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Die deutschen Museen erforschen verstärkt ihre eigene Geschichte. Sie wollen die sogenannte Provenienzforschung über die Eigentümerwechsel von Kulturgütern während der Jahre von 1933 bis 1945 vorantreiben.
Hamburg (ddp). Nur so sei es möglich, "Klarheit über die eigenen Bestände" zu bekommen, sagte der Direktor der Hamburger Kunsthalle, Uwe M. Schneede, am Freitag nach einer zweitägigen Tagung zum Thema "Die eigene Geschichte - Provenienzforschung an deutschen Kunstmuseen im internationalen Vergleich". Daran hatten rund 180 Experten aller größeren Museen der Bundesrepublik sowie aus den Niederlanden, Belgien, der Schweiz, Österreich und den USA teilgenommen. Schneede betonte, das gesicherte Wissen über die Herkunft sei Voraussetzung, um Rückgabeansprüche von Alteigentümern sicher bewerten zu können.Schneede zufolge will der neue Forschungszweig über die Herkunftswege von Kunstwerken auch erhellen, wer der Sammler war, der in der Zeit des Dritten Reiches beispielsweise Gemälde verkaufte und unter welchen Umständen das geschah. Allein in der Hamburger Kunsthalle müsse derzeit noch die Herkunft von 760 Gemälden näher untersucht werden, sagte die zuständige Projektleiterin Ute Haug. Die Tagung sollte auch dazu beitragen, die Forschung stärker zu koordinieren, betonte Schneede. Es müsse jetzt mit einer zentralen Datenerfassung begonnen werden. Für die Forschungen, die "nicht in drei bis vier Jahren zu erledigen" seien, sei auch finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand notwendig. Darauf seien gerade kleinere und mittlere Museen angewiesen, unterstrich er.
Schneede sprach sich für die Einrichtung einer Schiedsstelle aus, die als übergeordnete Institution auf Bundesebene über Rückgabefragen entscheiden sollte. Zugleich stellte er klar, dass "alle Fälle kompliziert" seien. Sie müssten stets einzeln geprüft werden. In ihnen spiegelten sich "Schicksale der Zeit" wider.
Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD) hatte in einem Grußwort an die Tagungsteilnehmer betont, der Umgang mit den Ansprüchen der Opfer nationalsozialistischen Unrechts sei "im Kern ein moralisches Problem". Die juristische Dimension der Problematik dürfe nicht allein die Diskussion bestimmen. Er nannte es vor diesem Hintergrund eine erfreuliche Entwicklung, dass sich öffentliche Sammlungen verstärkt darum bemühten, die Herkunft ihrer Bestände kritisch zu prüfen.