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Brennpunkt Berlin - New Jazz Today

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Der jazzclub leipzig/Leipziger Jazztage veranstaltet vom 9.-11. Februar das Minifestival MusikZeit, die Berliner Jazzszene steht dabei im Focus.


Keine Szene in Deutschland ist heutzutage dermaßen vital und experimentierfreudig wie die in Berlin. Nachdem Frankfurt am Main in den fünfziger und sechziger Jahren seinen Ruf als Jazzhauptstadt erfolgreich verteidigen konnte, erwies sich in den folgenden Jahren vor allem Köln als jazzmusikalisches Gravitationszentrum der (west)deutschen Republik, während im Osten Gruppen kreuz und quer zwischen Ost-Berlin, Peitz, Leipzig, Rostock und Suhl unterwegs waren. Seit den neunziger Jahren verlagerte sich der Brennpunkt des Geschehens in das wiedervereinte Berlin, das für Jazzmusiker und Jazzmusikerinnen aus unterschiedlichen Himmelsrichtungen zu einem Magneten geworden ist. Kleine Klubs avancieren zu Klanglaboratorien, in denen Jazz immer wieder neu definiert und zusammengemischt wird. Selbst häufigen Berlin-Besuchern fällt es schwer, der Dynamik des Geschehens an wechselnden Schauplätzen auf die Spur zu kommen. Der neue Jazz entwickelt sich teils dezentral, teils mit Tendenzen zur Vernetzung, in festen Gruppierungen und in fluktuierenden Workshopbands – jenseits der konventionellen Stilbegriffe, wild, voller Energie, überraschend, unvoraussagbar. Die Musik-Zeit stellt an drei Abenden insgesamt sechs Bands vor, die gegenwärtig zu den spannendsten der Berliner Szene zählen.

Bert Noglik


Freitag, 09. Februar 2007 – naTo 20:30
[em]
Michael Wollny (Piano)
Eva Kruse (Bass)
Eric Schaefer (Schlagzeug)

[em] ist die deutsche Antwort auf die internationale Renaissance des Klaviertrios. Young German Jazz in Bestform, innovativer Trio-Jazz mit unbändiger Spielfreude, junge Starband beim Label ACT. „Berlin ist im Augenblick ein so undefinierter, unfertiger Ort", sagt Michael Wollny. "Alles ist im Fluss, verändert sich ständig. Vielleicht beeinflusst das die Musik. Du weißt nicht, wohin sie dich führt. Du erfindest sie aus dem Moment heraus, und versuchst, dem Ganzen einen Sinn zu geben, ohne ein festes Ziel vor Augen zu haben. Vielleicht ist das im Moment etwas typisch Berlin-mäßiges."

Yakou Tribe
Kai Brückner (Gitarre)
Jan von Klewitz (Saxophon)
Johannes Gunkel (Bass)
Rainer Winch (Schlagzeug)

Yakou Tribe bewegt sich in einem imaginären Film, der über endlos anmutende amerikanische Highways direkt in das Herz von Berlin führt. Traumton: Die Musik von Yakou Tribe gleicht urbanen Phantasien von Bewegung und Zustandsveränderung. Ein sinisteres (das japanische Wort yakou beschreibt unter anderem nächtliche Reise und nächtliches Schimmern) Überwinden der alltäglichen Trägheit, ein Schwelgen in unerhörten Sounds, direkt dem Berliner Pflaster abgelauscht.


Sonnabend, 10. Februar 2007 – naTo 20:30
Silke Eberhard Quartett
Silke Eberhard (Altsaxophon, Bassklarinette, Klarinette)
Antonis Anissegos (Piano)
Jan Roder (Bass)
Sebastian Merk (Schlagzeug)

Sie entwirft ausdrucksstarke, freedom-gesättigte Tunes, heißt es in einer Kritik. Grooves und Gesten werden zu Klangbrocken gemeißelt, nebeneinander gestellt, ineinander geworfen – verspielt und unternehmungslustig. Musik, an der Charles Ives, Carla Bley, Ornette Coleman und Eric Dolphy ihre wahre Freude hätten! Im Duo mit Aki Takase beschäftigt Silke Eberhard gegenwärtig mit Kompositionen von Ornette Coleman, im Quartett wird ausschließlich Eigenes zu Gehör gebracht.

Baby Bonk
Kalle Kalima (Gitarre)
Martin Klingeberg (Trompete)
Michael Griener (Schlagzeug)

\'Baby Bonk\' gehört zu jener Schule schräger Berliner "Nicht-Allein-Jazz"-Bands mit avantgardistischem Drall, denen es obendrein auch nicht an Humor mangelt. Hinter dem nach außen gekehrten Unernst und ihrer überbordenden Zitatfreudigkeit lauern – oder warten? – jedoch gekonnt gespielte Kompositionen mit Substanz. Jazzdimensions


Sonntag, 11. Februar 2007 – naTo 20:30

Erdmann 3000
Daniel Erdmann (Tenorsaxophon)
Frank Möbus (Gitarrre)
Johannes Fink (Bass)
John Schröder (Schlagzeug)

Mit seinen Gespielen vom Roten Bereich hat der junge Berliner Reed-Löwe eine Sprache gefunden, die wie ein Spaziergang über baustellengesäumte Straßen klingt. Musik voller Überraschungen, die den Umbruch der Stadt unsentimental dokumentiert und Berlin gut zu Gesicht steht. Wolf Kampmann – Die Vier bewegen sich leichtfüßig durch kraftvolle und freitonale Klangcollagen, kontrapunktische Kollektivimprovisationen und verspielte, oft humorige Themenfragmente. Zeitgenössischer Avantgarde-Jazz, der auch noch Spaß macht. Jazzthing

Lychee Lassi
DJ Illvibe (DJ)
Dirk Berger (Gitarre)
Leon Schurz (Bass)
Roland "Rony" Knauf (Schlagzeug)

Man hat sie als „Live Illectronic Jamband“ beschrieben. Die aus dem Berliner Untergrund gestartete Band genießt mittlerweile Kultstatus. Obwohl HipHop, Funk, Jazz, House und New Electronica zu den Ingredienzien des Sounds von Lychee Lassi gehören, hat Lychee Lassi die gängigen Stilkategorien hinter sich gelassen. Experimentelle Hörspiele mit Dancefloor-Tauglichkeit, Insektenfunk mit Groove-Garantie.
Beginn jeweils 20.30 Uhr – naTo Leipzig
Eintritt: 10,- € / 7,- €
Pass für alle Konzerte: 22,- € / 16,- € / 14,- € (jazzclub Mitglieder)
Künstlerische Leitung: Bert Noglik

MusikZeit
eine Veranstaltung des jazzclub leipzig in der naTo
Gefördert durch die Stadt Leipzig und die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen.


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