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Die Deutsche Filmakademie appelliert an den Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF), auf die angekündigte Klage gegen das neue Filmförderungsgesetz (FFG) und die damit «verbundenen Restriktionen» zu verzichten.
Berlin (ddp). Die Akademie verkenne nicht die Schwierigkeiten, denen sich viele Kinos heute gegenübersähen, heißt es in einer von den Akademie-Mitgliedern am Sonntag in Berlin verabschiedeten Resolution.Ein Vorgehen gegen das FFG würde jedoch «nicht nur für die Produzierenden in diesem Lande, sondern auch für die Kinounternehmen selbst katastrophale Folgen haben». Ein solches Verfahren würde «die Handlungsfähigkeit der Filmförderungsanstalt erheblich beeinträchtigen und die ohnehin prekäre Lage der deutschen Filmproduktion dramatisch verschlechtern», heißt es weiter.
Der HDF sieht unter anderem die Kinobranche durch das FFG stärker belastet als die Fernsehsender. Die Mehrheit der Mitglieder des HDF hatte sich Mitte Januar für eine Klage gegen die seit Jahresanfang geltende Novelle ausgesprochen. Eine verfassungsgerichtliche Überprüfung kann allerdings nicht vom HDF selber kommen. Vielmehr müssen einzelne Kinos klagen. Zugleich hatte der HDF angekündigt, jetzt erst einmal die Zahlungen der Filmabgabe an die Filmförderungsanstalt unter Vorbehalt zu stellen, bevor der Weg vor Gericht gegangen wird.
Die Filmakademie betonte, auch ihre Mitglieder hielten die «Ungleichbehandlung» von Kino- und Videobetreibern auf der einen und den Fernsehsendern auf der anderen Seite für «schwer erträglich». Die Chancen, durch eine Klage, die sich mit ungewissem Ausgang über viele Jahre hinziehen würde, die Situation der Kinos zu verbessern, stehe jedoch in «krassem Missverhältnis zu dem Schaden, den sie zwischenzeitlich anrichtet.»
Deutsche Filmakademie quält Selbstmitleid
Berlin (ddp). Wehklagen und Jammern über den deutschen Film war am Sonntag in einer Diskussionsrunde der Deutschen Filmakademie angesagt. Für seine erste öffentliche Veranstaltung hatte das unabhängige Gremium den provokanten Titel «Was ich am deutschen Film hasse!» gewählt.
Die 100 Gründungsmitglieder stammen aus dem Kreis der Preisträger des Deutschen Filmpreises und haben diese Provokation gewollt, wie Präsidiumsmitglied Senta Berger dann auch vor den rund 500 Gästen sagte. Dahinter verberge sich aber eine verkappte Liebeserklärung an das Kino.
Diese Liebe zum deutschen Kino kam jedoch in den Reden kaum zum Ausdruck. Stattdessen viel Selbstmitleid und Depression. Filmproduzent Bernd Eichinger etwa stellte unverblümt fest: «Ich liebe ihn nicht den deutschen Film.» Er hasse sogar, dass ständig alle Leute beleidigt seien, weil sie für eine Produktion kein Geld oder den erhofften Filmpreis nicht erhielten.
Eichinger betonte, der deutschen Filmszene mangele es an «Selbstbewusstsein» und «Stolz», was wahrscheinlich auf die deutsche Vergangenheit zurückzuführen sei. Der Produzent appellierte zugleich an das Publikum, «den täglichen Kampf gegen die Profanität der Welt und des Wertesystems» gemeinsam zu bestreiten. Deswegen habe er sich auch für die Einrichtung der im September vergangenen Jahres gegründeten Deutschen Filmakademie eingesetzt.
Auch Eichingers Lebenspartnerin Corinna Harfouch sprach die Identitätsproblematik an. «Den deutschen Film kenne ich nicht», sagte die Schauspielerin, «wir waren ein großes Filmland, sind es aber nicht mehr». Als typisch deutsche Attribute nannte sie «Selbstzweifel» und «Selbsthass». Das mache krank. «Ich sehne mich nach Identität», verriet Harfouch.
Schauspieler Jürgen Vogel hasst hingegen «dieses verdammte Identitätsproblem». Die deutsche Filmszene schaffe nicht, zu sich selbst zu stehen. «Wir Deutsche sind auch Biedermeier, Spießer und in Paragraphen verliebt», sagte Vogel selbstironisch. «Darüber kann man auch lachen und Filme drehen.»
Produzent Michael Verhoeven wartete gleich mit einer ganzen Liste an Kritikpunkten am deutschen Film auf. Die reichte von der «Verlogenheit der Branche» über das «Fehlen deutscher Kinostars» bis hin zur falschen Bescheidenheit. «Wir brauchen uns nicht zu verstecken», sagte Verhoeven, «aber wir tun es».
Berufsprovokateur Rosa von Praunheim nutzte seinen Auftritt zur Selbstinszenierung. Eigentlich liebe er den deutschen Film, sagte der Regisseur. Aber wie solle man Filme machen im Umfeld von Gerhard Schröder, Angela Merkel und Guido Westerwelle, fragte er die Gäste. Dann verhöhnte er die Deutsche Filmakademie. Deren Mitglieder seien «lebende Leichen». Die Institution sehe er jetzt schon kurz vor der «Verblödung». Nicht der deutsche Film, sondern die deutsche Kultur sei träge. «Wir haben genügend Talente in Deutschland», sagte von Praunheim, «aber keine Energie».
Michael Winckler