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Sven Ferchow. Foto: Sven Ferchow
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Mehr Rundfunk wagen

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Ferchows Fenstersturz 2021/06
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Es ist kompliziert. Derzeit. Da gibt es Menschen (vornehmlich im männlichen Leinenhemd oder im weiblichen Waldorf-Look, beide tragen jedenfalls Rucksäcke), die sich seit Monaten samt Kindern aus Protest vor Grundschulen oder Kitas festketten und zwischen Rotz und überschlagender Stimme relativ hysterisch „Give peace a chance“ röcheln. Ähnlich einem Wal, der ja nicht singen, aber dafür jede Menge Atemluft durch den hohlen Kopfraum strömen lassen kann. Und alles wegen einer Impfpflicht, die es gar nicht gibt. Aber gut. Was macht man nicht alles für seine Überzeugung.

Da gibt es aber auch Menschen wie Georg Thiel aus Borken (NRW). Der sitzt für seine Überzeugung gerade im Knast. Etwas kapriziös hat er seine Rundfunkgebühren nicht bezahlt. Und da versteht WDR-Intendant Tom „Lukaschenko“ Buhrow keinen Spaß. Der WDR hat seine Forderungen von 651,35 Euro eingeklagt. Und ab in den Gulag. Liegt Weißrussland näher als wir dachten? Müssen ganze Atlanten (ganz ruhig, liebe Schulbuchverlage…) umgeschrieben werden? Seltsam, dass im Fall Thiel keiner der neuen Berufs-Demonstranten auf die Idee kommt kurzatmig in eine Spiegel-TV-Kamera brüllend vor einer autoritären und repressiven Mediendiktatur zu warnen. Denn, siehe oben: Impfen kann, Rundfunkgebühr muss sein. Während ers­teres ein mehr an Freiheit bedeutet, bekommt man für letzteres ja immer weniger geboten. Und mitreden darf man auch nicht. Außer beim ESC natürlich. „Deux Points“, Sie wissen schon.

Doch gerne komme ich meinem Ruf als „Brückenbauer“ unversöhnlicher Gegner nach. In beiden angeführten Überzeugungen stecken nämlich Synergien. Stichwort „Demokratie mitgestalten“. Wie wäre es, wenn die vielen Neuentdecker der Demokratie gegen das öffentlich-rechtliche Programmangebot genauso laut wie gegen die Ausgangsbeschränkungen schreien? Würde Sinn machen. Die Schreihälse, die ich gesehen habe, kommen mit ihren Batik-Hosen und Strohhüten nach 18 Uhr, wenn das Öko-Cafe schließt, sowieso nirgendwo anders rein. Was haben wir Musikliebhaber denn vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk? Seit Jahrhunderten wird dem Musiknachwuchs jegliche Förderung verwehrt. Hier und da gibt es ab 23 Uhr eine Isolationshaft auf einem Spartensender wie ZDFneo, wo man es schon extrem hipp findet, sich an Weiberfastnacht die Krawatte abzuschneiden.

Aber sonst? Werden nichtssagenden Moderatoren, blutleeren Sendungen oder überbewerteten Starletts die Gebühren in den Hals gesteckt. Die wir finanzieren. Schauen Sie mal rein. Steigern Sie sich rein. In den ZDF-Fernsehgarten oder in eine dieser ausgeflippten ARD/ZDF-Silvester-Shows. Ich würde da schon gerne mitreden und mitgestalten. BEVOR mich beim ESC hyperaktive LGBT-Robocops mit wieherndem Gesang belästigen und ich das sämige Gefühl nicht loswerde, dass mein Rundfunkbeitrag gleichzeitig das Haushaltsdefizit der Stadthalle in Baku, Bern oder Baden-Baden ausgleichen soll. Na, liebe Querdenker? Haben wir einen Deal?

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