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Rendezvous mit einem Klavier - Alexandre Tharaud und die Leidenschaft

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Frankfurt/Main - Mit seinem aktuellen Album «Jeunehomme» hat sich der französische Weltklasse-Pianist Alexandre Tharaud der Frühklassik zugewandt. An diesem Freitag stellt er das Programm auf seiner Tournee erstmals in Deutschland vor. Über Leidenschaft, Rendezvous und den Konzertbetrieb sprach der zweifache «Echo Klassik»-Preisträger im Vorfeld seines Auftritts in der Alten Oper Frankfurt im Interview der Nachrichtenagentur dpa.

 
Interview: Christian Rupp
 
Frage: Herr Tharaud, vor vielen Jahren sollen Sie Ihren Flügel zu Hause verkauft haben. Haben Sie wirklich kein Instrument mehr in Ihrer Wohnung stehen?
 
Antwort: Ich habe mich vor 16 Jahren von meinem Instrument getrennt, weil ich gemerkt habe, dass ich schlechter arbeite, wenn ich so an meinem Instrument «klebe». Die Distanz zum Klavier hält die Leidenschaft am Leben. Wenn man außerhalb seines Zuhause übt, arbeitet man konzentrierter, man steht der Partitur direkt im Streitgespräch gegenüber, was im alltäglichen Leben einfach nicht möglich ist.
 
Frage: Wie intensiv bereiten Sie sich denn auf ein Konzert vor?
 
Antwort: Die Vorbereitungen für ein Konzert finden einen Monat, ein Jahr, viele Jahre vor dem Konzert statt. Jedes Konzert ist das Ergebnis von all den gesammelten Erfahrungen, von den wichtigen bis hin zu den vielleicht weniger wichtigen. Natürlich sitzt man auch über Stunden hinweg an der Klavier-Tastatur, aber ich finde, dass die Vorbereitung auf ein Konzert auch abseits davon stattfindet. Es ist schwierig, über die Vorbereitung zu sprechen. Aber ich kann für mich sagen, dass ich mich auf jedes Konzert so vorbereite wie auf ein Rendezvous.
 
Frage: Für Ihr aktuelles Album «Jeunehomme» haben Sie sich mit Joseph Haydn und dem Klavierkonzert Nr. 9 («Jeunehomme») von Wolfgang Amadeus Mozart der Frühklassik zugewandt. Bisher bevorzugten Sie doch eher die späten Werke der Epoche - wie kommt es zu dem Wandel?
 
Antwort: Ich habe mich auf mehreren CDs mit der romantischen Musik sowie mit der Musik des 20. Jahrhunderts beschäftigt, aber auch fünf CDs mit Barock aufgenommen (zweimal Bach, Rameau, Couperin und Scarlatti). Mozart wollte ich schon seit Jahren aufnehmen - vor allem seine Konzerte. Da braucht man ein gutes Orchester, einen guten Dirigenten und das Konzept geht auf. Es hat lange gebraucht... aber ich habe es geschafft! Es ist einfach eine konsistente Weiterentwicklung von meinen letzten Alben.
 
Frage: Sind die «großen» Klavierkonzerte - wie etwa die beiden Moll-Konzerte von Mozart - künstlerisch denn abgegrast?
 
Antwort: Es gibt nicht viele neue Aufnahmen von «Jeunehomme». Ich erinnere mich an die Worte Mauricio Kagels: «Musik ist eine Kunst, die jeden Tag neu erfunden werden muss.» Die Klaviere verändern sich, die Mikrofone verändern sich, unser Zugang zur Musik und zum Klang ändert sich. Ich denke, dass jede Aufnahme etwas Neues mit sich bringt. Eine Aufnahme von einem Werk wie diesem, das ist quasi ein Zeitzeuge eines Mozarts von heute.
 
Frage: Ihre Tourneen und CDs stehen meist unter einem Motto, einem Titel. Braucht das klassische Konzert von heute eine inhaltliche Klammer, um zu funktionieren?
 
Antwort: Ich nannte mein letztes Album «Autograph», weil es eben ein Album von 21 Zugaben ist. Die mussten unter einem stimmigen Titel zusammengebracht werden. Für die neue Aufnahme mit Mozart und für die zeitgleiche Tour habe ich eigentlich gar keinen bestimmten Titel gewählt. Wir haben einfach zur Klarheit «Jeunehomme» auf dem Cover verwendet.
 
ZUR PERSON: Der Franzose Alexandre Tharaud (45) gilt als einer der führenden Pianisten weltweit. 2011 wurde er einem breiten Publikum bekannt, als seine Einspielung von Sonaten des Komponisten Domenico Scarlatti mit einem «Echo Klassik» ausgezeichnet wurde. 2013 erhielt er den Preis erneut - dieses Mal für sein Album «Swinging Paris».
 
 
 
Service - Alexandre Tharaud gibt auf seiner aktuellen Tournee das erste Konzert in Deutschland in der Alten Oper Frankfurt. Dort spielt er am 17. Oktober, 20.00 Uhr, unter anderem das Klavierkonzert Nr. 9 («Jeunehomme») von Wolfgang Amadeus Mozart.
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