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Markus Elsner. Foto: privat
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Ein Festival der Begegnungen außerhalb der Enklave

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Der Klarinettist und Dirigent Markus Elsner übernimmt die künstlerische Leitung der Bamberger „Tage der Neuen Musik“
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Die Entscheidung fiel einstimmig: Markus Elsner wurde im Februar zum ersten Vorsitzenden des Vereins Neue Musik in Bamberg e.V. gewählt. Damit geht die künstlerische Leitung der „Tage der Neuen Musik“ zu ihrer nächstjährigen 13. Ausgabe an den 40-jährigen Münchner Klarinettisten und Dirigenten. Seine Planung nimmt allmählich konkrete Züge an.

Mit dem 25. Jubiläum des Vereins ist der Zeitpunkt für den Wechsel hinsichtlich der öffentlichen Aufmerksamkeit günstig gewählt. 1986 wurde er mit dem Zweck gegründet, zeitgenössisches Musikschaffen der ernsten Musik zu fördern, zugänglich zu machen und zu vermitteln. 20 Jahre lang wird der Komponist Horst Lohse beim definitiven Führungswechsel zum 1. Januar 2011 dem Bamberger Unternehmen vorgestanden und es künstlerisch geleitet haben. Mit großem Erfolg, wie das Renommee sowie die programmatische Vielfalt der Konzerte und des alle zwei Jahre stattfindenden Festivals bestätigen. Elsners Empfehlung als Nachfolger kam, nachdem ihn Lohse als Stipendiaten der Villa Concordia 2008/09 vor Ort kennenlernte.

Wichtiger Faktor dieser Entscheidung war auch das Münchner Ensemble Zeitsprung, das Markus Elsner 2006 gegründet und binnen kurzem zu einem der führenden Klangkörper der Neuen Musik machen konnte. Neben Künstlern aus In- und Ausland sollte es als dauerhaftes „ensemble in residence“, wie Elsner formuliert, eine konsistente Entwicklung sichern. Die bisherige Zusammenarbeit des Ensembles mit ausführenden Musikern und Komponisten bietet zudem einen Fundus, aus dem Elsner schöpfen kann. Doch geht es hier keinesfalls um Neuaufgüsse, legt doch der Musiker, Veranstalter und Organisator großen Wert auf gezielte Konzeption mit sorgfältig ausgeklügelten Inhalten. „Das erste, was ich in Bamberg abgeschafft habe, ist das wechselnde Festivalmotto“, weil es ihn allzu sehr einengen würde, sagt er. Seine Planungen sind Komplexer und Gegenstand seiner Abschlussarbeit der einjährigen Weiterbildung in Theater- und Musikmanagement der theaterwissenschaftlichen Fakultät der LMU München, die er gerade absolvierte. Elsners Konzeption basiert auf einer pragmatischen Analyse der Potentiale, Bedürfnisse, Chancen und Notwendigkeiten. Es solle ein Fest der Neuen Musik mit dem Leitmotiv der Begegnungen werden, eng mit Bamberg verknüpft, von überregionaler Bedeutung und auf höchstem künstlerischen Niveau. Zunächst müssten klare Ziele gesetzt und ein deutlicher erkennbares inhaltliches Profil ausgeprägt werden, um einerseits Ermüdungserscheinungen im Verein und in der lokalen Aufmerksamkeit entgegenzuwirken, andererseits auswärtiges Fachpublikum in die reizvolle Weltkulturerbe-Stadt zu locken, so der Plan des preisgekrönten Musikers. Für seine Arbeit erhielt er 1995 das Richard-Strauss-Stipendium der Stadt München sowie das Richard-Wagner-Stipendium, 2000 den Merkur Förderpreis und den tz-Rosenstrauß des Jahres, 2008/09 das Stipedium im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg und schließlich 2009 den Bayerischen Kunstförderpreis. Mit dem Ensemble Zeitsprung bekam Elsner 2008 das Musikstipendium der Stadt München für die Konzeption und Planung eines Konzerts mit Werken chinesischer Komponisten „Im Spannungsfeld zwischen chinesischer Tradition und westlicher Avantgarde“ mit einer Uraufführung des deutschen Komponisten Klaus-Hinrich Stahmer zuerkannt, das erst jetzt realisiert werden kann (6. November 2010, 19 Uhr, Black Box im Münchner Gasteig).

Markus Elsner ist kein Befürworter einer Enklavenbildung für Neue Musik. Der Ensemblename „Zeitsprung“ ist denn auch Programm, um inhaltliche Verknüpfungen zwischen Tradition und Gegenwart aufzuspüren. Auf der Vielfalt der Neuen Musik im europäischen (verstärkt osteuropäischen) Raum mit ihren weitläufigen Beziehungen soll der Schwerpunkt seiner Arbeit liegen. Innerhalb der jüngsten Literatur nicht ausschließlich mit Uraufführungen, gibt es doch viele Werke, die selbst nach umjubelten Erstpräsentationen in der Versenkung verschwanden. Vor allem, wenn die Komponisten selbst nicht mehr für ihre Werke eintreten können, wie der an Parkinson erkrankte Peter Kiesewetter, dessen Werk Elsner wieder dem Konzertleben zuführen will.

Während neue Formen der Musikvermittlung noch durchdacht werden wollen, sind zwei bedeutende Komponistenporträts, in denen die Porträtierten auch als Personen greifbar gemacht würden, bereits in Arbeit. Zum 70. Geburtstag steht in seinem Porträt – auch mit Werken seiner Schüler Eva Sindichakis, Christoph Garbe und Minas Borboudakis – Wilfried Hiller selbst Rede und Antwort. Da Sofia Gubaidulina zum 80. Geburtstag wohl nicht bemüht werden kann, lud Elsner die der Komponistin eng freundschaftlich verbundene Akkordeonistin Elsbeth Moser ein, biographische Bezüge herzustellen. Im Zeitsprung erklingen dann Werke von Webern und Bach.

Zum 25. Jubiläum des Vereins Neue Musik in Bamberg e.V. plant Elsner ein Projekt mit Musik im öffentlichen Raum mit Uraufführungen und unter Mitwirkung Bamberger sowie Münchner Musiker, um die Verbindung der Tage der Neuen Musik zur Stadt zu stärken. Den Leitgedanken der Begegnung soll indes eine gesellige Soiree mit Werken von Rodion Shchedrin, Dan Dediu  und Jörn Arnecke verdeutlichen.

Einen wichtigen Bestandteil wird künftig ein anspruchsvolles Kinder- und Jugendprogramm bilden. Die Unvoreingenommenheit des jungen Publikums will Elsner damit zur Stütze des Festivals machen. Ein Workshop für freie Improvisation (Dozentin: Birgit Saßmannshaus) ab 9 Jahren, für Neue Kammermusik ab 15 Jahren mit fortgeschrittenen Instrumentalisten und das Kinderkonzert „Sternenbilder“ mit Musik von Wilfried Hiller haben bereits ihren Platz im Programm, das im Januar komplett präsentiert wird.

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