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Das neue Stuttgarter Theaterhaus öffnet am Wochenende seine Türen +++ Hysterisches im neuen theater Halle +++ Endgültiges Aus für Leipziger «Literarischen Herbst» +++ Augsburger Schauspieleraufstand mit Festival besänftigt +++ Auszeichnungen für Nooteboom und Lenz
Das neue Stuttgarter Theaterhaus öffnet am Wochenende seine Türen
Stuttgart (ddp-bwb). Ganz ungetrübt ist die Vorfreude nicht, mit der Werner Schretzmeier der für Samstag terminierten Eröffnung des neuen Theaterhauses am Stuttgarter Pragsattel entgegensieht. Im Gegensatz zu Christine Fischer von «Musik der Jahrhunderte», die die ersten Projekte mit Neuer Musik kaum erwarten kann, sieht der künstlerische Leiter des Vereins Theaterhaus den Neubeginn eher nüchtern als «spannende Aufgabe». Der Umzug aus dem Stadtteil Wangen, wo Schretzmeier 1985 eine Fabrikhalle in einen bundesweit beachteten und vielseitig nutzbaren Theaterbau umgewandelt hatte, verlief zwar reibungslos. Ein ungelöstes Problem kann den Start allerdings noch eintrüben: Die Stadt Stuttgart habe dem Theaterhaus-Verein die angestrebte Mietfreiheit noch nicht zugesagt, beklagt Schretzmeier. Außerdem sei das neue Domizil derzeit nicht mehr als eine «interessante Hülle», die das kleine Team noch Schritt für Schritt bespielbar machen müsse.
Die ehemalige Rheinstahlhalle einschließlich eines früheren Verwaltungsgebäudes wurde in mehreren Jahren Bautätigkeit in einen Gebäudekomplex mit vier Veranstaltungsräumen, einem Sport- und Multifunktionsgelände sowie Räumen für Gastronomie, Künstler und hauseigenes Personal verwandelt. Dabei blieb der Charakter einer Kulturfabrik, der schon den Charme des Wangener Domizils ausgemacht hatte, erhalten. Schretzmeiers Konzept von «Kultur und Sport» soll auf dem Pragsattel ganz neue Perspektiven eröffnen, zumal mit dem «Haus der Jugendarbeit» ein dritter Nutzer das Projekt in soziokultureller Hinsicht abrundet.
Bei Planung und Ausführung haben sich die Verantwortlichen nicht mit Ruhm bekleckert. Kostensteigerungen, Fehlplanungen, Terminverzögerungen um mehrere Monate und schließlich der Beschluss, die als Bauträger auftretende Stiftung Theaterhaus aufzulösen, belasteten den Vorbereitungsprozess schwer. Werner Schretzmeier warnt denn auch vor «naiver Euphorie», zumal dem Verein für sein künstlerisches Programm im neuen, vergrößerten Domizil weniger Geld zur Verfügung stehe als noch vor zwei Jahren. Dem Aufbruch scheint der Schwung womöglich wegzubrechen.
Es verwundert nicht, dass Schretzmeier auf den letzten gepackten Koffern in Wangen etwas wehmütig wird. «Der Abschied geht mehr zu Herzen als erwartet», gesteht er und erinnert sich an «etliche große Momente» im nun leer gezogenen, alten Theaterhaus. Dass der Umzug aus dem etwas abgelegenen Wangener Gewerbegebiet auf den verkehrsumtosten Pragsattel das künstlerische Konzept beeinflusst, glaubt der Theatermacher indessen nicht. Die Frage, ob im neuen Haus die Gefahr besteht, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, weist er zurück: «Wir werden immer kämpfen müssen, da kann man gar nicht etabliert werden.»
Eine «Punktlandung für das Publikum» kündigt sein Team auf den Internetseiten des Theaterhauses an - am kommenden Samstag um 18.00 Uhr wird das Projekt aufsetzen. Der Eröffnungsabend umfasst mehrere Veranstaltungen, für die nur eine Eintrittskarte erforderlich ist. Musik der Jahrhunderte startet seine Aktivitäten am 2. April mit dem Crossover-Projekt «East AKA West. For Trance».
Jürgen Hartmann
http://www.theaterhaus.com mit Programm und Online-Bestellmöglichkeit; Telefonischer Kartenverkauf unter 0711/40 20 70.
Hysterisches im neuen theater Halle
Halle (ddp-lsa). Am neuen theater Halle hat heute das Stück «Hysterikon» von Ingrid Lausund Premiere. Die Hamburger Autorin legt darin die in jedem Menschen schlummernden Hysterien und Ängste offen, die durch Kleinigkeiten ausbrechen können. Im neuen theater stellt Regisseur Dietmar Hahnefeld das Stück in einen Supermarkt, dessen Reizüberflutung Einige nicht verkraften. Die Kaufhalle wird zum dramatischen Raum, in dem Konflikte eskalieren. Ihn habe das Haifischbecken gereizt, in dem sich alle befinden. Wo der Auffällige den Unscheinbaren fresse und offensichtlich nur der etwas gelte, der «etwas hat», sagte Rahnefeld.
