Hauptrubrik
Banner Full-Size

Hohe Ehrung für Pina Bausch

Publikationsdatum
Body

Die Wuppertaler Choreographin Pina Bausch
wird am Samstag (10. November) in Japan mit dem Kyoto-Preis ausgezeichnet. Die Künstlerin erhält die mit 400 000 Euro dotierte Auszeichnung für ihre Arbeit mit dem von ihr gegründeten Tanztheater Wuppertal.

Wuppertal/Kyoto (ddp-nrw). Es ist eine der weltweit wichtigsten Ehrungen in Kunst und Wissenschaft, die in diesem Jahr nach Nordrhein-Westfalen geht: Die Wuppertaler Choreographin Pina Bausch bekommt am Samstag (10. November) in Japan den Kyoto-Preis für ihr Lebenswerk verliehen. Vor ihr erhielten die hohe Auszeichnung unter anderen schon der deutsche Philosoph Jürgen Habermas, der österreichische Musiker und Dirigent Nikolaus Harnoncourt und der US-Künstler Roy Lichtenstein.

«Tief berührt» sei sie gewesen, als sie von der Auszeichnung erfahren habe, bekannte die öffentlichkeitsscheue Künstlerin. Für die 67-jährige Chefin des weltberühmten Tanztheaters Wuppertal ist der mit 400 000 Euro dotierte Kyoto-Preis ein weiterer Höhepunkt ihrer beispiellosen Karriere, die vor mehr als 30 Jahren zunächst kaum beachtet begann und zu gefeierten Auftritten in aller Welt führte. Ob in Paris, London, Rom, Madrid, Budapest - überall gastiert das Tanztheater regelmäßig vor ausverkauften Häusern. Und immer noch bringt Pina Bausch in schöner Regelmäßigkeit jedes Jahr ein neues Stück heraus.

Die am 27. Juli 1940 als Tochter eines Gastwirts in Wuppertals Nachbarstadt Solingen geborene Pina Bausch entdeckte schon als Kind ihre Begeisterung für den Tanz. Mit 14 Jahren begann sie an der von Kurt Jooss, dem Neuerer im Ausdruckstanz, gegründeten Essener Folkwangschule ihre tänzerische Ausbildung. Ein Stipendium ermöglichte ihr im Anschluss den Besuch der Jouillard School of Music in New York. Daran schloss sich ein kurzes Engagement als Mitglied des New American Ballet an der Metropolitan Opera an, wo sie mit berühmten Choreographen in Kontakt kam.

Kurt Jooss holte sie nach Essen zurück. Als Mitglied des Folkwang Balletts schuf sie Ende der 60er Jahre auch erste eigene Choreographien. Wuppertals Schauspielintendant Arno Wüstenhöfer legte dann den Grundstein zu ihrer internationalen Karriere, indem er sie 1973 als Ballettdirektorin und Chefchoreographin an sein Theater holte und sie zur Chefin des neugegründeten Tanztheaters Wuppertal machte.

Dort durfte Bausch experimentieren und ihr choreographisches Konzept entwickeln, das mit den traditionellen Formen des Tanzes bricht und sie zur wegweisenden Figur des modernen Tanztheaters gemacht hat. Ihre Stücke sind oft Collagen, die traumartige Bilder, Elemente des Sprechtheaters und Improvisationen verbinden. Ihre Tänzer verkörpern oft nicht das klassische Ideal.

Unkonventionell gerieten auch die Titel vieler Stücke wie etwa «Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehört» oder «Er nimmt sie an der Hand und führt sie in das Schloss. Die anderen folgen». In der jüngsten Zeit haben die Tanzabende bei der Premiere zunächst keinen Namen und werden erst Monate später betitelt.

Am Anfang ihrer Wuppertaler Arbeit, die mit Stücken wie «Iphigenie auf Tauris», «Fritz» und «Adagio - Fünf Lieder von Gustav Mahler» begann, reagierten viele Theaterbesucher noch verstört und verließen häufig türenschlagend Oper- und Schauspielhaus. Doch Wüstenhöfer und Bausch hielten durch, und schließlich war das Eis gebrochen.

Der Erfolg von Pina Bausch ist kaum denkbar ohne ihre großartigen Tänzer, von denen einige, wie etwa Dominique Mercy, seit der ersten Stunde dabei sind. In einem ihrer seltenen Interviews bekannte Bausch einmal, dass sie bei der Arbeit an jedem neuen Stück trotz der vielen Erfolge immer noch von Selbstzweifeln geplagt sei. Das Schwierige an ihrer Arbeit sei, dass nicht nur «die Tänzer mir vertrauen müssen, sondern ich muss mir auch selbst vertrauen».

Der Kyoto-Preis wurde 1984 von Kazuo Inamori, dem Gründer des japanischen Technologie-Konzerns Kyocera, ins Leben gerufen. Er würdigt das Lebenswerk von Einzelpersonen oder Gruppen.

Frank Bretschneider