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«Drei-Säulen-Modell» für Handschriften

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Bewegung im Handschriften-Streit - Ministerpräsident Oettinger schlägt «Drei-Säulen-Modell» vor - Weitere Gespräche geplant


Stuttgart (ddp). Nach heftiger Kritik aus dem In- und Ausland relativiert die baden-württembergische Landesregierung ihren Plan, wertvolle Handschriften der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) kündigte am Donnerstag in Stuttgart an, dass nach einer «für alle Seiten zumutbaren Gesamtlösung» gesucht werden soll. Dabei könne er sich ein «Drei-Säulen-Modell» unter Einbeziehung von Spenden, Landesmitteln und einem Beitrag der Kunsteinrichtungen vorstellen.

Mit der am Mittwochabend bei einem Spitzengespräch festgelegten Kursänderung beugt sich die Landesregierung offenbar dem Druck, der durch Proteste an den Verkaufsplänen entstanden war. Das Land hat mit dem Markgrafenhaus Baden einen Vergleich über strittige Eigentumsverhältnisse an Kulturgütern geschlossen, wonach für den Erhalt und die Sanierung von Schloss Salem 70 Millionen Euro vorgesehen sind. Bislang wollte die Regierung die Summe über den Verkauf von Handschriften erbringen, was in der Fachwelt einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hatte.

An dem Kompromiss mit dem Adelshaus will Oettinger grundsätzlich festhalten. Weder ein langer Rechtsstreit noch eine Insolvenz des Hauses Baden sei eine «realistische Alternative». Über den Verkauf von Handschriften sei aber noch nicht entschieden, betonte der Ministerpräsident. Über die Finanzierung des Vergleichs will er in den nächsten Monaten mit allen Beteiligten Gespräche führen. Die nächste Runde ist für November vorgesehen.

Mit Blick auf den in Aussicht gestellten Finanzierungsbeitrag des Landes sagte Oettinger, dieser dürfe keinesfalls über eine Erhöhung der Neuverschuldung oder eine Kürzung in anderen Ressorts erfolgen. Die Kunsteinrichtungen forderte der Ministerpräsident auf, «konstruktive Vorschläge» für einen eigenen Solidarbeitrag zu machen. Die dritte Säule soll nach seinen Vorstellungen auf Sponsorenbeiträgen aus der Wirtschaft und Spenden von Privatpersonen basieren.

Die baden-württembergische SPD-Chefin Ute Vogt äußerte derweil den Verdacht, dass die Landesregierung auf Zeit spiele. Oettingers «Krisengipfel» habe keine grundlegende Wende gebracht. «Das Grundübel bleibt, dass sich die Landesregierung in vorauseilendem Gehorsam den Besitzansprüchen des Hauses Baden unterwirft», kritisierte Vogt. Auf Antrag der SPD soll sich am Mittwoch der Landtag mit dem Vergleich befassen. Die Landtags-Grünen begrüßten dagegen Oettingers Ankündigung, nach Alternativen zu suchen.

Tanja Wolter

s. auch:
http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid…