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Sax mal sechs

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Jazzneuheiten, vorgestellt von Hans-Dieter Grünefeld
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Vor allem das Alt- und das Tenorsaxophon sind typisch fürs Sound-Signet und in allen Stilen des Jazz präsent. Entsprechend gibt es eine immense musikalische Produktivität.

Potenziale des American Songbook sind noch nicht ausgeschöpft, meint jedenfalls Jesper Thilo, Maestro aus Kopenhagen. Für ihn war und bleibt „Swing Is The Thing“ das unbestechliche Credo. Er spielt ungezinkte Trümpfe aus, die anderswo seltener zu hören sind, etwa „Just Friends“ von John Klemmer (eigentlich ein Modernist) oder „Woody  ’n’ You“ von Dizzy Gillespie, und zwar sowohl technisch als auch in der Darstellung mit seinem Quartett absolut überzeugend. (Stunt)

So selbstzufrieden ist Joachim Staudt aus Tübingen und mit Studienerfahrungen in Amsterdam nicht, vielmehr auf der Suche („Quest“) nach dem ihm Gemäßen, das per elegantem Alto-Sax cineastische Dimensionen erreicht. Aber auch im Balkan-Märchen „Once Upon A Time“ rhythmische Sehnsüchte eines Körpergefühls oder Neugier im Latin-„Road Trip“ anstrebt. Durch reale Impulse und eskapadische Fantasien schweift Joachim Staudt in viele, auch exotische Klanggebiete, wohin ihm seine Kompagnons an Fender Rhodes, Bass und Schlagzeug bereitwillig folgen. (Moveo Records)

Solch ein Navigator ist auch Tenorist Stephan Mattner aus Herne. Er ordnet sich aber unprätentiös ins „Zoom“-Kollektiv mit Gitarre, Bass und Schlagzeug, sodass „No Need To Talk“ ist. Gemeinsam fügen sie „A Brick In The Wall“, ein modernisiertes Jazzrock-Mosaik zusammen, wobei die Band weiters „The Silly Walk“ gerne individuelle Erzählstränge wie bei einer „Short Story“ in ein Ganzes aus irisierenden Timbres einschwingen lässt. (Jazzsick)

Ähnliche kulturelle Umdeutungen beschäftigen Antonio Lizana aus Cadiz, wenn er an „Una Realidad Diferente“ jenseits des traditionellen Flamenco denkt. Deshalb entsteht die Glut seiner Kompositionen nicht aus Nostalgie, sondern mit der Adaption spiritueller Emphase, wie sie John Coltrane zelebrierte, und durch rau-heiseren Gesang eigener Lyrik mit Sujets der Gegenwart. Jazzrock, Orient-Perkussion und ein perfekt arrangiertes Ensemble füllen das Ambiente seiner eklektischen Musik. (Warner)

Integration in ganz anderem Sinn versucht Luise Volkmann aus Bielefeld mit  „Autochrom RGB“, nämlich synästhetisch eine Palette aus dem Trio „Rot / Grün / Blau“ (zugeordnet ihr am Alto, Athina Kontou, Bass und Max Santner, Schlagzeug) zu mischen. Sax-Klappengeräusche, Groove und ein melodisches Motiv werden „Blauer Rost“ zur Polyphonie, ein Prinzip, das ebenso in Kombinationen von fragmentierten Rhythmen, linearen Themen oder Kontrasten aus Punk und Lyrik funktioniert – ein Trio origineller Timbres. (Nwog)

Klang-Abwechslungen, die sogar im Duo gelingen können, indem Reto Suhner aus Herisau (Schweiz) einen elegischen Sax-Kontrapunkt zu den repetitiven Saiten-Tremoli seines Klavierpartners Fabian Mueller „ Am Grund“ verankert. Ja, sie haben bei ihren freien Improvisationen ein gemeinsames Fundament, nämlich sich einig zu sein, dass nur durch intensive Dialoge eine attraktive Dramaturgie möglich ist. Reto Suhner und Fabian Muel­ler hören sich zu, ahnen, wohin der Weg führen könnte, und treffen so auf eine Blueshymne oder gar einen Popsong. Erstaunlich, was offene Ohren und musikalischer Respekt bewirken können. Sax mal sechs, wie die Stimmen so die Persönlichkeiten: individuell in jeder Region und Konstellation. (Anuk)

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