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Sprachwissenschaftler für Fremdsprachenunterricht in Grundschulen

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Mannheim (ddp). Die Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaft (DGfS) fordert die Einführung von Fremdsprachenunterricht an allen Grundschulen.

Mehrsprachigkeit müsse früh gefördert werden, «ohne dabei die eigene Sprache zu vergessen», sagte die 1. Vorsitzende, Angelika Redder, am Rande der diesjährigen DGfS-Jahrestagung in Mannheim. Beim Deutschen Lehrerverband und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stieß die Forderung am Mittwoch auf ein geteiltes Echo.
Redder zufolge sollte der Fremdsprachenunterricht «nach einer ersten Alphabetisierung» der Kinder beginnen. Dabei dürfe die Devise jedoch nicht «English only» lauten. Mit dieser Sprache seien Kinder heute ohnehin im Alltag - beispielsweise beim Musikhören oder beim Spielen im Internet - stark «konfrontiert». Sinnvoll sei es, sich an der geografischen Lage des jeweiligen Bundeslandes zu orientieren und in Bayern Italienisch oder in Baden-Württemberg Französisch als erste Fremdsprache anzubieten.
«Zwei Fremdsprachen müssen die Basis sein», betonte die Professorin. Damit sie besser beherrscht würden, «als dies heute oft nach neun Jahren Englischunterricht der Fall ist», müssten die Unterrichtsmethoden verbessert werden. Durch mehr Schüleraustausche oder die Veranstaltung von Videokonferenzen mit Schulklassen im Ausland könne die Sprachpraxis stärker gefördert werden. Wesentlich sei aber auch eine verbesserte Ausbildung der Lehrer. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, sagte, er sehe die Forderung «ambivalent». Es dürfe nicht außer acht gelassen werden, dass die sprachlichen Fähigkeiten der Schüler sehr unterschiedlich seien. So könne Fremdsprachunterricht in der Grundschule bei etwa einem Drittel der Schüler sinnvoll sein. Bei den übrigen Kindern allerdings, die im Deutschen noch nicht «sattelfest» seien, sollte die Zeit lieber für einen intensiveren Deutschunterricht genutzt werden. «Auf keinen Fall darf der Fremdsprachenunterricht auf Kosten der Muttersprache gehen», betonte Kraus. Die Lese- und Ausdrucksfähigkeit sei die Basis für alle anderen Fächer. «Wenn unsere Schüler in der PISA-Studie so schlecht abgeschnitten haben, dann weil sie Aufgaben nicht sprachlich strukturieren konnten», fügte er hinzu.
Dem Vorstoß, dass Englisch beim Fremdsprachenunterricht nicht an erster Stelle stehen muss, schloss er sich an. Zugleich plädierte er dafür, auch in der Grundschule schon das Lateinische miteinzubeziehen, «weil es die sprachanalytischen Fähigkeiten fördert wie keine andere Sprache».
Die GEW-Vorsitzende Eva-Maria Stange betonte, es sei zweifelsohne überfällig, dass in Deutschland mit einem früheren Fremdsprachenunterricht begonnen werden müsse. Dazu müssten aber die Voraussetzungen stimmen. Auch sie mahnte, dass es keinesfalls Kürzungen im Deutschunterricht geben dürfe. Es sei «zwingend notwendig», dass die Kinder Deutsch beherrschten. «Ganztagsschulen könnten Möglichkeiten schaffen, den Fremdsprachenunterricht zu integrieren, ohne dass dies zu Lasten anderer Sprachen geht», sagte Stange. Weiter müsse sichergestellt werden, dass der Fremdsprachenunterricht auch an Grundschulen von gut qualifiziertem Personal durchgeführt wird. Gerade wenn im Kindesalter etwas falsch gelernt werde, sei dies später kaum noch zu korrigieren.
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