Body
Berlin: Rechercheergebnisse zu NS-Raubkunst erstmals im Internet +++ Berlin: Stiftungs-Präsident hofft noch auf Beutekunst-Einigung mit Russland +++ Berlin: Elfenbeingruppe kehrt nach über 60 Jahren zurück
Berlin: Rechercheergebnisse zu NS-Raubkunst erstmals im Internet
Berlin (ddp). Rechercheergebnisse zu möglicherweise im Dritten Reich von den Nazis geraubten Kunstwerken sind seit Mittwoch im Internet einsehbar. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV, http://provenienz.badv.bund.de ) veröffentlicht nach eigenen Angaben erstmals seine Kenntnisse zur Herkunft dieser Kunst- und Kulturgüter. Damit solle die Ernsthaftigkeit der deutschen Bemühungen mit Blick auf die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts verdeutlicht werden. Zunächst sind 100 Objekte unter badv.bund.de und provenienz.badv.bund.de einsehbar.
Die Kunstwerke werden den Angaben zufolge derzeit größtenteils als Leihgaben in Museen ausgestellt. Dazu zählen zum Beispiel Werke aus der Sammlung für das ursprünglich von Adolf Hitler geplante «Führermuseum» in Linz.
Seit Beginn der Recherchen zur Provenienz des bundeseigenen Kunstbestandes wurden von rund 2300 Kunstwerken aus ehemaligem Reichsbesitz etwa 500 Gemälde, Aquarelle und Skulpturen auf ihre Herkunft überprüft. Bislang wurden 36 der recherchierten Werke zurückgegeben beziehungsweise stehen kurz vor der Rückgabe.
Berlin: Stiftungs-Präsident hofft noch auf Beutekunst-Einigung mit Russland
Berlin (ddp-bln). In der Beutekunst-Debatte mit Russland hegt der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, noch Hoffnung. «Da ist die Tür noch nicht zugeschlagen», sagte Lehmann am Dienstag der Nachrichtenagentur ddp in Berlin. Auch die Bundesregierung bemühe sich weiter um einen Dialog. Allerdings betreffe dies Einzelfallentscheidungen.
Lehmann verwies zugleich auf die Arbeit der Initiative Deutsch-Russischer Museumsdialog, die ihre Zusammenarbeit mit Moskau weiter ausgebaut habe. Die Gruppe arbeite aktiv zusammen und bemühe sich um Aufklärung.
Zuvor hatte Lehmann bereits betont, dass die Stiftung mit Publikationen auch der russischen Öffentlichkeit deutlich machen wolle, dass die kulturellen Verluste eines Landes nicht durch den Diebstahl von Kunst eines anderen Landes kompensiert werden könnten. Mit den Recherchen bewege sich die Initiative nun «im Vorhof der Politik».
Laut Lehmann bereitet die Gruppe die Verhandlungen zwischen beiden Ländern intensiv vor, die dann von der Politik geführt werden müssten. Bis heute lege sich bei Treffen mit russischen Fachleuten das Thema Beutekunst «wie Mehltau" auf die Gespräche. Die Geheimhaltung von Kunstwerken in russischen Archiven dürfte nach den Friedens- und Nachbarschaftsverträgen heute eigentlich nicht mehr Gegenstand von Verhandlungen sein, kritisierte Lehmann.
2005 hatten sich deutsche Museen zu der Initiative Deutsch-Russischer Museumsdialog zusammengeschlossen, um auf fachlicher Ebene den Kontakt zwischen beiden Ländern zu fördern. Laut internationalem Völkerrecht ist die Beschlagnahmung von Gütern aus einem besiegten Land nicht erlaubt. Damit würde die in Russland lagernde Beutekunst Deutschland gehören. Das russische Parlament erklärte die Kunstwerke jedoch per Gesetz zum nationalen Eigentum.
Berlin: Elfenbeingruppe kehrt nach über 60 Jahren zurück
Berlin (ddp-bln). Die Elfenbeingruppe «Herkules und Omphale» des Barockbildhauers Balthasar Permoser (1651-1732) ist nach ihrem Verlust im Zweiten Weltkrieg wieder nach Berlin zurückgekehrt. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz stellte die 22 Zentimeter hohe Skulptur am Dienstag der Öffentlichkeit vor. Die Plastik war durch Vermittlung des Auktionshauses Sotheby\'s in New York 2006 wieder in den Bestand des Berliner Kunstgewerbemuseums gelangt.
Die Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, bewertete die Rückgabe als Beispiel der guten Zusammenarbeit mit den großen Auktionshäusern. Diese gäben Werke mit zweifelhafter Herkunft mittlerweile nicht in Auktionen, sondern nähmen zunächst Kontakt mit den Museen auf.
Die um 1700 entstandene Skulptur «Herkules und Omphale» war 1873 in die Berliner Kunstkammer gelangt und zwei Jahre später ins Kunstgewerbemuseum übergegangen. 1943 wurde es mit anderen Kunstwerken zunächst nach Schloss Oegeln bei Beeskow in Brandenburg ausgelagert und im März 1945 auf einen Transport ins hessische Melsungen geschickt. Später soll die Plastik bei einer kleineren Auktion in Kalifornien versteigert worden sein.
Von der Skulptur gibt es laut Museumsvize Lothar Lambacher fünf Parallelstücke, drei davon sind im Besitz des Grünen Gewölbes in Dresden, eine weitere befindet sich in der Eremitage in St. Petersburg.
Laut Lehmann gelten bundesweit noch rund 200 000 hochwertige Kunstobjekte als vermisst, die meisten davon aus dem Besitz der heutigen Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die vermissten Objekte listet die Stiftung in der Reihe «Dokumentation der Verluste» auf,die als Grundlage für Restitutionsansprüche gilt. 2008 sollen vier weitere Bände folgen.