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Die zweifachen Träger des Preises der deutschen Schallplattenkritik, die Bremer Folkavantgardisten "Grenzgänger" und der Duisburger Volkssänger Frank Baier präsentieren eine CD zu einem Tabu der deutschen Geschichte, der Märzrevolution 1920. Das 68-seitige Booklet enthält Fotos und Hintergrundinformationen.
Die CD ist im Buchhandel erhältlich und ab dem 3.3. auch im Musikfachhandel - im Vertrieb von Conträr / INDIGO.Die CD
Die CD enthält Lieder und Texte aus der "größten Aufstandsbewegung, die es in Deutschland seit den Bauernkriegen des 16. Jahrhunderts gegeben hat", dem nahezu völlig vergessenen Volksaufstand im Frühjahr 1920 im Anschluß an den Kapp-Putsch.
Die Niederschlagung der „Märzrevolution 1920“ und die damit einhergehende Ermordung von über 1000 Arbeitern bedeutete schon viele Jahre vor 1933 den Beginn vom Ende der Weimarer Republik.
Es werden unbekannte Volkslieder, anarchistische Sprachgewitter, Rap, Balladen, aber auch Stücke von Rio Reiser zu hören sein, der schon vor 25 Jahren an diesem Thema gearbeitet hat, außerdem von Erich Mühsam, Anna Gmeyner, Oskar Kanehl und anderen.
Die Künstler:
Die Grenzgänger waren mit ihrer Mischung aus Chanson, Volkslied, Jazz, Blues und Musikkabarett schon auf Platz 1 der Liederbestenliste und erhielten wiederholt den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Bei Gastspielen im In- und Ausland (u.a. für das Goethe-Institut und als deutscher Beitrag beim Festival der Europäischen Rundfunkanstalten in Norwegen) schufen die Folk-Förderpreisträger von 1995 „Unverwechselbares von bisweilen träumerischer Eleganz“ (Nordseezeitung).
Frank Baier, der singt, als hätte man seine Stimmbänder mit Ruhrpottkohle eingerieben, spielt Ukulele, Quetsche, Harfe, Gitarre und Mundharmonika. Er begann Ende der 60er Jahre mit Skiffle, spielte er in den Siebzigern mit seiner Gruppe „Kattong“ in Gefängnissen und besetzten Häusern (u.a. mit Ton, Steine, Scherben), war maßgeblich beteiligt an der Wiederbelebung von Arbeiterliedern im Ruhrgebiet, gab Konzerte von Duisburg bis Madagaskar und feierte vor kurzem beim Festival in Rudolstadt zusammen mit den Rappern „Sons of Gastarbeita“ ein aufsehenerregendes Comeback.
Worum geht es:
Der Militärputsch vom 13. März 1920 war eine lebensgefährliche Bedrohung für die junge Weimarer Republik. Der politische Kopf der Putschisten, der rechtsradikale Politiker Woifgang Kapp, hatte ein Programm, das auf eine Kanzlerdiktatur, die Entmachtung der Parteien und den Einbau aller Verbände einschließlich der Gewerkschaften in einen autoritären Korporativstaat hinauslief. Das Unternehmen einmal in Gang gesetzt, konnten die Putschisten hoffen, daß die Dynamik von Putsch und Bürgerkrieg das Militär in die politische Schlüsselposition bringen würde. Wenn sie gesiegt hätten, wäre ein politisches System nach Art von Franco-Spanien die Folge gewesen.
(Erhard Lucas, Professor für Geschichte in Oldenburg, 1990)
Wie ging es aus:
Am Ende stand das "mörderische Strafgericht der immer noch sozialdemokratisch geführten Regierung über ihre Retter, ausgeführt von denen, vor denen sie gerettet worden war.
Aber die SPD musste sich nun selbst dem Gericht ihrer Anhänger stellen. Die Neuwahlen, die den Putschisten zugestanden worden waren, ließen sich nicht mehr aufschieben. Noch im April wurde die Nationalversammlung aufgelöst, am 6. Juni der neue Reichstag gewählt. Bei dieser Wahl erhielt die SPD die Quittung für ihren großen Verrat an der Revolution, den sie nach dem Kapp-Putsch noch einmal so eindrucksvoll bestätigt hatte. Sie verlor auf einen Schlag mehr als die Hälfte ihrer Anhänger.
Im Januar 1919, bei den Wahlen zur Nationalversammlung, hatten noch zwölfeinhalb Millionen SPD gewählt. Jetzt fan-den sich nur noch fünfeinhalb Millionen SPD-Wähler. Der Zusammenbruch der SPD beraubte auch die Weimarer Koali-tion ihrer parlamentarischen Mehrheit - für immer. Es begann die Epoche der Bürgerblockregierungen, die bis zum Ende der Weimarer Republik andauerte und nach der Gründung der Bonner Bundesrepublik wieder aufgenommen wurde.
Die Sternstunde der SPD, ein halbes Jahrhundert lang erwartet, war gekommen und gegangen. Seitdem ist ein weiteres halbes Jahrhundert vergangen, und sie ist nicht wiedergekommen.
(Sebastian Haffner, 1969, in: Die deutsche Revolution 1918/19)
Die nächsten Termine:
25.2. 2006 Festival des politisches Liedes, Berlin
17.3. 2006 Ratskeller Duisburg-Hamborn
18.3. 2006 Kulturzentrum Zeche Radbod, Hamm
19.3. 2006 Zentrum Altenberg, Oberhausen
20.3. 2006 Bochum - Gerthe, Kulturrat
Infos und Hörbeispiele und Kontakt: http://www.revoluzzen.de