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«Grätsche» aus der Politik - Museen kritisieren politische Einflussnahme - Deutscher Museumsbund tagt in Berlin
Berlin (ddp). Die Museen in Deutschland beklagen eine zunehmende politische Einflussnahme auf ihre Arbeit. Bis jetzt sei es darum gegangen, wie die Mittel verdient und verteilt werden, sagte der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Martin Roth, am Montag in Berlin. Nun «grätsche» die Politik gleichzeitig mit Maßnahmen hinein, die das selbstständige Arbeiten immer mehr einschränkten. «Die Museen brauchen aber eine gewisse Autarkie, um vernünftig arbeiten zu können», forderte er.In Hessen gebe es zum Beispiel «vollkommen antiliberale Eingriffe in die Kulturautonomie», kritisierte Roth. Dort sollen die kulturellen Schätze der Museen den Angaben zufolge geschätzt und als Guthaben aufgelistet werden. Auch Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) nannte die hessischen Pläne eine «Bedrohung». Hierdurch würden Begehrlichkeiten geweckt, angesichts von Geldknappheit einfach Exponate zu verkaufen.
Zugleich appellierte Weiss an die Museen, aktiver auf die Schwierigkeiten zu reagieren. «Mit Jammern ist es nicht getan», mahnte sie. Jedes Museum brauche eine eigene Problemlösung, die aber im Haus selbst erfolgen müsse.
Roth erwiderte, die Museen seien über die «Jammer-Phase» hinaus. «Mittlerweile ist es soweit, dass Museen schließen müssen, wie das Stadtmuseum in Weimar», betonte er. «Meine Sorge ist, dass die Einsparungen auf brachiale Art umgesetzt werden und nicht auf strukturelle Eigenarten Rücksicht genommen wird.» Er fordere von der Politik keine Fünf-Jahrespläne, fügte Roth hinzu. Die Museen - die im vergangenen Jahr mit über 100 Millionen Besuchen einen neuen Rekord verzeichneten - bräuchten aber langfristige Perspektiven.
Der Museumsbund hält noch bis Mittwoch seine Jahrestagung in Berlin ab. Im Mittelpunkt steht das Thema «Die schöne Hülle - Museumsarchitektur: Schatzhaus, Markenzeichen oder offenes Forum». Roth betonte, es gehe darum, über die «Halbwertzeit» von Museumsarchitektur nachzudenken. «Viele Museen wurden unglaublich hoch gelobt - und nach kurzer Zeit war die Begeisterung auch schon wieder vorbei», fügte er hinzu. Eine Reihe vom Häusern habe eine «schöne Hülle», aber die Sammlungen passten nicht dazu oder die normale Museumsarbeit werde vernachlässigt. Roth, der seit acht Jahren Präsident des Museumsbundes ist, kündigte zugleich an, sich nicht noch einmal zur Wahl zu stellen.