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Das Kulturjahr 2006 in NRW

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Durchmarsch des Reviers +++ Kulturjahr stand im Zeichen der Bewerbung Essens um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt 2010 +++ Wichtige Daten

Düsseldorf (ddp-nrw). 2006 war das Jahr des großen Durchbruchs für das Ruhrgebiet. Die Idee, sich um den Titel der europäischen Kulturhauptstadt 2010 zu bewerben, war anfangs von manchen Konkurrenten belächelt worden. Doch am Ende hatte die bevölkerungsreichste Ballungsregion Deutschlands die Nase vorn.

Das Bewerbungsteam um den Essener Kulturdezernenten Oliver Scheytt überzeugte mit seinem Programm «Kultur durch Wandel - Wandel durch Kultur» sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene. Am 11. April kürte die Experten-Jury im Finale Essen zum Gewinner. Dem sächsischen Görlitz blieb nur der zweite Platz. Am 13. November folgte der EU-Ministerrat der Juryentscheidung und ernannte die Region offiziell zum Titelträger.

Doch auch mit aktuellen Kulturveranstaltungen konnte das bevölkerungsreichste Bundesland in diesem Jahr glänzen. So zeigte das Essener Folkwang-Museum ab Mitte Mai eine große Caspar-David-Friedrich-Ausstellung. Im Juli öffnete die Bonner Bundeskunsthalle ihre Schau zu wichtigen Werken der Moderne aus der Sammlung der Guggenheim-Foundation, bisher kamen bereits mehr als 600 000 Besucher.

Auch in Düsseldorf gab es wichtige Ausstellungen. Dazu gehören die im September gestartete erste große deutsche Schau zu dem frühbarocken italienischen Maler Caravaggio und eine Exposition zu Werken des englischen Malers Francis Bacon.

Zur vermutlich «größten Deutschstunde» kamen Mitte März 15 000 Besucher in die Kölnarena. Der «Spiegel»-Journalist und Autor des Buches «Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod», Bastian Sick, führte die Zuschauer in die Feinheiten der deutschen Sprache ein. Die Nachhilfestunde fand im Rahmen des Literaturfestivals lit.cologne statt.

Doch auch an Skandalen und Skandälchen fehlte es im zu Ende gehenden Jahr nicht. So sorgte im Sommer die Vergabe des Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf an den österreichischen Autor Peter Handke, der wegen seiner Unterstützung für den früheren serbischen Diktator Slobodan Milosevic umstritten ist, für Zündstoff. Nachdem der Stadtrat ankündigte, die Entscheidung der Jury kippen zu wollen, verzichtete Handke Anfang Juni selbst auf den Preis. Die Auszeichnung wurde deshalb in diesem Jahr nicht vergeben.

Für Aufregung sorgte auch die Schauspielerin Veronica Ferres. Eigentlich für die Titelrolle in dem Stück «Courasche oder Gott lass nach» bei der RuhrTriennale vorgesehen, sagte die in Solingen geborene Darstellerin einige Wochen vor dem Start des Festivals ab. Ihr behagte die grobe Sprache der Darstellerin der Inszenierung nicht. Das Stück wurde daraufhin auf das kommende Jahr verschoben, eine Darstellerin wird noch gesucht.

Auch von kriminelle Machenschaften blieb die Kulturszene nicht verschont. So stahlen Anfang November bislang Unbekannte von der Art Cologne in Köln zwei Kunstwerke im Wert von rund 300 000 Euro.

Michael Bosse


Wichtige Daten
12. Januar: Die Stadt Essen übergibt ihre Bewerbung um den Titel «Kulturhauptstadt Europas 2010» bei der Europäischen Kommission in Brüssel. Einziger Konkurrent ist die sächsische Stadt Görlitz.

19. Januar: Die Journalistin und Autorin Carola Stern stirbt.

21. Januar: In Düsseldorf eröffnet eine Ausstellung zu Joseph Beuys, die anlässlich des 20. Todestages Einblicke in das umfangreiche Schaffen des Künstlers gibt.

24. Januar: Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki wird für sein Wirken mit dem Staatspreis NRW 2005 ausgezeichnet.

17. Februar: Die Autorin und Journalistin Alice Schwarzer erhält die Ehrengabe der Heinrich-Heine-Gesellschaft.

20. Februar: Der französische Chansonsänger Charles Aznavour gibt sein Abschiedskonzert in der Philharmonie Essen.

24. Februar: Der Aufsichtsrat der Kultur Ruhr GmbH wählt die Schauspieldirektorin der Wiener Festwochen, Marie Zimmermann, zur Intendantin der RuhrTriennale 2008 bis 2010.

13. März: Knapp 15 000 Zuschauer finden sich in der Kölnarena zur «größten Deutschstunde der Welt» ein.

14. März: Die Stadt Düsseldorf setzt eine Lesung des Krimi-Autors Horst Eckert in der städtischen Zentralbibliothek ab, weil dieser eine Geschichte um Durchstechereien in der Stadtverwaltung geschrieben hatte.

18. März: Das Kölner Museum Ludwig präsentiert anlässlich seines 30-jährigen Bestehens eine Ausstellung rund um Salvador Dalis Gemälde «La Gare de Perpignan».

22. März: Die seit Jahren geplante Erweiterung der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen (K20) in Düsseldorf wird vom Land beschlossen.

