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Salzburg (ddp). Luk Percevals neues Theaterprojekt «Molière - eine Passion» ist am Montagabend vom Publikum der Salzburger Festspiele zwiespältig aufgenommen worden. Während die zehnköpfige Schauspielertruppe um Hauptdarsteller Thomas Thieme enthusiastisch bejubelt wurde, bekam das Regieteam um Perceval auch zahlreiche wütende Buhrufe zu hören.
Die fast fünfstündige Uraufführung war mit Spannung erwartet worden. 1999 hatte der flämische Regisseur mit seinem legendären Theaterepos «Schlachten» bei den Salzburger Festspielen einen Sensationserfolg gelandet.Für «Molière - Eine Passion» hatten die Textautoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel vier bekannte Komödien des französischen Barockdichters zu einem neuen Stück vereinigt. Darin geht es um einen Menschen, der nach Liebe süchtig ist, sie aber gleichzeitig verabscheut. In diesem Charakter vereinigen sich vier Gestalten Molières: der Menschenfeind, Don Juan, Tartuffe und der Geizige. Laut Perceval soll die Geschichte eines Mannes erzählt werden, der von einer utopischen Weltsicht mit hohen Ansprüchen an Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit zu Enttäuschung und Verbitterung gelangt.
Bühnenbildnerin Katrin Brack hatte die Bühne der alten Salzsiederei auf der Perner-Insel in Hallein bei Salzburg nur mit voluminösen Lautsprecherboxen möbliert. Alles war zentimeterhoch mit Theaterschnee bedeckt, der beständig von der Decke rieselte. In dieser kalten und tristen Umgebung lieferten sich die Schauspieler wüste Gewalt- und Schreiexzesse und präsentierten alle möglichen Kopulationsarten und sexuellen Normabweichungen. Zaimoglu ließ von Molières Originalversen nur wenig übrig und reicherte den Text mit unzähligen Fäkalausdrücken an. Der deutsch-türkische Schriftsteller hatte die «Kanak Sprak», das Idiom der jugendlichen Migranten, in die deutsche Literatur eingeführt.
Beeindruckend war vor allem die schauspielerische Leistung von Hauptdarsteller Thomas Thieme, der zuletzt auch in dem Oscar-gekrönten Film «Das Leben der Anderen» von Florian Henckel von Donnersmark reüssiert hatte. Thieme präsentierte dem Publikum seinen fülligen Körper in der vollen Pracht seiner Fleischlichkeit. Höhepunkt seiner derben Show war ein furioser Fäkal-Rap, bei dem Thieme, nur mit Pampers, weißem Dinner Jacket und verspiegelter Sonnenbrille bekleidet, den teils begeisterten, teils genervten Zuschauern seine Verwünschungen der Liebe entgegenschleuderte. Das Stück «Molière - Eine Passion» ist eine Koproduktion mit der Berliner Schaubühne und wird ab September auch dort zu sehen sein.
Die Salzburger Festspielen 2007 dauern noch bis Ende August. Insgesamt stehen bei dem weltweit bedeutendsten Musik- und Theaterfestival mehr als 200 Veranstaltungen aus den Sparten Oper, Schauspiel und Konzert auf dem Programm.