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Lutz-Werner Hesse. Foto: Karl-Heinz Krauskopf

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Emotionales Nacherleben

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Der Wuppertaler Komponist und Hochschullehrer Lutz-Werner Hesse feierte seinen 70. Geburtstag
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Lutz-Werner Hesse studierte in Köln zunächst Schulmusik und Lateinische Philologie, später Musikwissenschaft und Alte Geschichte. Seine Dissertation schrieb er über den englischen Komponisten Ralph Vaughan Williams. Komposition studierte er an der Kölner Musikhochschule bei Jürg Baur und schloss dieses Studium mit der Künstlerischen Reifeprüfung ab. Nach dem zweiten Staatsexamen trat er eine Stelle als Dozent für Musikwissenschaft und Tonsatz am heutigen Standort Wuppertal der HfMT Köln an. 2003 zum Professor ernannt, leitete er den Standort von 2008 bis zum Eintritt in den Ruhestand 2021 als Geschäftsführender Direktor. 1998 wurde auf seine Initiative hin die „Bergische Gesellschaft für Neue Musik“ gegründet, deren Vorsitzender er bis zur Auflösung der Gesellschaft im Jahr 2012 war. In dieser Zeit fand alle zwei Jahre die „Bergische Biennale für Neue Musik“ statt.

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Während seiner gesamten Dienstzeit war Hesse als Komponist erfolgreich tätig und erhielt 2024 den „Von der Heydt-Kulturpreis“ der Stadt Wuppertal. In der Begründung zur Auszeichnung heißt es: „Die Verleihung des Von der Heydt-Kulturpreises der Stadt Wuppertal an Lutz-Werner Hesse ehrt eine herausragende Persönlichkeit des Kulturlebens unserer Stadt für sein kompositorisches Schaffen ebenso wie für seine vielseitigen Leistungen in der Hochschul- und Kulturpolitik und seine Schaffenskraft im Feld des Kulturmanagements sowie der musikalischen Vermittlungs- und Nachwuchsarbeit.“

Erwachsend aus seiner profunden Kenntnis der musikalischen Tradition hat Hesse seinen ganz eigenen Komponierstil entwickelt, der fernab von avantgardistischen Moden Werke von großer Ernsthaftigkeit und Tiefe, aber immer wieder auch mit Humor und Leichtigkeit, hervorgebracht hat. Seine Musik ist „spielbar“. Sie erschließt sich über das Hören und ermöglicht – wie er selbst es wünscht – „emotionales Nacherleben“. Dies hat die Verfasserin dieses Beitrags als Cellistin bei ihr gewidmeten Kompositionen spielender- und hörenderweise immer wieder erlebt. So hat sie auch Hesses Opus 1, den Zyklus nach chinesischen Gedichten „Der Fächer im Herbst“ für Sopran, Violoncello und Klavier einige Male unterrichtet.

Das Stück schrieb Hesse 1980 noch während des Studiums als Auftrag seines damaligen Klavierlehrers Eckhart Sellheim und wurde gleichzeitig sein erstes beim WDR produziertes Werk. Es ist ein lyrisches und sehr poetisches Stück, das, ohne jemals aufdringlich zu sein, exotische und fernöstliche Klangwelten aufscheinen lässt. Klangschön und sensibel ist es auf die beiden Instrumente und die Stimme zugeschnitten. Hier zeigt sich schon sehr früh Hesses große Liebe zur Stimme und zum Gesang. Diese zieht sich durch seine Werke wie ein roter Faden.

Auch das Horn, Hesses Hauptfachinstrument im Studium, spielt eine zentrale Rolle in seinem Schaffen. In seinen Orchesterwerken kommt dem Instrument immer wieder eine besondere Rolle zu. Hesse hat es darüber hinaus solistisch in einem Konzert und einem Hornquintett verwendet. Neben Werken in den traditionellen Gattungen wie Symphonie, Streichquartett und Solokonzert (im November 2024 wurde „Pas de deux“, Konzert für Flöte, Harfe und Orchester mit großem Erfolg uraufgeführt) entsteht auch immer wieder Ungewöhnliches, wie z. B. das „Symphonische Gedicht“. Hier verbindet sich Kantate und Symphonie. Das zweite Symphonische Gedicht auf Texte von Else Lasker-Schüler „Ich habe Dich gewählt“ gehört sicher zu Hesses Hauptwerken. Das große Werk zeigt die ganze Bandbreite seiner kompositorischer Arbeit. Mit Orchester und Chor entstehen große, orchestrale Wirkungen, kammermusikalisch sensible Farben verbinden sich mit der ausdrucksstarken solistischen Singstimme. Darüber hinaus gelingt es Hesse, das gesprochene Wort als besonderen Ausdrucksträger in den musikalischen Kontext zu integrieren.

Viele Kompositionen waren Aufträge, die sich dem Kontakt zu Musikerkolleginnen und -kollegen verdanken. So entstanden Kammermusikwerke für ungewöhnliche Instrumente und Instrumentengruppen, etwa für Mandoline, Altsaxophon, Gongs und anderes. Vor kurzem schrieb Hesse für das ATOS-Trio die Komposition „Nordlichter“, diesmal für die traditionelle Gattung Klaviertrio. Für die Zukunft gibt es viele Pläne, auch zu einer Oper. Der „Von der Heydt-Kulturpreis“, 2024 für das „Lebenswerk“ verliehen, markiert da sicher kein Ende, sondern eher eine Station.

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