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Diskussion um Peter Handke

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Jury-Mitglied Stölzl: Autor war nicht mein Kandidat für Heine-Preis - Unverständnis in Düsseldorf


Düsseldorf (ddp-nrw). Die geplante Verleihung des Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf an den Literaten Peter Handke sorgt weiter für Diskussionen. Einem Zeitungsbericht zufolge könnte sie sogar noch kippen. Die Entscheidung der unabhängigen Jury müsse noch vom Rat der Stadt Düsseldorf bestätigt werden, schreibt die «Rheinische Post». Und dass dieser im Juni die Verleihung rückgängig mache, sei durchaus möglich, denn SPD, Grüne und FDP kritisierten die Entscheidung für Handke heftig.

Der 63-jährige österreichische Autor und Dramaturg war in die Kritik geraten, weil er mehrmals öffentlich für den serbischen Diktator Slobodan Milosevic Partei ergriffen hatte.
Die Entscheidung sei «einfach nicht nachvollziehbar», zitiert die «Rheinische Post» eine Stimme aus der Staatskanzlei von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). Der Heine-Preis würdige nicht nur das literarische Wirken, sondern auch die politische Haltung. Deshalb sei «die Verleihung zum jetzigen Zeitpunkt problematisch».

Jury-Mitglied Christoph Stölzl hat sich am Wochenende von der Entscheidung für Handke distanziert. «Handke war nicht mein Kandidat», sagte der Publizist und Historiker. Die Entscheidung für Peter Handke sei mit einer Stimme Mehrheit sehr knapp ausgefallen.
Die Frage, ob der politische Handke von dem Schriftsteller Handke zu unterscheiden sei, habe eine große Rolle gespielt, sagte der ehemalige Berliner Kultursenator Stölzl. «Natürlich hat die Jury sich nicht historisch kritisch mit den vorliegenden serbischen Aufsätzen von Handke beschäftigt», erklärte er. Diejenigen, die für diese Entscheidung plädiert hätten, hätten Handkes Schriften wie «Gerechtigkeit für Serbien» als Texte verteidigt, die sich im «Rahmen des Üblichen« bewegten und »keine verwerfliche Tat» darstellten.

Auch der grüne Europapolitiker Daniel Cohn-Bendit kritisierte die Entscheidung für Handke. Die Preisvergabe sei der «helle Wahn», sagte Cohn-Bendit der NRW-Ausgabe der «taz» (Montagausgabe). Genauso gut hätte der Preis an Irans Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gehen können, sagte Cohn-Bendit dem Blatt. Der Europaparlamentarier rechnet nun damit, dass Wolf Biermann den Heine-Preis von 1993 zurückgeben wird.

Der österreichische Filmemacher Peter Kern verteidigte dagegen die Entscheidung für seinen Landsmann. «Niemand hat das Recht, Handke einen Preis zu verweigern, der nur ihm zusteht, weil er genau auf der Linie Heines liegt», sagte Kern der «taz». Es sei seine Freiheit, auf diese Weise über den Krieg in Jugoslawien zu reflektieren.

Der Heine-Preis zählt zu den bedeutendsten Literatur- und Persönlichkeitspreisen in Deutschland. Er wird seit 1972 verliehen. In diesem Jahr wurde die Dotierung auf 50 000 Euro erhöht. Handke wurde bekannt mit Werken wie «Die Angst des Tormanns beim Elfmeter», «Ritt über den Bodensee», «Die Unvernünftigen sterben aus» oder «Der kurze Brief zum langen Abschied».

Angelika Rausch