Body
Interessenverband Deutscher Schauspieler: Schauspieler sind Überlebenskünstler - Vielen Darstellern gehen die Rollen aus - Zahl der Vermittlungen rückläufig
Berlin (ddp). Schauspieler müssen immer öfter in die Rolle des Überlebenskünstlers schlüpfen. Wer nicht zu den großen Stars zählt, dem geht zunehmend die Arbeit aus. «Es wird immer schwieriger für Schauspieler», sagt Helene Freund vom Interessenverband Deutscher Schauspieler (IDS) in München. Vor allem beim Fernsehen gebe es immer weniger Rollen. «Wer früher 20 Drehtage pro Jahr hatte, hat jetzt vielleicht nur noch fünf», betont Freund.Laut der Expertin werden zum Beispiel in Serien kleinere Rollen gestrichen oder durch Komparsen ersetzt. Dies sei eine schleichende Entwicklung, die vor rund fünf Jahren begonnen habe. Auch die Gagen für Schauspieler würden immer niedriger. Am Theater gebe es häufig statt Jahres- nur noch Stückverträge. Um zu überleben, müssten sich viele einen Zweitjob zulegen - stünden dann jedoch nicht mehr spontan für ein neues Rollenangebot zur Verfügung.
Freund sieht mit Blick auf die Rollensituation keine Besserung in Sicht: Schließlich könne kein Produzent oder Fernsehsender dazu gezwungen werden, mehr Schauspieler zu engagieren. «Wir können eigentlich nur jammern», sagt sie.
Michael Kerwer von der Zentralen Bühnen-, Film- und Fernsehvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZBF) in Köln macht einen Rückgang der Fiction-Produktionen bei den TV-Sendern für die fehlenden Jobs für Schauspieler verantwortlich. Statt Fernsehfilmen oder Serien gebe es immer mehr Formate wie Talkshows, Quizsendungen und Reality-Soaps. Dadurch sei die Zahl der Rollen «erheblich» gesunken, sagt Kerwer.
Konkrete Angaben liegen der ZBF indes nicht vor. Inoffiziell kursiert in der Branche die Zahl von 30 Prozent. Die Zahl der Rollen-Vermittlungen geht dagegen nachweislich zurück: von 3894 im Jahr 2003 auf 3664 in 2004. «Ich glaube nicht, dass es in absehbarer Zeit besser wird», betont der Leiter der Film- und Fernsehvermittlung. Im Fernsehen werde es vor allem für Frauen über 35 Jahren schwierig. Junge Leute seien dagegen immer gefragt. Langfristig gebe es jedoch mehr Chancen für ausgebildete Schauspieler als für Quereinsteiger.
Besser sieht es offenbar für Nachwuchsschauspieler am Theater aus. Laut der Berliner Schauspielschule «Ernst Busch» bekommen rund 90 Prozent der Absolventen nach ihrer Ausbildung ein Engagement am Theater. Das Theater habe Standardwerke, die immer wieder aufgeführt würden und immer wieder besetzt werden müssten, hieß es. Pro Jahr gehen an der Schauspielschule rund 1000 Bewerbungen ein. 22 bis 26 junge Leute davon werden angenommen. Zwei Drittel davon sind Männer - «weil Frauenrollen immer eher schlecht dran sind».
Nadine Emmerich