Endgültiges Aus für Leipziger «Literarischen Herbst»
Leipzig (ddp-lsc). Der Leipziger «Literarische Herbst» wird endgültig zu den Akten gelegt. Wie die Sprecherin der Stadt, Kerstin Kirmes, am Mittwoch auf ddp-Anfrage sagte, hat es keinen Sinn, das Festival in diesem Jahr wegen knapper Kassen ausfallen zu lassen und es 2004 wieder auf die Beine stellen zu wollen. «Wir müssen uns bei der Kultur-Unterstützung auf einige wichtige Projekte konzentrieren», sagte sie.
Kulturdezernent Georg Girardet hatte zuvor mdr-online erklärt, es sei leider nicht gelungen, einen Sponsor für die diesjährige Veranstaltung zu finden. In der Stadtkasse fehlten knapp 35 000 Euro für das Lese-Festival, das im vergangenen November 39 Veranstaltungen organisiert hatte.
Schon damals hatte die schlechte finanzielle Lage das Festival getrübt und Girardet hatte angekündigt, dass es möglicherweise das letzte seiner Art sei. Das Fest stand damals unter dem Motto «Beziehungsweise: verwandt» und war von Elke Heidenreich eröffnet worden. Neben «Leipzig liest» während der Buchmesse im Frühjahr war der «Literarische Herbst» immer der zweite Lese-Höhepunkt der Stadt.
Augsburger Schauspieleraufstand mit Festival besänftigt
Augsburg (ddp-bay). Ein ungewöhnliches Theaterfestival ist das Ergebnis eines Schauspieleraufstands am Theater Augsburg. Das Ensemble hatte sich beklagt, dass es so gut wie keinen Einfluss auf das Programm habe, in irgendwelchen Stücken besetzt werde und irgendeinen Regisseur vor die Nase gesetzt bekomme, berichtete Oberspielleiter Holger Schulze am Mittwoch. In Folge dessen setzte er sich mit seinen Schauspielern zusammen, suchte Stücke zeitgenössischer Autoren heraus und verpflichtete dafür junge Regisseure, die noch wenig mit eigenen Produktionen hervortreten konnten.
Das Ergebnis heißt «Neue Akzente» und wird vom 13. bis 15. Juni sieben Stücke in überwiegend Ur- oder deutschsprachiger Erstaufführung präsentieren. Schulze freut sich besonders, dass das Stück «Fräulein Danzer» von Marius von Mayenburg erst nach dem Augsburger Festival an der Berliner Schaubühne aufgeführt wird. Eine weitere Uraufführung ist «Der Gutmensch» des namhaften jungen Autors Dominik Finkelde.
Das Festival wird Eventcharakter haben. An allen drei Tagen werden alle sieben Stücke aufgeführt, sodass man sich nacheinander das gesamte Programm ansehen kann. In und um das Theater wurden teilweise eigenwillige Aufführungsorte gewählt. «Das Chasarische Wörterbuch» von Milorad Pavic spielt in den Seitenfoyers, am Kassenhäuschen und im Treppenhaus - «überall, nur nicht auf der Bühne», sagte Theater-Sprecherin Sabine Busch. Die Monologe «Glückstexte» von Dea Loher sollen im Fahrstuhl zum Intendanzgebäude gesprochen werden. Das Stück «Kampf. Landschaft danach» von Carles Battle spielt im Theater-Lastwagen. Am Ende soll eine Party Theaterschaffende, darunter auch die Stückeschreiber, und Publikum zusammen führen.
Durch dieses Experiment will Schulze nach eigenen Worten Theaterstrukturen aufbrechen. Zielgruppe sind nach Aussage von Busch junge Leute, zum Beispiel Studenten. Es gebe aber auch ein junges Theaterpublikum, das von Stück zu Stück und von Festival zu Festival reise. 1000 Karten hat das Theater Augsburg zu vergeben.
Auszeichnungen für Nooteboom und Lenz
Hamburg (ddp-nrd). Die Schriftsteller Siegfried Lenz und Cees Nooteboom werden am Donnerstag in Hamburg für ihr Lebenswerk geehrt. Lenz erhält die Johann-Wolfgang-von-Goethe-Medaille in Gold, Nooteboom den Hansischen Goethe-Preis. Die Auszeichnungen der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S. werden den Autoren am Nachmittag feierlich im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses verliehen.
Der Hamburger Lenz wird nach Angaben der Stiftung für sein erzählerisches Gesamtwerk ausgezeichnet. Der 76-Jährige habe es als einer der großen deutschen Gegenwartsautoren verstanden, zeitgeschichtliche Themen spannend zu erzählen und einem breiten Publikum nahe zu bringen. Mit der undotierten Goethe-Medaille werden «außergewöhnliche, von übernationaler Gesinnung und humanitärem Bestreben getragene Leistungen von Persönlichkeiten oder Verdienste um die Erhaltung des europäischen Kulturerbes» geehrt.
Der 69-jährige Niederländer Nooteboom erhält den mit 25 000 Euro dotierten Hansischen Goethe-Preis für sein Lebenswerk, dessen «vielseitige Thematik von europäischem Geist durchdrungen» sei. Die Auszeichnung würdigt Persönlichkeiten, die sich durch «überragende völkerverbindende humanitäre Leistungen» im Geiste Goethes ausgezeichnet haben.