der zu Beginn seiner Musikerkarriere in den 60er Jahren in der brasilianischen Militärdiktatur im Gefängnis saß, plötzlich fast finster drein, bevor er lächelnd weiter sein «Baby» preist. Die «Copa da Cultura» sei zwischen seinem Ministerium und den deutschen Partnern, insbesondere dem Haus der Kulturen und dem Goethe-Institut, entwickelt worden, denen er innig für die Zusammenarbeit dankt. Ziel sei schließlich auch gewesen, «mehr Budget und Personal» für sein Ministerium zu bekommen, gibt er ganz offen zu.
Für die Details ist sein Staatsminister Sergio Sa Leitao zuständig. Der hat drei Wünsche für die WM: «Erstens einen großen Erfolg für das Kulturprogramm, zweitens Deutschland im Finale und drittens Brasilien als Weltmeister.» Der erste Wunsch dürfte sich erfüllen: 80 Prozent der Eintrittskarten für die Kulturweltmeisterschaft sind schon verkauft.
Peter Leveringhaus