Kulturfeudalismus jetzt! In einem Interview mit der Deutschen Presseagentur sagt Till Brönner: „Ich wurde ins ‚Heute Journal‘ und zu ‚Anne Will‘ eingeladen, wurde im Kulturausschuss des Bundestags als Sachverständiger gehört. Der Erdrutsch für die Kultur blieb aber ganz klar aus.“ Es gab nicht mal eine messbare Erschütterung auf der nach unten offenen Empörungsskala.
Nein, es lag nicht daran, dass es zu wenige Talkshows waren, es fehlten ja noch „Lanz“, „Maischberger“, „Illner“, „Hart aber fair“, „Grins und Lach“, „Das Wetter vor Acht“, „Morgenmagazin“ sowie der „Quatsch Comedy Club“.
Dem Kulturbläser geht jetzt tatsächlich auf, dass Politik und schon Kulturpolitik nicht in Talkshows gemacht wird, sondern in Parlamenten und in politischen Ausschüssen auf allen Ebenen der politischen Selbstverwaltung. Mit einem „Hoppla, hier komm‘ ich“ und Zackbumm kraft Evidenz durch Prominenz ist es da nicht getan. Es wäre sogar schädlich.
Denn mal präzise gefragt: Wäre es überhaupt wünschenswert, wenn es genügte, dass eine einzige Person bestimmen könnte, auf welche Art und Weise der Kultur ein Erdrutsch widerführe? Etwa Eure Kultur-Hoheit Till der Nullkommafünfte? Ist es wünschenswert, wenn man die Frage darüber, was als Kunst zu gelten habe in die Hände eines Straubinger Baritons legte oder in die eines Kulturjournalisten? Das wäre doch in der Tat ein Kulturerdrutsch von bedenklichen Ausmaßen und Folgen.
Man darf sich glücklich schätzen und denen danken, die hinter den Glitzerkulissen der Hochkultur und der Musikverbrauchenden Industrie in mühsamer Kleinarbeit die dicken Bretter bohren. Sei es in Verbänden, in Initiativen oder in muffigen Hinterzimmern von Ministerien.
Leute, die sich die ganzen letzten Monate nicht geschont haben, Detailfragen zu lösen, nachgehakt haben in Sachen Kompensation und Förderung von Kunst und Kultur in Zeiten vor, mitten und nach der Pandemie. Alles ganz ohne Anflug von Satire, Ironie oder Sarkasmus.