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«Keine Fusion» - Kulturrat gegen gemeinsame Kulturstiftung von Bund und Ländern +++ Auch Monika Griefahn empfiehlt Zusammengehen der beiden Stiftungen «nicht um jeden Preis» +++ Hans-Joachim Otto (FDP) setzt weiter auf Fusion mit Standort Halle +++ Böhmer wirbt für Halle als Sitz der Kulturstiftung
Berlin (ddp). Viele Prominente haben sich in den vergangenen Wochen vehement für den Verbleib der Kulturstiftung des Bundes nach einer Fusion mit der Länderstiftung an seinem jetzigen Standort in Halle ausgesprochen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Ex-Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), Schauspieler Peter Sodann, Literaturnobelpreisträger Günter Grass und Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt forderten eine Entscheidung für die neuen Länder - Halle sozusagen als föderales Gegengewicht zum großen Engagement des Bundes in der Hauptstadt Berlin. Doch in diese Diskussionen mischt sich plötzlich eine andere Stimme: Der Deutsche Kulturrat, bislang Verfechter einer Fusion, rät jetzt überraschend dazu, die Finger davon zu lassen.
Im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD ist eine Fusion der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder mit Sitz in Berlin vorgesehen. Schließlich ist die Kultur ausdrücklich Ländersache. Die Stiftung der 16 Bundesländer ist mit acht Millionen Euro ausgestattet, während die Bundesstiftung einen Jahresetat von üppigen 38 Millionen Euro beisteuern würde.
Für den Kulturrat würde sich aus einer Fusion kein Mehrwert für das kulturelle Leben ergeben. Beide Stiftungen hätten ein eigenes und unverwechselbares Profil ausgebildet, das jeweils gestärkt werden sollte. Bei einem möglichen Zusammenschluss sei zu befürchten, dass der bürokratische Apparat größer und die Entscheidungswege länger würden. «Es kann aber nicht sein, dass der Bund das Geld gibt, und die Länder dann über die Verteilung entscheiden wollen», sagte Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann.
Der Kulturrat hatte noch 2003 für eine Fusion der beiden Stiftungen plädiert. Jetzt sei es Zeit zu fragen, was ein solcher Schritt überhaupt bringen würde, sagte Zimmermann. Die künftige Stiftung würde unbeweglich und völlig im Föderalismussumpf versickern.
Nach Ansicht der SPD-Kulturpolitikerin Monika Griefahn sollte ein Zusammengehen der beiden Stiftungen «nicht um jeden Preis» angestrebt werden. «Die Verhandlungen dazu müssen ergebnisoffen geführt werden», sagte sie. Durch die derzeitige Föderalismus-Debatte werde eine Fusion eher komplizierter. «Wir wollen auf keinen Fall, dass die Hauptaufgabe der Bundeskulturstiftung, die Förderung der zeitgenössischen Kunst, heruntergefahren wird», betonte sie. Beide Stiftungen hätten sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt und es gebe heute weniger Überschneidungen in den Aufgaben beider Gremien.
Mit der Gründung der Kulturstiftung des Bundes 2002 hatte die Bundesregierung ein Instrument zur Förderung kultureller Projekte von nationaler und internationaler Bedeutung geschaffen. Den Schwerpunkt der Stiftung bildet die Förderung von innovativen Programmen, so zum Beispiel des zeitgenössischen Tanzes mit insgesamt 12,5 Millionen Euro, aber auch die Unterstützung besonderer Theaterprojekte oder das gemeinsame Projekt mit dem Goethe-Institut «Grenzen».
Häufig reicht die Förderung der Bundeskulturstiftung tief in die Zuständigkeit der Länder hinein. So unterstützt sie 2007 die alle zehn Jahre im nordrhein-westfälischen Münster stattfindende internationale Skulpturenausstellung. Darüber hinaus übernimmt sie 2006 einen Großteil der Finanzierung des Poesiefestivals Berlin.
Die Aufgabe der seit 1988 existierenden Kulturstiftung der Länder ist die Förderung und Bewahrung von Kunst und Kultur nationalen Ranges. Bedeutende Werke der Malerei, Grafik, Skulptur, Fotografie, des Kunstgewerbes sowie der Musik und Literatur können mit ihrer Hilfe für Museen, Archive und Bibliotheken in Deutschland erworben werden.
Der Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses, Hans-Joachim Otto (FDP), will die Hoffnung nicht aufgeben, dass eine vernünftige Fusion zu Stande kommt. «Aber sie ist wirklich nur sinnvoll, wenn tatsächlich ein Mehrwert entsteht», betonte er. Mittelfristig sei es wichtig, dass die Länder ihren Anteil an der Stiftung auf das Niveau des Bundes erhöhten. Nachdem sie von 2001 bis 2004 rund 250 Millionen Euro weniger für Kultur ausgegeben hätten, sei diese Erhöhung nötig. «Zudem erwarte ich nicht mehr, sondern weniger Bürokratie, wenn zwei Einrichtungen zusammengehen und Synergieeffekte nutzen können», sagte Otto. Auch er sprach sich für den Sitz der Doppelstiftung in Halle aus.
Angelika Rausch
Böhmer wirbt für Halle als Sitz der Kulturstiftung
Halle (ddp-lsa). In der Debatte um den künftigen Standort der Bundeskulturstiftung hat sich Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) mit einem Brief an seine Amtskollegen gewandt. Darin wirbt er für Halle als Sitz einer möglichen gemeinsamen Kulturstiftung des Bundes und der Länder, wie die Staatskanzlei am Freitag mitteilte. Das Thema «Gemeinsame Kulturstiftung» steht auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag in Berlin. Die vorliegende Konzeption sehe eine Zusammenführung der bisherigen Kulturstiftungen des Bundes und der Länder vor.
Böhmer schreibt, mit der Entscheidung für Halle als Sitz der Kulturstiftung des Bundes sei der großartigen kulturellen Tradition Mitteldeutschlands Rechnung getragen worden. Zugleich sei ein Signal gesetzt worden für ein länderübergreifendes Engagement, das den kulturellen Leuchttürmen in den neuen Ländern zugute komme und sie in besonderer Weise als herausragenden Teil des nationalen Erbes herausstelle.
Die 2002 gegründete Kulturstiftung des Bundes fördert Kunst und Kultur im Rahmen der Zuständigkeit des Bundes. Die Kulturstiftung der Länder in Berlin nahm 1988 ihre Arbeit auf. Ihre Aufgabe ist die Förderung von Kunst und Kultur nationalen Ranges.
Der Deutsche Kulturrat hatte sich am Donnerstag überraschend gegen eine Fusion der Kulturstiftungen des Bundes und der Länder ausgesprochen.
s. auch:
http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid…