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Siegfried Lenz begeisterte an der Düsseldorfer Uni +++ Unseld-Berkewicz bedauert Rückzug prominenter Autoren aus Stiftungsrat +++ «Glückliche Tage» - Inszenierung von Brook ab Freitag in Remscheid +++ Generalbundesanwalt Nehm klagt Dorfrichter Adam an
Siegfried Lenz begeisterte an der Düsseldorfer UniDüsseldorf (ddp-nrw). Siegfried Lenz hat am Mittwoch mit einer Gastvorlesung an der Universität Düsseldorf rund 600 Zuhörer begeistert. Der Hamburger Schriftsteller hielt im Rahmen seiner Gastprofessur einen Vortrag mit dem Titel «Geschichten erzählen - Geschichte erzählen».
Um den berühmten deutschen Schriftsteller zu hören, kamen nicht nur Studenten, sondern viele interessierte Leser jeden Alters. Der 77-Jährige erzählte mit viel Selbstironie eine autobiographische Geschichte über das Entstehen seines ersten Romans «Es waren Habichte in der Luft».
«Obwohl Klassiker mich warnend umstellten, resignierte ich nicht. Mit 23 hielt ich es für nötig, mein erstes Buch zu schreiben», sagte Lenz. Seinen ersten Roman habe er geschrieben, weil er seine Kriegs- und Nachkriegserfahrungen für mitteilenswürdig gehalten habe. Seine erlebte Erfahrung habe er in einer Erzählung wiederbeleben und dem Leser zum Vergleich anbieten wollen.
Nach Ansicht von Lenz ist Geschichte vor allem Grundlage für literarische Geschichten. Geschichtsschreibung dürfe daher nicht ausschließlich theoretisch sein, forderte er. Die Einmaligkeit der historischen Situation sollte nicht zu einer Wissenschaftlichkeit erhoben werden. Das sage er, ohne die Theorie kritisieren zu wollen.
Lenz wurde 1926 in der Kleinstadt Lyck im masurischen Oberpreußen geboren. Seit 1951 lebt er als freier Schriftsteller in Hamburg. Er zählt zu den bedeutendsten Autoren der deutschsprachigen Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Sein bekanntestes Werk ist der Roman «Die Deutschstunde» von 1968. Er wurde in 19 Sprachen übersetzt.
Unseld-Berkewicz bedauert Rückzug prominenter Autoren aus Stiftungsrat
Frankfurt/Main (ddp). Die neue Geschäftsführerin und Vorsitzende des Stiftungsrates des Suhrkamp-Verlages, Ulla Unseld-Berkéwicz, bedauert das Ausscheiden der übrigen Mitglieder des Stiftungsrates. Die fünf prominenten Autoren seien «dem Verlag als hervorragende Autoren verbunden» und verkörperten «ein außerordentliches Potenzial an literarischem und wissenschaftlichem Sachverstand», teilte sie am Donnerstag über die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung in Frankfurt am Main mit. Hans Magnus Enzensberger, Jürgen Habermas, Alexander Kluge, Adolf Muschg und Wolf Singer hatten am Mittwoch ihren Rückzug spätestens zum 1. März nächsten Jahres beschlossen.
Unseld-Berkéwicz unterstrich zugleich, die Ursache für die «nunmehr eingetretene Entwicklung» sehe sie in einem «schon bei der Berufung ungeklärt gebliebenem Missverständnis». So überschnitten sich die Strukturen der Familienstiftung einerseits und der Verlagsgesellschaft andererseits. Dem Stiftungsrat wies sie in diesem Zusammenhang die Aufgabe zu, «nach seiner Satzung nicht den Verlag, sondern den Vorstand der Stiftung zu beraten und aus diesem Blickwinkel auch auf die programmatische Entwicklung der Verlage zu achten».
