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Walter Benjamin Archiv kommt nach Berlin +++ Michael Moore empfiehlt «Volle Deckung Mr. Bush» - Neues Buch erscheint +++ Stanislaw Lem wird Ehrendoktor der Universität Bielefeld +++ Lesungen aus dem Nachlass von Thomas Brasch +++ Bundesanwalt klagt Kleists Dorfrichter Adam an
Walter Benjamin Archiv kommt nach Berlin
Berlin (ddp-bln). Die Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur will in Berlin das Walter Benjamin Archiv eröffnen. Im Herbst 2004 soll es als Teil der Stiftung Archiv der Akademie der Künste eigene Räume in der Luisenstraße 60 beziehen, teilte am Donnerstag die Berliner Akademie der Künste mit. Einen entsprechenden Kooperationsvertrag hätten die Hamburger Stiftung und die Berliner Akademie der Künste geschlossen.
Der Nachlass von Walter Benjamin lagerte bisher den Angaben zufolge in einem Archiv in Frankfurt am Main und soll im Laufe des kommenden Jahres nach Berlin überführt werden. Der Zugang zu den Beständen des Walter Benjamin Archivs sei für die Akademie der Künste eine «nachhaltige Bereicherung», hieß es. Das Archiv vereint drei Nachlassteile des Schriftstellers und Kritikers, der von den Nationalsozialisten vertrieben worden war.
Michael Moore empfiehlt «Volle Deckung Mr. Bush» - Neues Buch erscheint
München (ddp). Oscar-Preisträger Michael Moore («Bowling for Columbine») feuert erneut eine politische Breitseite auf US-Präsident George W. Bush ab. Am 14. November erscheint im Piper Verlag die deutschsprachige Ausgabe seines neuen Buchs «Volle Deckung Mr. Bush - Dude, where\'s my country». Darin meldet sich «der schärfste Kritiker des Mannes im Weißen Haus» aktuell zum Wahlkampf mit einer neuen Generalkritik an Bush und seiner Politik. Der US-Autor und Filmemacher landete bereits mit seinen Büchern «Stupid White Men» und «Querschüsse» Bestseller.
Stanislaw Lem wird Ehrendoktor der Universität Bielefeld
Bielefeld (ddp). Der polnische Schriftsteller Stanislaw Lem erhält am 13. November die Ehrendoktorwürde der Technischen Fakultät der Universität Bielefeld. Mit dem Preis werden Lems Verdienste um die Informatik gewürdigt, wie die Universität am Donnerstag mitteilte. Um dem 82-jährigen Lem eine längere Reise zu ersparen, findet die Verleihung im Rahmen eines Festakts an der Universität Krakau statt, die per Videokonferenz nach Bielefeld übertragen wird.
Als einer der bedeutendsten Science Fiction-Autoren überhaupt habe sich Lem schon früh mit Fragen auseinandergesetzt, die später zu Kernthemen der Informatik wurden. Dazu zählten die virtuelle Realität, künstliche Intelligenz, Robotik oder das Verhältnis Mensch-Maschine. Mit seinen Werken habe er generelle Denkanstöße für den Umgang mit Wissenschaft und Technik vermittelt, heißt es in der Begründung für die Auszeichnung weiter.
Lems Science-Fiction-Bücher werden in Millionenauflagen und mehr als 30 Sprachen veröffentlicht. Bekannt wurde er vor allem durch den Roman «Solaris», der mehrfach verfilmt wurde. Seit 1988 arbeitet Lem nicht mehr belletristisch, sondern widmet sich wissenschaftlichen Fragestellungen.
Lesungen aus dem Nachlass von Thomas Brasch
Berlin (ddp-bln). Zum zweiten Todestag von Thomas Brasch gibt eine Studentin der Kunsthochschule Weißensee (KHB) am Montag mit Genehmigung der Erben einen ersten Einblick in den Nachlass des Berliner Schriftstellers. Gleichzeitig wird an weiteren fünf Orten - Wien, München, Leipzig, Dresden und Bremen - aus den 13 000 Seiten des nachgelassenen Fragments «Mädchenmörder Brunke» gelesen, wie eine KHB-Sprecherin sagte. Die Lesungen werden - wie bei einer Liveschaltung im Fernsehen - über das Internet verbunden. Außerdem sollen sie mit einer Klanginstallation zusammengeführt werden.
In Berlin kann man also entweder um 20.30 Uhr zur öffentlichen Lesung mit der Studentin Anja Keyßelt ins Stadtbad Oderberger Straße in Prenzlauer Berg gehen oder per Internet unter www.maedchenmoerderbrunke.de die verschiedenen Lesungen verfolgen.
Keyßelts Absicht ist es, den jahrlangen Prozess des Entwerfens bei Thomas Brasch (1945-2001) zu verdeutlichen und eine Ouvertüre zu Braschs Gedankengebäude «Mädchenmörder Brunke» anzustimmen, wie es weiter heißt. Das Projekt ist ihre Diplomarbeit im Zusatzstudium «Interdisziplinäres Gestalten» an der KHB.
Bundesanwalt klagt Kleists Dorfrichter Adam an
Karlsruhe (ddp-bwb). Für das Badische Staatstheater Karlsruhe rollt Generalbundesanwalt Kay Nehm im Dezember einen berühmten literarischen Justizfall auf. Er klagt am 5. Dezember den Dorfrichter Adam aus Heinrich von Kleists Komödie «Der zerbrochene Krug» an. In «Der Fall Adam», einem «theatralischen Prozess», soll dem Richter, der bei der Flucht von einem Schäferstündchen einen Krug zertrümmert hatte und der im Stück gerade noch ungeschoren davon kommt, nun doch der Prozess gemacht werden. Als Ort der Aufführung ist der Bundesgerichtshof vorgesehen.
Neben dem Schauspielerensemble in den Rollen des Kleist-Stücks, die als Zeugen fungieren, treten zudem weitere echte Justizvertreter auf: Richter ist der Vorsitzende Richter des 1. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs Karlsruhe, Eike Ullmann. Verteidigt wird der Dorfrichter von dem Karlsruher Rechtsanwalt Hermann Heil. Die Anklageschrift könnte laut Staatstheater recht lang ausfallen: Urkundenfälschung, Korruption, Amtsmissbrauch, sexuelle Nötigung, Unterschlagung, Falschaussage, Erpressung oder Bestechung kämen als Anklagevorwürfe in Frage.
Verteidiger Heil will auf mildernde Umstände plädieren, wie er auf ddp-Anfrage sagte. Adam sei seiner Zeit eher ein subalterner Verwaltungsbeamter als tatsächlicher Richter gewesen. Man könne an ihn nicht die Messlatte wie an einen Juristen anlegen. Über den sexuellen Missbrauch des Mädchens Evchen schweige das Stück. Zudem sei Adam, eigentlich nur ein «Schluri» und «Sinnenmensch», von Gerichtsrat Walter getrieben gewesen, der um jeden Preis Ordnung schaffen wollte.