Luigi Nono notierte in seinem „Prometeo“ die Spielanweisung „arco mobile alla Stefano Scodanibbio“. Dies und vieles Vergleichbare zeigt die überragende Bedeutung, die der Kontrabassist hatte, als „Revolutionär“, als „Prophet“ des Kontrabasses wurde er bezeichnet. Und John Cage hielt ihn für den „außergewöhnlichsten“ Bassisten, den er je gehört hat.
Die grenzenlose Suche des Interpreten nach unbekannten Klängen schlug sich natürlich auch in seinen Kompositionen nieder. Als Scodanibbio im Januar 2011 viel zu jung starb, war gerade seine letzte CD mit seinem letzten Werk fertig geworden: Reinventions“.
Scodanibbio begibt sich hier auf die Suche nach geliebten Quellen, die sein künstlerisches Leben nachhaltig beeinflusst haben. Dreimal erklingen „Contrapunctus“ I, V und IV aus Bachs „Kunst der Fuge“, die einen Block mit spanischer Gitarrenmusik und einen mit mexikanischen Liedern umrahmen. Auf der technischen Seite findet er gemeinsame Harmonien, gemeinsame Melodieteile, auf der philosophischen Seite findet er – erreicht durch Strich- und Zupftechniken – gemeinsame Gesten wie Trauer, Suche, Erinnerung, Hoffnung.
Alles sind Transkriptionen, aber alles trägt die Handschrift von Scodanibbio, die auf wundersame Weise die so ungeheuer verschiedenen Werke in eine ebenso traurigen wie visionären neuen Stil („Reinventions“ – Wiedererfindungen) bindet. Dass der derart anrührend, ja auch erschütternd in die Tiefe gehen kann, liegt auch am hochsensiblen Spiel des Prometeo Quartetts, das sich nach der Idee des Komponisten der adaptierten Musik mit atemberaubenden Klangfarben suchend und fragend nähert. Ein eigenwilliges und großartiges Vermächtnis.