Hauptrubrik
Banner Full-Size

Wolf-Preis: Empörung nach Barenboim-Kritik an Israel

Publikationsdatum
Body

Mit Kritik an der israelischen Besatzungspolitik hat der Musiker Daniel Barenboim (61) bei einer Preisverleihung in Jerusalem für großes Aufsehen gesorgt. Der israelische Staatspräsident Mosche Katzav sagte nach der Übergabe des Wolf-Preises an Barenboim, dieser habe "eine Verurteilung verdient".

Der Generalmusikdirektor der Deutschen Staatsoper Berlin hatte während seiner Ansprache im Parlament gestern gesagt, "die Besatzung und Kontrolle eines anderen Volkes" widerspreche dem von den Gründervätern angestrebten Ideal Israels. Davor dürfe man nicht die Augen verschließen.

Der Dirigent kündigte an, sein Preisgeld von 50.000 Dollar (42.200 Euro) für Musikerziehung in Israel und den Palästinensergebieten stiften zu wollen. Die israelische Erziehungsministerin Limor Liwnat, zugleich Vorsitzende der Wolf-Stiftung, habe nach Barenboims Ansprache "vor Wut gekocht", schrieb die auflagenstärkste israelische Zeitung "Jediot Achronot" (Montag-Ausgabe).

Katzav betonte, Barenboim verdiene eine Verurteilung nicht nur wegen der "unpassenden" Ansprache, sondern auch dafür, dass er sich nicht bei Holocaust-Überlebenden für eine frühere Aufführung von Wagner-Musik entschuldigt habe. Vor knapp drei Jahren hatte der Dirigent und Pianist in Israel mit der Präsentation von Werken des deutschen Komponisten Richard Wagner für Empörung gesorgt. Öffentliche Konzerte mit der Musik Wagners, der als Antisemit galt und von den Nazis vereinnahmt wurde, sind in Israel ein Tabu.

Ein Mitglied der Wolf-Jury, Professor Menachem Alexenberg, hielt während der Preisverleihung als Protest gegen Barenboim ein Schild mit der Aufschrift "Musik macht frei" hoch. Der geschwungene Schriftzug sollte an das Motto "Arbeit macht frei" über dem Eingangstor des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau erinnern.

Der in Argentinien geborene und in Israel aufgewachsene Barenboim war gestern in Jerusalem für Verdienste um Völkerverständigung und Freiheit mit dem Wolf-Preis geehrt worden. Er erhielt die Auszeichnung zusammen mit dem russischen Cellisten und Dirigenten Mstislaw Rostropowitsch.

Quelle: orf