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Zehn Millionen weg - Thüringen schreddert Theater und Orchester

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»Sparprogramm« als Kahlschlag: Weniger Inszenierungen mit mehr Aufführungen - Kultusminister legt drastische Sparliste für Thüringer Theater und Orchester vor - Etat soll um zehn Millionen Euro gekürzt werden:

Erfurt (ddp-lth). Theater und Orchester in Thüringen stehen vor drastischen Veränderungen. Das Land werde seine jährlichen Zuschüsse bis 2009 um über 10 Millionen Euro auf 50 Millionen Euro reduzieren, sagte Kultusminister Jens Goebel (CDU) am Donnerstag in Erfurt.

Während das Land die Theater in Erfurt und Weimar erneut zu einer Zusammenarbeit drängen wolle, könnten die Theater in Meiningen und Altenburg-Gera sowie die Jenaer Philharmonie und die Vogtland-Philharmonie mit einer Förderung in etwa derzeitiger Höhe rechnen. Den Häusern in Eisenach, Rudolstadt und Nordhausen sowie dem Loh-Orchester in Sondershausen drohten hingegen drastische Kürzungen.

Die Thüringen-Philharmonie Gotha-Suhl muss ab 2009 ohne Zuschüsse auskommen.

Goebel wollte seine Pläne am Abend bei einem Treffen mit Bürgermeistern und Landräten der betroffenen Kommunen bekannt geben.
Bei Theatern und Orchestern müsse es wegen der Finanznot strukturelle Veränderungen geben. Das Limit für Rationalisierungen und freiwillige Tarifabsenkungen sei in den Häusern erreicht. Ziel sei, an allen Standorten ein «entsprechendes Theater- und Konzert-Angebot» zu ermöglichen und insgesamt die bisherige künstlerische Qualität nicht in Frage zu stellen, betonte Goebel. Es solle an den Thüringer Theatern weniger Inszenierungen mit mehr Aufführungen geben.

Goebel betonte, dass er in diesem Zusammenhang auf eine Einigung mit den Kommunen bis zum Jahresende hoffe. Die Entscheidungen lägen jeweils bei den Kommunen als Träger der Einrichtungen. Alle Finanzierungszusagen des Landes setzten voraus, dass die Kommunen ihre Zuwendungen maximal in gleicher Proportion absenken würden wie das Land. Die neuen Theater-Verträge sollten eine Laufzeit von drei bis fünf Jahren haben. «Der Prozess soll so beschädigungslos und zügig wie möglich ablaufen», betonte Goebel. Bei Entlassungen werde sich das Land mit Millionenbeträgen an den fälligen Abfindungen beteiligen.

Den Plänen zufolge sollen die Theater in Erfurt und Weimar künftig zusammen 20 Millionen Euro erhalten, rund 2,3 Millionen weniger als 2008. Beide Häuser müssten zu einer Zusammenarbeit finden, da auf Dauer zwei Musik-Produktionsstandorte in Mittelthüringen nicht mehr zu halten seien. Denkbar sei alles, von einer Kooperation über eine Fusion bis hin zu einem Staatstheater Erfurt-Weimar. Versuche einer Zusammenlegung beider Häuser waren bislang stets gescheitert. Erfurt hatte Anfang des Jahrzehnts drei seiner fünf Sparten geschlossen, während die Weimarer Theaterleute mit einem Haustarif-Vertrag ihre Kosten reduzierten.

Das Meiniger Theater, neben Weimar das zweite Haus mit überregionalem Ruf, soll künftig 10,5 Millionen Euro erhalten, 420 000 Euro weniger als bislang. Das bereits fusionierte Theater Altenburg-Gera kann den Plänen zufolge mit 9,3 Millionen Euro rechnen, 415 000 Euro weniger. Auch der Jenaer Philharmonie billigt Goebel große Bedeutung zu, weshalb der Klangkörper mit 1,3 Millionen Euro Förderung nur etwa 200 000 Euro einbüßen solle. Mit künftig 750 000 Euro sollten die Zuschüsse für die Vogtland-Philharmonie sogar um 60 000 Euro steigen.

Keine existenzerhaltende Förderung wird künftig dem Nordhäuser Theater zur Verfügung stehen, dessen Zuschuss von 4,9 Millionen Euro auf 1,5 Millionen Euro gekürzt werden soll. Mit der gleichen Summe müssen künftig auch die Bühnen in Eisenach und Rudolstadt auskommen, die bislang 4,2 und 3,1 Millionen Euro erhielten. Die Thüringen-Philharmonie muss völlig ohne die bisherige Förderung in Höhe von 1,8 Millionen Euro rechnen.

Der Intendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar (DNT), Stephan Märki, reagierte gelassen auf die Pläne: «Das ist ein überraschend mutiger Vorstoß des Landes». Die geforderten Einsparungen seien allerdings weder durch eine Kooperation noch durch eine Fusion von DNT und Theater Erfurt zu erreichen. Alles laufe darauf hinaus, dass ein Theater durch das andere bespielt werde. «Wir haben allerdings unsere Hausaufgaben gemacht», betonte Märki.

Der Intendant der Thüringen-Philharmonie Gotha-Suhl, Hermann Breuer, zeigte sich dagegen bestürzt: «Das ist ein Kahlschlag, damit stellt sich für uns die Frage der Existenz.» Die derzeit 77 Musiker müssten auf ein Kammerorchester reduziert werden, sagte er. «Darauf waren wir überhaupt nicht vorbereitet», sagte der Intendant des Theaters Nordhausen, Lars Tietje. Den Plänen zufolge könne es keinesfalls weiter gehen wie bisher.