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Weimar (ddp) - Das Kunstfest Weimar ist mit einem Eklat gestartet. Festredner Hermann Schäfer, stellvertretender Bundesbeauftragter für Kultur und Medien, verfehlte bei seinem Vortrag das Thema - und wird vom Publikum gestoppt.
Das Publikum hinderte Schäfer mit Buhrufen und lautem Klatschen am Weiterreden, sagte Geschäftsführerin Franziska Castell. Schäfer habe über Flucht und Vertreibung von Deutschen nach Mai 1945 gesprochen, was mit dem Thema des Auftaktkonzerts "Gedächtnis Buchenwald" überhaupt nicht zusammenpasse, betonte Castell. «Diese Rede war ein Eklat, und zwar zu Recht», sagte sie. Das Publikum habe dann mit Buhrufen reagiert und Schäfer mit lautem Klatschen am Weiterreden gehindert.Im Rundfunksender MDR 1 Radio Thüringen verteidigte sich Schäfer am Samstag, er sei in einem Brief von Kunstfestchefin Nike Wagner im März ausdrücklich darum gebeten worden, zur Eröffnung über das Thema Flucht und Vertreibung zu reden. Castell entgegnete, da habe Schäfer den Brief nicht richtig gelesen. Das Schreiben liege ihr selbst vor und diese Aufforderung komme nicht vor. Man hätte zwar über das Thema reden können, dann aber zum Beispiel unter dem Aspekt «Flucht und Vertreibung von Juden in Europa». «Herr Schäfer hat den Brief wohl missverstanden», resümierte Castell.
Es sei "bedauerlich und unverständlich", dass Schäfer ausschließlich über Flucht und Vertreibung der Deutschen gesprochen habe und mit keinem Wort auf die Opfer des KZ Buchenwald eingegangen sei, sagte Intendantin Nike Wagner. Schäfer habe das Thema "auf grausame Weise verfehlt". "Er kann hier nicht sprechen, als sei er bei einer Veranstaltung von Vertriebenenverbänden", sagte Wagner.
Der Zeithistoriker Schäfer ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Stiftung "Zentrum gegen Vertreibungen" vom Bund der Vertriebenen und Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Er hatte sich mit einer Ausstellung über das Thema Flucht und Vertreibung einen Namen gemacht. Seit Februar leitet der die Abteilung Kultur und Medien bei Kulturstaatsminister Bernd Neumann.
Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Volkhard Knigge, bezeichnete Schäfers Rede im MDR als «Zumutung». Ihm sei nicht klar, wie man an einem so klaren Thema vorbeireden könne.
Das Weimarer Kunstfest wartet unter dem Motto «Schlaflos - Frage und Antwort» bis zum 17. September mit 42 Veranstaltungen auf, für die insgesamt 15 000 Tickets zur Verfügung stehen. Das Spektrum reicht von Konzerten über Ausstellungen, Theater und Tanz bis hin zu Lesungen, Gesprächen, Filmen und Wanderungen.