Diese verdammte Verweichlichung. Dein Team wird Letzter. Trotzdem gibt es einen Pokal. Als Letzter! Ja wo sind wir denn? Seit wann bekommt der Letzte eine Belohnung? Was sind wir nur für eine windelweiche Gesellschaft aus Versteherinnen und Verstehern. Und denken Sie nicht, diese Verhätschelung mache bei kapitalistischen Unternehmen Halt. Die sind so weichgespült, dass sie sich Popstars ins Haus holen, um Stellenstreichungen mit Zucker zu bestäuben. Beispiel Microsoft. Da trafen sich im Januar Führungskräfte in Davos. Wahrscheinlich flankiert von Escort-Damen, die Gerüchten zufolge noch vom Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums eine Woche vorher übrig waren, und begleitet von einem Privatkonzert einer anderen Führungskraft: Sting, der ehemalige The Police-Frontmann, flötete seine Hits vor der Software-Elite.
So lassen sich die Entlassungspläne tausender Mitarbeiter am Tag danach gleich beschwingter verkaufen. Wo ist bitte der knorrige, Kassenbrille tragende Buchhalter geblieben, der die Rationalisierung humorlos über die Hauspost verteilt? Wobei: Führungskräfte, die mit Escort-Damen eine Runde zum Sting/Police-Hit „Roxanne“ schunkeln (Sie wissen schon, die Dame aus dem Rotlichtmilieu) birgt mitunter eine charmante Bräsigkeit. Überhaupt behaupten Insider, dass Stings Songauswahl stets nah am Thema war: „It’s probably me“ entbehrte im Sinne der Massenentlassungen freilich nicht einer gewissen Zweideutigkeit, „Fields of Gold“ trieb den Führungskräften ob der künftigen Einsparungen sprich Gewinne die Tränen in die Augen und „Don‘t stand so close to me“ bezeichneten viele als gelungenes Aufbruch-Motto für die bald Arbeitslosen: Niemals zu eng binden. Nur schade, dass Sting solo spielte. Man stelle sich vor, der geniale Police-Schlagzeuger Stuart Copeland setzt zum Trommelwirbel an, um die bad news zu verkünden: „Und die nächsten 800 Entlassungen gehen nach – Trommelwirbel – Munich, Germany.“ Applaus. Obwohl. Das Microsoft-Beispiel zeigt, dass manche Pleiten sozialverträglicher hätten gestaltet werden können. Wie hilfreich wäre es gewesen, wenn zur Kirch-Pleite 2002 die noch lebenden Mitglieder der Weltmeistermannschaft von 1974 ihren Jack White Hit geschmettert hätten: „Fußball ist unser Leben, denn König Fußball regiert die Welt. Wir kämpfen und geben alles, dann ein Tor nach dem andern fällt.“
Oder Wirecard. Die österreichisch geführte Klitsche hätte die fehlenden zwei Milliarden mit einem Konzert der Ersten Allgemeinen Verunsicherung wattiger verpacken können. Songs wie „Märchenprinz“, „Banküberfall“ oder „Heiße Nächte in Palermo (Streiche Palermo, ersetze durch Aschheim)“ sind doch selbsterklärend. Die Insolvenzverwalter bei Kaufhof überlegen bereits, eine Ton Steine Scherben-Revival-Band zu akquirieren. In der näheren Songauswahl für ein Mitarbeiter-Konzert sind „Wir müssen hier raus“ und „Schritt für Schritt ins Paradies“. Bleibt zu hoffen, dass der Song „Macht kaputt, was euch kaputt macht“ nicht vergessen wird.