«Glückliche Tage» - Inszenierung von Brook ab Freitag in Remscheid
Remscheid (ddp-nrw). Der weltberühmte englische Theater-Regisseur Peter Brook gastiert zum ersten Mal mit einer deutschsprachigen Regie-Arbeit in Deutschland: Von Freitag bis Sonntag ist seine Inszenierung von Samuel Becketts Stück «Glückliche Tage» im Teo Otto Theater in Remscheid zu sehen, die im März 2003 in Basel mit großem Erfolg Premiere hatte.
In den Rollen von Winnie und Willie, die im Morast leben und sich in ihrem Los fügen, sind die die bekannten Theaterschauspieler Miriam Goldschmidt und Wolfgang Kroke zu sehen. Mit «Glückliche Tage», das 1961 in New York uraufgeführt wurde, schrieb Samuel Beckett neben «Warten auf Godot» Theatergeschichte.
Peter Brook wurde 1925 in London geboren. Er war Mitdirektor der »Royal Shakespeare Company« und ist besonders durch seine Shakespeare-Inszenierungen berühmt geworden. Brook hat bei über 50 Theaterproduktionen Regie geführt, sie auf zahlreichen Tourneen auch im Ausland gezeigt. Zudem hat er mehrere Filme gedreht, Opern inszeniert und seine Theaterarbeit in Artikeln und Büchern beschrieben. Heute gilt Peter Brook als einer der wichtigsten Bühnen-Regisseure des 20. Jahrhunderts.
Generalbundesanwalt Nehm klagt Dorfrichter Adam an
Karlsruhe (ddp-bwb). Generalbundesanwalt Kay Nehm schlüpft am Freitagabend (20.00 Uhr) in eine ungewöhnliche Rolle. In einer einzigartigen Aufführung des Badischen Staatstheaters im Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wird er den Dorfrichter Adam aus Heinrich von Kleists Lustspiel «Der zerbrochne Krug» anklagen. In «Der Fall Adam» soll dem Richter, der im Stück aus dem Jahr 1808 gerade noch ungeschoren davon kommt, nun doch der Prozess gemacht werden. Er hatte nächtens das Mädchen Eve zu einem Schäferstündchen überreden wollen, wurde dabei jedoch ertappt und verhauen, konnte aber unerkannt flüchten - allerdings zerbrach bei dem Handgemenge ein Krug.
Neben den Schauspielern des Staatstheaters, die in dem «theatralischen Prozess» als Zeugen fungieren, treten weitere echte Justizvertreter auf: Das Urteil wird der Vorsitzende Richter des 1. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, Eike Ullmann, sprechen. Verteidigt wird der Dorfrichter von dem Karlsruher Rechtsanwalt Hermann Heil. Denn Richter Adam hat einiges auf dem Kerbholz. Laut Staatstheater könnte er angeklagt werden wegen Urkundenfälschung, Korruption, Amtsmissbrauch, sexueller Nötigung, Unterschlagung, Falschaussage, Erpressung oder Bestechung.
Verteidiger Heil will auf mildernde Umstände plädieren, wie er bereits auf ddp-Anfrage sagte. Adam sei eher ein subalterner Verwaltungsbeamter als tatsächlicher Richter gewesen. Man könne an ihn nicht die Messlatte wie an einen Juristen anlegen. Über einen sexuellen Missbrauch des Mädchens Evchen schweige das Stück. Zudem sei Adam eigentlich nur ein «Schluri» und «Sinnenmensch» gewesen.
Nach Angaben der Sprecherin des Staatstheaters, Gabriele Zerweck, setzt der «Fall Adam» dort ein, wo das Kleist-Stück endet, nämlich nach der Flucht des Dorfrichters. Der «Prozess» im BGH beruhe zwar auf dem Theaterstück, teilweise auch auf Zitaten daraus, ansonsten müssten die Schauspieler bei ihren «Zeugenaussagen» aber «alles improvisieren». Sie müssten sich «vor einem wirklichen Gericht mit echtem Richter, Staatsanwalt und Verteidiger nach heutigen Rechtsnormen rechtfertigen und verhalten». Eine Probe habe es nicht gegeben. Die Aufführung im BGH-Saalbau - in dem sonst Strafsachen verhandelt werden - ist ausverkauft.