11. April: Eine Jury der EU kürt Essen und das Ruhrgebiet zur europäischen Kulturhauptstadt 2010.

21. April: Eine Ausstellung zeigt die 1000 «Trash People» des Künstlers HA Schult vor dem Kölner Dom.

21. April: Die Bonner Bundeskunsthalle präsentiert Grabfunde und Tempelschätze aus Chinas alter Hauptstadt Xi\'an.

1. Mai: Mit einem großen Kulturvolksfest eröffnen die 60. Ruhrfestspiele Recklinghausen. Intendant Frank Hoffmann hat 52 Produktionen mit etwa 250 Aufführungen in das rund sechswöchige Programm aufgenommen.

4. Mai: In Oberhausen werden die 52. Internationalen Kurzfilmtage eröffnet. 136 Beiträge aus 48 Ländern sind in den Wettbewerben zu sehen.

12. Mai: Erstmals seit über 30 Jahren ist in Deutschland wieder eine große Retrospektive des Künstlers Caspar David Friedrich (1774-1840) im Essener Folkwang-Museum zu sehen.

17. Mai: Im Streit um die lange Zeit verschollene Vivaldi-Oper «Motezuma» weist das Düsseldorfer Landgericht eine Klage der Berliner Singakademie zurück.

30. Mai: Im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne wird die nach Veranstalterangaben größte deutsche Ausstellung über die Auswirkung des Klimas auf die Evolution eröffnet.

2. Juni: Der Mülheimer Dramatikerpreis geht in diesem Jahr an den Theaterregisseur René Pollesch. Der 43-Jährige erhält die Auszeichnung für das Stück «Cappuccetto Rosso» (Rotkäppchen).

8. Juni: Der österreichische Schriftsteller Peter Handke verzichtet wegen des anhaltenden Streits über die Jury-Entscheidung und der Kritik an seinem pro-serbischen Engagement auf den diesjährigen Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf.

21. Juli: Bundespräsident Horst Köhler eröffnet in Paderborn die «Canossa»-Ausstellung. Drei Museen zeigen mehr als 700 Exponaten aus der Zeit des 11. und 12. Jahrhunderts.

21. Juli: Die Bonner Bundeskunsthalle eröffnet eine Ausstellung zu Arbeiten aus der Sammlung der Guggenheim-Foundation. Rund 200 Hauptwerke sind zu sehen.

23. Juli: Schauspielerin Veronica Ferres sagt ihre Titelrolle für das Stück «Courasche oder Gott lass nach» bei der RuhrTriennale ab. Nach ihren Angaben entspricht die Figur nicht ihren Vorstellungen.

19. August: Mit einem Familienfest startet die RuhrTriennale. Im Mittelpunkt der zweiten Saison unter der Intendanz von Jürgen Flimm steht das Thema «Der Mensch im Barock».

19. August: Unter dem Titel «Tibet - Klöster öffnen ihre Schatzkammern» zeigt die Kulturstiftung Ruhr in Essen rund 150 Kunstwerke aus tibetischen Klöstern.

25. August: In der Essener Zeche Zollverein beginnt die internationale Designausstellung «Entry2006». In der Ausstellung werden mehr als 300 Exponate aus 20 Ländern gezeigt.

9. September: Im Düsseldorfer museum kunst palast ist die erste deutsche Caravaggio-Ausstellung zu sehen. Insgesamt 37 Arbeiten des für seine Licht- und Schattensetzung berühmten frühbarocken Künstlers werden gezeigt.

12. September: Ein Großbrand zerstört das Requisitenlager des Bochumer Schauspielhauses. Dennoch kann das Theater wie geplant die Spielzeit eröffnen.

16. September: Unter dem Motto «Die Gewalt des Faktischen» präsentiert die Kunstsammlung K20 in Düsseldorf 64 Werke des englischen Malers Francis Bacon.

16. September: Das größte europäische Krimifestival «Mord am Hellweg» geht in seine dritte Runde. Rund 100 Krimi-Autoren lesen etwa neun Wochen lang in der Region.

14. Oktober: Fernsehtalkmaster Alfred Biolek zeigt im Kölner Schauspielhaus erstmals sein Stück «Mein Theater mit dem Fernsehen».

25. Oktober: Im Paderborner Heinz Nixdorf MuseumsForum beginnt die Sonderausstellung «Computer.Medizin». Die Schau bietet anhand von über 100 Exponaten einen Überblick über die Bedeutung und den Einsatz computergestützter Technologien in der modernen Medizin.

2. November: Das Gemälde «Parlamentsgebäude in London» des französischen Impressionisten Claude Monet bleibt in Krefeld. Der Rat der Stadt beschließt mit einer Gegenstimme, die heftig umstrittenen Pläne zum Verkauf des Bildes aufzugeben.

5. November: Unbekannte stehlen während der Art Cologne in Köln zwei Kunstwerke im Wert von rund 300 000 Euro.

7. November: Der Philosoph und Sozialwissenschaftler Jürgen Habermas wird mit dem Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen 2006 ausgezeichnet.

11. November: Ingo Schulze erhält den Peter-Weiss-Preis der Stadt Bochum.

13. November: Der EU-Ministerrat ernennt die Stadt Essen und das Ruhrgebiet offiziell zur Europäischen Kulturhauptstadt 2010.

17. November: Der Krimiautor Jörg Juretzka erhält den diesjährigen Literaturpreis Ruhr.

24. November: Im Essener Aalto Theater wird erstmals der Deutsche Theaterpreis «Der Faust» vergeben. Die Auszeichnung für sein Lebenswerk erhält der Autor und Regisseur George Tabori.