Anno Schreier: Vier Turing-Tests für zwei Violen oder Violinen | Hans Thomalla: Air für Violine solo | Graham Waterhouse: Fantasia Ucraina für zwei Violinen | Eva Batt: Frieden finden – irgendwo? für Kontrabass solo
Anno Schreier: Vier Turing-Tests (2020) für zwei Violen
Schott, Mainz. VAB 104 (Spielpartitur). Auch als Ausgabe für zwei Violinen, VAB 230
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Musik auf erweiterter tonaler Grundlage, die den Prinzipen der „Minimal Music“ folgt und durch den Einsatz miteinander verzahnter oder einander überlagernder rhythmischer Patterns und deren Wiederholungen geprägt ist.
Form, Struktur
Vier Vorstudien zu einer mit der Gedankenwelt des Mathematikers Alan Turing befassten Oper; die Stücke gehen von unterschiedlichen rhythmisch-harmonischen Ideen aus und entwickeln diese innerhalb übersichtlicher Formverläufe weiter.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Ausschließlich traditionelle, gelegentlich systemübergreifende und beide Stimmen als Einheit darstellende Notation; keine ungewöhnlichen Spieltechniken, aber viele Doppelgriffe und Saitenwechsel; nur wenige Angaben zur technischen Ausführung und keinerlei zusätzliche Ausdrucksbezeichnungen.
Dauer: jeweils ca. 4 Minuten, Gesamtdauer ca. 15 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: mittelschwer.
Kommentar
Die Wiedergabe erfordert absolute rhythmische Präzision sowie genaueste Ausführung von Akzentsetzungen und Bogentechniken. Die Herausforderung bei der Realisierung liegt in der engen Verzahnung beider Stimmen, die einander horizontal oder vertikal ergänzen.
Hans Thomalla: Air (2018) für Violine solo
Edition Juliane Klein, Berlin, EJK 0805
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Sehr leises, auf tonalem Fundament ruhendes Stück, das fast immer in rascher Bewegung bleibt. Die über weite Strecken hinweg beibehaltene Achtel-Grundbewegung wird durch viele griff- und bogentechnische Kunstgriffe angereichert.
Form, Struktur
Aus einem musikalischen Grundgedanken heraus kontinuierliche Entwicklung, die über alternative musikalische Situationen wieder zum Anfangsgedanken zurückführt und in eine kurze, verlöschende Coda mündet.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Weitgehend traditionelle Notation mit vielen Flageoletts, zahlreichen verbalen Anweisungen und ständig wechselnder Dynamik, ergänzt um einzelne Symbole für besondere Spieltechniken; außerdem fast durchgehend mit einem zusätzlichen System versehen, das die fließend wechselnde Position des Bogens auf der Saite anzeigt.
Dauer: 12 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: sehr schwer.
Kommentar
Das Stück setzt vollkommene Sicherheit und Beweglichkeit der linken Hand sowie ein hohes Maß an Kontrolle der Bogenführung voraus. Alle technischen Elemente werden in den Dienst der Klanggestaltung gestellt und erfordern, dem Titel „Air“ und dem Hinweis auf einen „sehr leichten und klaren Ton“ entsprechend, eine gewisse Leichtigkeit im Vortrag.
Graham Waterhouse: Fantasia Ucraina (2022) für zwei Violinen
Schott, Mainz. VLB 234 (Partitur und Stimmen).
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Melodisch von ukrainischer Musik beeinflusstes Stück, komponiert in gelegentlich erweiterter Moll-Tonalität mit optimistischem Ausbruch in den Dur-Bereich als Höhepunkt.
Form, Struktur
Einleitung, einfaches Thema mit zwei freien Variationen und Nachspiel; das Fragment eines ukrainischen Volkslieds mit einer charakteristischen übermäßigen Sekunde sowie die ukrainische Nationalhymne werden zitiert.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Traditionelle Notation ohne besondere Spieltechniken, aber gelegentlich unter Einbeziehung von Doppelgriffen und häufigen Saitenwechseln.
Dauer: ca. 8 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: mittelschwer.
Kommentar
Einleitung und Nachspiel laden aufgrund von Ornamenten, Flageoletts und Tremoli zu klanglich differenzierter Gestaltung ein; Thema und Variationen fordern hingegen die melodische Gestaltungsfähigkeit und das gemeinsame Hinwirken auf einen vor allem harmonisch hervortretenden Höhepunkt ein.
Eva Batt: Frieden finden – irgendwo? (2020) für Kontrabass solo
Gilgenreiner Verlag, Winterthur 2021
Stilrichtung, allgemeiner Charakter
Abwechslungsreiches Stück in gemäßigt moderner, tonaler Musiksprache mit Jazz-Einflüssen und zarten Melodien sowie rhythmisch geprägten und perkussiven Passagen.
Form, Struktur
Von einem Gedicht der Autorin Christiane Schwarze inspirierte Reihungsform aus Abschnitten unterschiedlichen, oft kontrastierenden musikalischen Charakters, die am Ende wieder zu Ausdruck und Harmonik des Beginns zurückkehrt.
Notation, Dauer, Schwierigkeit
Weitgehend traditionelle Notation, gelegentlich durch ein weiteres System für perkussive Aktionen auf dem Korpus ergänzt; Einsatz unterschiedlicher, miest leicht zu realisierender erweiterter Spieltechniken.
Dauer: ca. 8 Minuten.
Schwierigkeitsgrad: mittelschwer.
Kommentar
Der besondere Reiz des Stückes liegt in den oft unvermittelt eintretenden Ausdruckswechseln, die durch suggestive Vortragsanweisungen unterstrichen werden. Sie fordern dazu auf, bei der Wiedergabe den Klangentfaltungen und Resonanzen des Instruments nachzuspüren.