Aus Studierendensicht gibt es bereits erste positive Erfahrungen aus dem Projekt „Musik und Resilienz“. Anna Immerz, Tenure-Track-Professorin für Musikphysiologie, die zusammen mit Claudia Spahn und dem Psychologen Nico Hutter das Projekt leitet, hat mit Teilnehmenden an „Musik und Resilienz“ über ihre Erfahrungen gesprochen.

Frederik Abts (links) und Elisabeth Hoffmann (rechts) engagieren sich an der Hochschule für Musik Freiburg für das Projekt „Musik und Resilienz“. Dabei werden Musik- und Medizinstudierende geschult, mit ihren Mitstudierenden über psychische Herausforderungen während des Studiums zu sprechen und sie auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Foto: Ramon Manuel Schneeweiß
Wie kann ich gesund und glücklich bleiben?
Anna Immerz: Elisabeth Hoffmann und Frederik (Eddie) Abts, Ihr seid als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Gesundheit aktiv. Stellt euch gerne erst mal vor.
Elisabeth: Ich habe im Bachelor Violoncello studiert und bin derzeit im zweiten Mastersemester Hauptfach Musikphysiologie an der Hochschule für Musik Freiburg.
Eddie: Ich bin Eddie, Medizinstudent im vierten Semester und spiele Geige und singe in meiner Freizeit.
Immerz: Nehmt uns gerne ein bisschen mit und erzählt uns mehr über eure Arbeitsweise.
Elisabeth: Wir arbeiten als Multiplikator*innen und in festen Tandems bestehend aus einem Musik- und einem Medizinstudierenden. Studierende der Hochschule für Musik Freiburg können sich für ein oder mehrere Gespräche anmelden. In einem persönlichen Treffen hören wir zunächst zu und überlegen gemeinsam, welche Ansätze weiterhelfen könnten.
Eddie: Wir sprechen meist über individuelle Anforderungen und je nachdem zeigen wir dann Übungen zum Entspannen, sammeln Strategien zum Ausgleich und geben Tipps speziell für Studierende in den ersten Semestern.
Elisabeth: Manchmal reicht schon das Gespräch, manchmal vermitteln wir aber auch weiter.
Immerz: Mit welchen Anliegen wenden sich die Studierenden an euch?
Elisabeth: Die Themen reichen von praktischen Fragen wie: „Wie gestalte ich meinen Übetag sinnvoll?“, oder: „Wie viel Üben ist gesund und nachhaltig?“, bis hin zu grundlegenden Anliegen: „Wie kann ich in einer Welt, die von hohem Konkurrenzdruck geprägt ist, gesund und glücklich bleiben?“
Eddie: Ja genau. Wir stellen fest, dass die häufigsten Anliegen psychischer Stress in Bezug auf den Leistungsdruck bei Vorspielen et cetera sind, aber auch körperliche Beschwerden wie Rückenschmerzen werden thematisiert.
Immerz: Kim*, du hast das Gesprächsangebot mit den Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wahrgenommen. Wie hast du von dem Angebot erfahren und wie lief es ab?
Kim*: Ich habe über einen Insta-Post davon erfahren und mich dann direkt über den Link zum Terminplaner angemeldet. Ich habe einen passenden Termin ausgesucht und per Mail den Treffpunkt mit dem entsprechenden Tandem ausgemacht.
Elisabeth: Zudem haben wir das Programm über einen Newsletter an die Studierenden beworben und ich habe es auch bei der Semestereröffnung vorgestellt.
Immerz: Die Idee des Programms ist ja ein Peer-to-Peer-Konzept, von Studierenden für Studierende. Worin seht ihr Vorteile?
Eddie: Also erstmal muss es einen Diskurs über gesundheitliche Themen geben, worüber manche nur sehr ungern sprechen. Mit diesem Konzept ist es jedoch niedrigschwellig. Dabei ist die gegenseitige Unterstützung wichtig.
Kim: Ja, ich finde es auch deutlich einfacher, erst mal mit Mitstudierenden über so persönliche Dinge zu sprechen als mit Profs.
Elisabeth: Auch ich sehe darin eine große Chance. Da wir uns im gleichen Lebensabschnitt befinden, können wir uns gut in die Situation der Teilnehmenden hineinversetzen. Gleichzeitig sind wir uns unserer Grenzen bewusst: Wir übernehmen keine therapeutische Funktion, sondern stehen beratend und unterstützend zur Seite.
Eddie: Gerade bei fortgeschrittenen Beschwerden können wir an die Ambulanz des FIM verweisen. Die betroffenen Studierenden trauen sich so eher, externe Hilfe auch anzunehmen.
Immerz: Inwiefern können die unterschiedlichen Hintergründe und Perspektiven von Musik und Medizin das Angebot bereichern?
Elisabeth: Das Musik- und Medizinstudium sind in ihrer Intensität vergleichbar. Eine interne musikspezifische Sicht hilft beim Verstehen von Problemen, kann aber auch den Blick auf neue Lösungen hemmen. Die außenstehende Perspektive der Medizinstudierenden ist sehr erfrischend – sie ermöglicht neue Denkansätze und erweitert den Handlungsspielraum.
Eddie: Genau. Stress kenne ich auch aus meinem Studium, jedoch mit anderen Herausforderungen, und ich habe teilweise einen anderen Umgang damit. Da ich gedanklich nicht in der gleichen Blase lebe, habe ich einen etwas unabhängigeren Blick auf das Musikstudium.
Kim: Ich finde es auch mal gut, mit Personen zu sprechen, die nicht Musik studieren. Man merkt so, es gibt auch noch eine Welt außerhalb der Musik. Sich verstanden zu fühlen, obwohl man nicht das gleiche macht, hilft mir, mich weniger allein zu fühlen.
Immerz: Kim, würdest du deinen Kommilitoninnen und Kommilitonen das Programm „Musik und Resilienz“ und die Gesprächsangebote weiterempfehlen?
Kim: Unbedingt! Gerade am Anfang des Studiums kann es hilfreich sein, sich Strategien zurechtzulegen, um mit allem besser fertig zu werden. Und man knüpft durch die Gespräche direkt Kontakte mit anderen Studierenden.
Immerz: Vielen Dank euch allen für das Gespräch und die spannenden Einblicke!
*Name geändert
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